Die Pilgerin
fielen und sie so vor ihm stand, wie Gott der Herr sie geschaffen hatte. Sie hätte das Ebenbild Evas sein können, zumindest erschien sie ihm ebenso verführerisch und gierig nach Dingen, die ihr nicht gehörten. Er kannte nicht einmal ihren Namen, und doch würde er in wenigen Augenblicken Dinge mit ihr betreiben, die den Lehren der heiligen Kirche zufolge nur Ehemänner mit ihren angetrauten Weibern tun sollten.
Der Gedanke, dass er sich versündigen würde, war ihm in der Gaststube noch nicht gekommen. Doch jetzt, wo sie sich ihm weniger freiwillig als von der Angst getrieben hingeben wollte, überlegte Sebastian, ob er sie nicht besser wegschicken sollte. Noch während er dastand und nicht wusste, was er tun sollte, legte die Frau sich hin, spreizte die Beine und gab ihm den Blick auf die Stelle frei, welche die Phantasie eines jeden Mannes zu entflammen vermochte.
Jetzt ist es zu spät, sich Sorgen um mein Seelenheil zu machen, dachte Sebastian. Er vermochte gerade noch Geld und Dolch außer Reichweite der Frau abzulegen, dann zog er Hemd und Bruche aus und präsentierte ihr sein Glied. Er war stolz auf seinen kleinen Sebastian, denn als Jungen hatten er und einige Freunde einige Male ihre Männlichkeit verglichen und dabei war er am besten weggekommen.
Die Frau verzog jedoch keine Miene, sondern legte sich ein wenig bequemer hin. »Jetzt mach schon, oder bist du einer, der nur gaffen will?«
Das hätte sie nicht sagen sollen, denn Sebastian warf sich auf sie und ging ungestüm zu Werke. Das stolze Gefühl, sich erfolgreich gegen den Überfall zur Wehr gesetzt zu haben, verlieh ihm mehr Kraft und Ausdauer, als er bei seinen wenigen Bordellbesuchen besessen hatte.
Die Magd stöhnte und wimmerte, doch mit einem Mal mischte sich ein fast jubilierender Ton in die Laute, die sie von sich gab, und ihre Augen blickten glänzend zu ihm auf. »Was seid Ihr für ein Mann! Dagegen ist Urs ein Nichts.«
»Ihr habt das wohl schon öfter betrieben – ich meine, junge Gimpel auszunehmen?«, fragte Sebastian, der sich eine kleine Pause gönnte.
»Nein, gewiss nicht! Das schwöre ich bei meiner Seele.«
Sebastian sah ihr an, dass sie log, doch in diesem Augenblick war es ihm egal. Er rüstete sich erneut zum Angriff, und während er gemeinsam mit der Magd zur Erfüllung kam, fühlte er sich zum ersten Mal in seinem Leben als richtiger Mann.
Ein Krug gibt nicht mehr Wein her, als in ihm ist, und auch die Potenz eines jungen, kraftstrotzenden Burschen ist nicht unendlich. Nach dem zweiten Akt fühlte Sebastian sich so müde und ausgelaugt wie selten zuvor, doch sein Sinn für Gefahren blieb geschärft. Er stand auf, packte die Magd und schleifte sie zur Tür. Mit der linken Hand öffnete er diese, schob seine kurzfristige Bettgefährtin auf den Flur und warf ihre Kleidung hinterher.
Die Frau fauchte enttäuscht, denn sie hatte gehofft, Sebastian würde neben ihr einschlafen, so dass sie doch noch mit seinem Geld verschwinden konnte.
Sebastian grinste zufrieden. »Sage deinem Freund, er soll mir morgen früh nicht unter die Augen kommen. Es würde mir sonst in den Fingern jucken, ihn doch noch den Bütteln zu übergeben.«
»Du hast versprochen, mich zu verschonen!«, wimmerte die Frau.
»Wahrscheinlich tue ich es auch, aber nur, wenn ihr beide ganz brav seid.« Mit diesen Worten schloss er die Tür und verkeilte den Riegel wieder so, dass ihn niemand von außen öffnen konnte. Während er ins Bett zurückkehrte, dem noch der Geruch der Frau entströmte, war er sehr mit sich zufrieden.
Mit einem Mal kam ihm Tilla in den Sinn, und er stellte sich vor, sie wäre in dieser Situation gewesen. Sie hätte man ganz bestimmt ausgeraubt. Nun begriff er, welche Sorgen sich sein Vater machte, denn unterwegs mochten noch ganz andere Gefahren auf eine junge Frau lauern, Fährnisse, vor denen sie nur ein Mann beschützen konnte. Zwar war Tilla nicht auf den Kopf gefallen, aber es fehlte ihr doch an Kraft und Ausdauer. Nun, an Ausdauer wohl nicht, dachte er, denn er erinnerte sich an einige Streiche, die sie in ihrer Jugend gemeinsam ausgeheckt hatten. Vielleicht würde es ihr sogar gelingen, den beiden Tölpeln, die ihr Bruder hinter ihr hergeschickt hatte, eine lange Nase zu drehen. Sie konnte verdammt hartnäckig sein, das wusste er aus Erfahrung, und würde gewiss nicht eher aufgeben, bis sie dieses Santiago erreicht hatte.
»Allein schafft sie es niemals!«, sagte er zu sich selbst. »Diebische Wirtsknechte werden sie
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