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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Dort kommt der Kämmerer des Herrn! Er wird sich Eurer annehmen.«
    Der Knecht war froh, dass er die Verantwortung abschieben konnte, während der Kämmerer den unerwarteten Besucher äußerst höflich in Empfang nahm. Dieser hatte die Befehle seines Herrn noch im Ohr, der durchaus interessiert war, den Kaufmann als Gast zu begrüßen.
    Georg von Kadelburg hatte den Besucher in die Burg einreiten sehen und erwartete ihn bereits, denn er hoffte, es handle sich um jenen Boten aus Tremmlingen, mit dem er bereits seit Tagen rechnete. In seinen Augen wurde es Zeit, dass die Pfeffersäcke, die sich um Veit Gürtler geschart hatten, etwas von sich hören ließen, denn Herzog Stephan wollte allmählich Ergebnisse sehen. Aus diesem Grund kam Kadelburg seinem Gast bis auf die Freitreppe entgegen, ein Privileg, das sonst nur höherrangige Herren und Damen genossen. Kadelburg sah einen noch recht jungen, untersetzten Mann vor sich, der ihm mitseinem schmalen Gesicht, den leicht vorstehenden Backenknochen und den wasserhellen Augen wie eine jüngere Ausgabe eines Ratsherrn vorkam, dessen Name ihm nicht einfallen wollte. Selbst der Ausdruck auf dem Gesicht des Kaufmanns glich jenem anderen.
    Otfried betrachtete den Freiherrn nicht weniger neugierig. Kadelburg war einen halben Kopf größer als er, breit gebaut und wies einen schon recht stattlichen Bauchansatz auf. Sein dunkelblondes Haar fiel ihm in wohlgeordneten Locken bis auf die Schultern und sein Gesicht zeichnete sich eigentlich nur durch eine alte Schwertnarbe auf der linken Wange aus, sonst hätte es auch das eines Bauern sein können. Obwohl der Freiherr sich auf seinem eigenen Besitz aufhielt, hatte er sich so prächtig gekleidet, als sei er bei Hofe. Seine grünen Strümpfe waren aus feinster Wolle gewirkt und über seiner gesteppten Jacke aus besticktem, rotem Samt lag noch ein blauer Umhang, der nur die Schulterblätter bedeckte. Ein kleiner, auf den Haaren festgesteckter roter Hut und spitz zulaufende Schuhe vervollständigten seine Gewandung.
    Ein Edelmann, aber auch ein Gimpel, dachte Otfried, und seine Zuversicht stieg. Er erinnerte sich gerade noch rechtzeitig, dass es an ihm war, den anderen mit einer Verbeugung zu ehren, und sah ihm dann lächelnd in die Augen. »Gottes Gruß, edler Herr. Verzeiht, dass ich erst heute zu Euch komme, doch gab es in Tremmlingen etliche Dinge, die geordnet werden mussten.« Der Köder war ausgelegt und an Kadelburgs Miene merkte Otfried, wie dieser zuschnappte.
    »Du stammst also aus Tremmlingen. Bist du einer der äh …, Freunde des Kaufherrn Veit Gürtler?«
    »Ich bin sein Schwager, wenn es genehm ist, und das praktisch doppelt, denn er hat meine Schwester gefreit, während ich seineNichte zum Weib genommen habe.« Otfried sah mit Vergnügen, wie der andere aufatmete.
    Kadelburg zeigte jetzt auf die Tür, die sein Kammerherr von einem ausdruckslos dreinschauenden Diener aufhalten ließ. »Komm doch herein! Bei einem Becher Wein lässt es sich besser reden.«
    »Ich bin so frei.« Otfried folgte dem Freiherrn, ohne dem verblüfften Höfling einen Blick zu schenken, und fand sich kurz darauf mit Wein und Gebäck versorgt in einer kleinen, wohnlich eingerichteten Turmkammer wieder.
    Kadelburg hatte ihm gegenüber Platz genommen und schoss seine Fragen ab, als wären es Pfeile. »Wie steht die Sache in Tremmlingen? Der Tod deines Schwagers ist ja eine äußerst unangenehme Sache. Wir hatten gemeinsame Pläne …«
    »Die sich auch jetzt noch verwirklichen lassen«, ergänzte Otfried lächelnd.
    »Ich bete zu Gott, dass es so ist, denn ich habe meine Ehre dareingesetzt.« Kadelburg trank einen Schluck Wein und sah Otfried durchdringend an. »Wer wird nun den Platz deines Schwagers einnehmen?«
    »Ich, wenn es Euch genehm ist. Mein Schwager hat mich in seine Pläne eingeweiht und mich zu seinem Stellvertreter ernannt.« Letzteres war zwar eine Lüge, aber für Otfried war es wichtig, sich dem Freiherrn interessant zu machen.
    Zu seiner Erleichterung nickte Kadelburg, als wolle er im Nachhinein noch zustimmen. »Gut! Ich liebe klare Verhältnisse. Hätte es in Tremmlingen Streit gegeben, wer Gürtler nachfolgen soll, wäre Verrat zu befürchten gewesen. Doch diese Gefahr scheint gebannt zu sein.«
    Obwohl die Lage in Tremmlingen alles andere als geklärt war, bestätigte Otfried Kadelburgs Annahme mit einer siegesgewissen Miene. Wenn er den Mitverschwörern sagen konnte, dassder Emissär des Bayernherzogs auf seiner Seite stand,

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