Die Pilgerin
Sinn. UnserZiel liegt weit jenseits eurer Grenzen und wir wollen nur in Frieden eure Fluren passieren.«
Der Schweizer blies verächtlich die Backen auf. »In Frieden, ha! Ihr Österreicher wartet doch nur darauf, uns Morgarten heimzahlen zu können. Vielleicht bist du gar ein Spion, den euer Herzog geschickt hat.«
»Wäre ich ein Spion, würde ich gewiss nicht offen und mit meinem eigenen Wappen auf der Brust hier erscheinen.« Starrheim nahm seinen Helm ab, damit der andere sein Gesicht sehen konnte, und lächelte ihn freundlich an.
»Wir sollten den Kerl trotzdem bläuen«, warf ein anderer Schweizer ein.
»Warum? Es würde euch ebenso schaden wie uns, denn kampflos werden wir uns gewiss nicht geschlagen geben. Wollt ihr wirklich nur um eines dummen Scherzes willen Wunden erleiden oder gar den Tod finden?«
Starrheims Worte blieben nicht ohne Wirkung. Die Schweizer Reisläufer, die einen neuen Dienst suchten, und die zu ihnen gehörenden Weiber, die statt Spindeln und Rocken kurze Spieße oder Beile in den Händen hielten, sahen einander fragend an und schienen nicht recht zu wissen, was sie tun sollten. Ihr Hauptmann spürte, wie der Kampfgeist seiner Kameraden schwand, und wollte sie wieder mitreißen. Daher warf er sich in die Brust und starrte die Ritter herausfordernd an. »Hoch zu Ross kommt ihr hier nicht vorbei. Entweder ihr steigt ab und geht unter unseren gekreuzten Hellebarden hindurch, oder wir holen euch alle aus dem Sattel und ziehen euch das Eisenzeug aus.«
»Aber bis auf die Haut«, rief eine schon ältere, vierschrötige Frau von hinten.
»Hast du an uns nicht genug, Vreni, weil du dieses Bürschchenhier nackt sehen willst?«, spottete einer ihrer Begleiter. Die Stimmung der Schweizer, die für Augenblicke friedlich geworden schien, begann wieder umzuschlagen und die Augen unter ihren eisernen Stirnkappen und Eisenhüten glitzerten voller Vorfreude auf einen kurzen und wohl auch erfolgreichen Kampf.
Starrheim starrte die Fußknechte an, als wolle er sie mit der Macht seines Geistes an einen anderen Ort versetzen, denn die Gesten der Schweizer waren beredt genug. Entweder er stieg aus dem Sattel und beugte den Nacken, um unter ihren Spießen hindurchzugehen, oder es kam zum Kampf.
»Du kannst sagen, was du willst, Rudolf, aber ich werde nicht absteigen und mich vor diesem Gesindel demütigen.« Starrheims Begleiter ließ seine Hand auf den Schwertknauf fallen und funkelte den Schweizer Hauptmann herausfordernd an.
Dieser bedachte ihn mit einem zornigen Blick. »Gesindel sind wir also für den hohen Herrn! Da macht es uns ja gleich doppelt Freude, ihn auf das ihm zustehende Maß zurechtzustutzen.«
Vater Thomas, der befürchtete, mit seinen Begleitern zwischen die beiden Gruppen zu geraten, versuchte erneut Frieden zu stiften. »Um Gottes willen, haltet ein! Soll denn unschuldiges Blut vergossen werden um einiger leicht dahingesagter Worte willen?«
»Pah, mit denen werden wir schon fertig«, warf Starrheims ritterlicher Freund ein. Bevor er jedoch sein Schwert ziehen konnte, ergriff der Graf seinen Arm.
»Auf jeden von uns kommen sieben von denen, die Weiber nicht einmal eingerechnet. Die holen uns mit ihren Hakenspießen schneller aus den Sätteln, als wir antraben können.«
»Der junge Herr hat es begriffen!«, spottete der Schweizer Hauptmann selbstbewusst.
»Ich beuge mich nicht vor Bauern und Knechten. Lieber sterbe ich, als meine Ehre zu verlieren«, fuhr Starrheims Begleiter auf. »Es war töricht von mir, durch das aufständische Land zu reiten. Wir hätten einen anderen Weg einschlagen müssen.« In Starrheims Gesicht arbeitete es. Er hatte nur die Wahl zwischen dem Tod durch ein paar ruppige Kerle aus den Schweizer Waldstätten und dem Verlust seiner Ehre. Gab er nach, würde er vor seinen Standesgenossen alles Ansehen verlieren. Ein, zwei Herzschläge lang wanderte sein rechter Arm auf den Knauf seines Schwertes zu, als wolle er doch versuchen, sich einen Weg durch den Haufen der sich immer enger um ihn schließenden Reisläufer zu bahnen. Dann aber siegte sein Verstand über seinen Stolz. »Seid ihr damit zufrieden, wenn ich absteige und meinen weiteren Weg zu Fuß zurücklege, während mein Gefährte im Sattel bleiben darf? Er ist Burgunder und hat mit eurem Streit mit uns Habsburgern nichts zu schaffen.«
Der Schweizer überlegte einige Augenblicke und nickte dann. »Also gut, Bübchen! Steig du fein ab, dann darf dein Freund sitzen bleiben.«
»Wenn du das tust,
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