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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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billigte sich als Antonias Großonkel zu, voreingenommen zu sein. Nach allem, was ihm zu Ohren gekommen war, sorgte Antonias Verhältnis zu ihrem Verwalter für einiges Gerede. Da sie sich nicht im Geringsten bemühte, die Gerüchte zu entkräften, hatte sie anscheinend überzeugende Beweise erhalten, dass Spencer es ernst mit ihr meinte. Also wie kam er dazu, sie verlassen zu wollen?
    »Ich bin beileibe kein Konformist«, sagte er. »Als Junggeselle habe ich größtes Verständnis, wenn ein Mann sich für ein Leben fernab familiärer Bindungen entscheidet. Doch nachdem Sie offensichtlich mit Mrs. Lorimer zusammenleben, hätte ich von Ihnen mehr Verantwortungsgefühl erwartet!«
    »Sir, Mrs. Lorimer hat gewusst, dass ich immer noch Soldat der Britischen Armee bin.«
    »Ach so! Und nun glauben Sie, der Zeitpunkt sei gekommen, Ihrem Land und dem König Ihre Treue zu beweisen? Mr. Spencer, es mag sein, dass Sie zunächst gezwungen waren, in Amerika zu bleiben. Doch mittlerweile sind Monate vergangen. Sie hätten längst die Möglichkeit gehabt zu gehen und blieben trotzdem hier, nur weil Sie einem Techtelmechtel nicht widerstehen konnten! Manch einer würde es Ihnen nachsehen, doch in meinen Augen ist Ihr Verhalten keinesfalls ehrenhaft.«
    William hatte nicht erwartet, in dieser Weise zurechtgewiesen, ja als gewissenlos hingestellt zu werden. Glaubte Longuinius etwa, es fiele ihm leicht, Antonia, der er sein Leben verdankte, zu verlassen? Doch täglich fühlte er die Schmach des Fahnenflüchtigen im fremden Land. Alles, was ihm heilig war, zwang ihn, nach England zurückzugehen.
    »Sie haben recht«, sagte er. »All die Monate habe ich vorgegeben, ein anderer zu sein, habe ein Leben gelebt, das nicht meines ist. Ich habe es Antonia zuliebe getan, was keine Entschuldigung sein soll. Aber immer war mir bewusst, dass ich Schande übermich bringe, solange ich nicht den mir zugewiesenen Platz einnehme. Darum möchte ich nach England und zu meiner Truppe zurückkehren. Ich schulde meinem Land Loyalität.«
    »Ihrem Land? Und was, glauben Sie, schulden Sie Antonia?«
    »Nur eins: Ich muss aus ihrem Leben verschwinden, bevor die Wahrheit uns einholt! Antonia darf nicht mit mir in Verbindung gebracht werden. Mein Name hat in dieser Gegend einen verderblichen Klang.«
    »Das ist leider wahr.«
    Longuinius wirkte plötzlich verhalten. William wusste auch, warum: Er hatte ein Thema berührt, das sie bisher sorgsam vermieden hatten. Nun fand er, war es an der Zeit, dass dieses Thema zur Sprache kam. »Sir, bei meinem ersten Besuch erwähnten Sie Gouverneur Rutledge.«
    »Oh ja, Sie hatten auch seine Freilassung aus dem Kerker erwirkt.«
    »Bald zeigte sich, dass es ein Fehler war. Rutledge nutzte Cornwallis’ Entgegenkommen aus, um zu fliehen. Er schloss sich General Buford an mit dem Ziel, die Virginia Regulars mit den Truppen der Kontinentalarmee, die von Norden gegen Charlotte marschierten, zu vereinigen. Um das zu verhindern, verfolgten wir Bufords Heerzug und stellten ihn an der Grenze zu North Carolina. Obwohl wir in der Überzahl waren, bot ich Buford faire Kapitulationsbedingungen an. Auf Rutledges Rat hin lehnte er ab. Doch Rutledge hatte sich verkalkuliert, die erwarteten Truppen blieben aus. In einer Gegend, die Waxhaws heißt, kam es dann zur Schlacht.«
    »Die Waxhaws!« Longuinius seufzte schwer. »Eine beispiellose Schlächterei!«
    William zuckte die Schultern. »Was glauben Sie, hätte General Buford mit uns gemacht, wenn ihm die Continentals rechtzeitig zu Hilfe gekommen wären?«
    »Mr. Spencer, Bufords Truppen wurden nicht einfach geschlagen,sie wurden vernichtet! Sie selbst sollen den Befehl gegeben haben, jeden niederzumachen, der sich ergab.«
    »Die Schwarze Flagge?« William schüttelte den Kopf. »Nein, Sir, so ist es nicht gewesen.« Er fasste Longuinius schärfer ins Auge. »Waren Sie jemals in einer Schlacht? Nein? Stellen Sie sich die Linien der Infanterie vor, angetreten in schöner Formation, Mann neben Mann, die Reihen exakt hintereinander ausgerichtet. Man lässt sie bis auf Schussdistanz vorrücken. Auf Kommando feuert die vorderste Linie, darauf knien die Männer zum Nachladen, und die zweite Reihe legt an und schießt. Wer durch gegnerische Salven fällt, wird durch nachrückende Kameraden ersetzt, so bleiben die Linien in geschlossener Ordnung – bis zu dem Moment, da eine Seite das Signal zum Sturm gibt. Dann bricht das Chaos los! Alle Liniensoldaten stürzen schreiend auf den Gegner zu.

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