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Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Titel: Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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gegangen ist. Es wäre schon besser gewesen, du hättest irgendetwas hinterlassen.«
    »Ja, tut mir leid. Du hast recht«, entschuldigte sich Tsukuru. »Was hast du denn heute gemacht?«
    »Wäsche gewaschen und eingekauft. Gekocht und Küche und Bad geputzt. Manchmal brauche ich einen freien Tag für ordinäre Dinge wie diese«, sagte sie und schwieg kurz. »Und wie war es in Finnland? Hast du etwas erreicht?«
    »Ich habe mich mit Kuro getroffen«, sagte Tsukuru. »Und wir beide konnten uns in Ruhe aussprechen. Olga hat mir übrigens sehr geholfen.«
    »Das freut mich. Sie ist ein nettes Mädchen, oder?«
    »Ja, ausgesprochen nett.« Tsukuru erzählte, wie er von Helsinki mit dem Auto an das ungefähr eine Stunde entfernte schöne Ufer des Sees zu Eri (Kuro) gefahren war. Dass sie dort mit ihrem Mann, ihren beiden kleinen Töchtern und dem Hund die Ferien verbrachte. Und dass sie in einer kleinen Werkstatt in der Nähe zusammen mit ihrem Mann Gebrauchskeramik herstellte.
    »Sie scheint glücklich zu sein. Offenbar hat sie sich sehr gut in Finnland eingelebt«, sagte Tsukuru. Abgesehen von den langen, dunklen Winternächten – aber das sagte er nicht.
    »Hat es sich gelohnt, so weit zu fliegen, um sie zu sehen?«, fragte Sara.
    »Ja, auf jeden Fall. Es gibt Dinge, die kann man nur sagen, wenn man sich gegenübersitzt. Ich konnte einiges klären. Nicht, dass jetzt alles einen Sinn ergibt, aber es hat mir geholfen.«
    »Das freut mich zu hören.«
    Es folgte eine kurze Stille. Ein beredtes, leicht skeptisches Schweigen, als würden sie die Windrichtung prüfen. Sara sprach als Erste.
    »Ich habe den Eindruck, deine Stimme klingt etwas anders als sonst, aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht weil ich so müde bin? Ich habe ja noch nie eine so weite Reise in einem Flugzeug gemacht.«
    »Du hattest also keine Probleme?«
    »Nein, überhaupt keine. Es gibt so vieles, was ich mit dir bereden möchte, aber ich glaube, das würde zu lange dauern. Lieber wäre mir, wir würden uns bald treffen, damit ich dir in Ruhe alles der Reihe nach erzählen kann.«
    »Ja, lass uns das machen. Jedenfalls bin ich froh, dass du die weite Reise nach Finnland nicht umsonst gemacht hast.«
    »Das habe ich dir zu verdanken.«
    »Gern geschehen.«
    Wieder entstand ein kurzes Schweigen. Tsukuru lauschte aufmerksam. Das Skeptische war noch nicht daraus verschwunden.
    »Es gibt da etwas, was ich dich gern fragen würde«, begann Tsukuru entschlossen. »Vielleicht sollte ich es gar nicht erwähnen. Aber ich glaube, es ist besser, über alles offen zu sprechen.«
    »Natürlich ist das besser«, sagte Sara. »Frag mich, was du willst.«
    »Ich weiß nicht recht, wie ich es sagen soll, aber ich habe das Gefühl, dass du dich außer mit mir noch mit einem anderen Mann triffst. Das bedrückt mich schon seit einiger Zeit.«
    Sara schwieg einen Augenblick lang. »Du hast das Gefühl?«, fragte sie dann. »Willst du damit sagen, du spürst das irgendwie?«
    »Ja, es ist eine Art Empfindung«, sagte Tsukuru. »Aber wie gesagt, ich bin von Natur aus nicht besonders intuitiv veranlagt. Ich mache konkrete Dinge. Wie mein Name schon sagt. Ich bin ziemlich einfach gestrickt. Es fällt mir schwer, die komplizierteren Regungen des menschlichen Herzens zu verstehen. Das betrifft sogar meine eigenen Regungen. Bei heiklen Fragen habe ich mich schon oft getäuscht. Daher gebe ich mir Mühe, nicht allzu kompliziert zu denken. Aber diese Sache beschäftigt mich schon länger. Und ich finde es besser, dich direkt danach zu fragen, als mir allen möglichen Unsinn zusammenzureimen.«
    »Aha«, sagte Sara.
    »Also liebst du noch einen anderen?«
    Sie schwieg.
    »Ich möchte nur Klarheit, und selbst wenn es so sein sollte, werde ich dir nichts vorwerfen. Es geht mich nichts an. Du bist mir keinerlei Rechenschaft schuldig, und ich habe kein Recht, Ansprüche an dich zu stellen. Ich möchte einfach nur wissen, ob ich mich irre.«
    Sara seufzte. »Rechenschaft und Ansprüche – es wäre mir lieber, du würdest solche Worte nicht benutzen. Das klingt, als würden wir über eine Verfassungsänderung debattieren.«
    »Einverstanden«, sagte Tsukuru. »Ich habe mich nicht gut ausgedrückt. Aber ich sagte es ja schon, ich bin ein einfacher Mensch. Wahrscheinlich kann ich mit Gefühlen nicht gut umgehen.«
    Sara schwieg wieder einen Moment. Er stellte sich vor, wie sie ihre Lippen an den Hörer legte.
    »Du bist kein einfacher Mensch«,

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