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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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begegnet war, im Herbst 1777 in Philadelphia. Die verängstigten Einwohner erlebten damals die Einnahme ihrer Stadt wie eine eitle Militärparade. Auch Longuinius verfolgte die Truppenschau der britischen Eroberer, denn er saß in Philadelphia fest:Während der Kongress und die Wortführer der Unabhängigkeit vor der anrückenden Armee flohen, hatte er im Hause Benjamin Franklins auf eine Nachricht des Freundes aus Frankreich gewartet und darüber den rechten Zeitpunkt zur Flucht verpasst.
    Nachdem die Briten die Stadt in unversehrtem Zustand vorfanden, quartierten sie sich in den Häusern ihrer Gegner ein. So kam es, dass Longuinius auf einmal mit drei Offizieren und deren Ordonnanzen traulich unter einem Dach wohnte. Für einen Mann von seinem politischen Einfluss war die Lage äußerst prekär. Doch die neuen Mitbewohner Harcourt, André und Spencer hielten ihn für einen nur unbedeutenden Verwandten Franklins und schenkten ihm weiter keine Beachtung.
    Die Besatzer führten in Philadelphia ein angenehmes Leben. Abgesehen von vereinzelten Scharmützeln mit den Rebellen versahen die Offiziere des franklinschen Haushalts einen geruhsamen Dienst. In der Hauptsache sorgten sie für ihre Unterhaltung, organisierten Bälle und Theateraufführungen. Harcourt inszenierte sogar ein Ritterturnier in mittelalterlichen Kostümen, die »Mischianza«, zum Abschied ihres OberbefehlshabersLord Howe. Indessen saß Longuinius wie auf Kohlen und wartete auf eine Gelegenheit, aus der Stadt zu fliehen.
    An einem kalten Wintermorgen schrieb er in Franklins Bibliothek einen Brief an General Washington. Er machte Angaben über Truppenstärken, Kanonen und Befestigungswerke in der besetzten Stadt und warnte besonders vor den Patrouillen; Harcourts Spähtrupps planten wieder einen Überfall auf die amerikanischen Fouragiertransporte. Der Brief sollte nach Einbruch der Dämmerung von einem Boten zu Washingtons Hauptquartier ins zwanzig Meilen entfernte Valley Forge gebracht werden. Longuinius hatte das gesiegelte Schreiben eben eingesteckt, als seine Mitbewohner vom Morgenappell zurückkehrten und sich ebenfalls in dem einzigen geheizten Raum niederließen. Longuinius am Schreibtisch tat so, als wäre er in seine Briefschaften vertieft.
    »Sie sollten sich das gut überlegen«, wandte sich Harcourt an seinen Untergebenen Spencer. »Es besteht wirklich kein Grund, Mr. Stuart zu fordern.«
    »Er ist mir bei meiner Dame in die Quere gekommen!«, versetzte Spencer, worauf André meinte: »War es nicht eher umgekehrt? Stuart war der Erste bei Miss Shippen, und Sie, Spencer, wollten sie ihm ausspannen!«
    »Wie auch immer«, sagte Harcourt, »ich habe mit Mr. Stuart geredet. Nach allem, was vorgefallen ist, möchte er Ihnen lieber nicht mehr begegnen. Als Ihr Freund gebe ich Ihnen den Rat, die Sache auf sich beruhen zu lassen.«
    »Ich fühle mich aber beleidigt.«
    »Zum Teufel, Spencer! Stuart hat Sie in flagranti mit seiner Freundin erwischt!«
    »Er hatte in meinem Revier nichts zu suchen.«
    »Miss Shippens Salon ist niemandes Revier. Vor allem hätten Sie ihn so nicht demütigen dürfen.«
    »Er soll froh sein, dass er in dem Misthaufen landete«, sagte Spencer grinsend.
    »Genau«, stimmte André ihm lachend zu. »Anstatt zur Hofseite hätten Sie ihn ja auch aus einem Fenster zur Straße hinauswerfen können!«
    Harcourt lächelte schwach und stand auf. »Ein letztes Mal, Spencer: Nehmen Sie Ihre Forderung zurück.«
    »Niemals!«
    »Vergessen Sie nicht, er ist General Clintons Protegé.«
    »Ein arroganter Stabsadjutant ist er, mehr nicht!«
    »Nun gut«, erwiderte Harcourt gelassen, »da Sie mir keine Wahl lassen, befehle ich Ihnen, sich umgehend zur Truppe ins Feldlager zu begeben. Sie werden dort bleiben, bis Mr. Stuart Philadelphia verlassen hat und sich auf dem Rückweg nach New York befindet. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt, Lieutenant-Colonel? Ordonnanz!« Ein junger Soldat kam herein. »Lassen Sie anspannen, packen Sie Mr. Spencers Sachen und begleiten ihn zum Feldlager. Ich brauche den Wagen später selber, also sehen Sie zu, dass Sie bald wieder zurück sind.«
    »Jawohl, Sir!«, rief der Soldat und ging, um Spencers Ausquartierung vorzubereiten.
    »Tut mir leid, Spencer«, sagte Harcourt. »Wenn Sie nicht an Ihre Karriere denken, gestatten Sie wenigstens, dass ich es für Sie tue.« Er wandte sich an den Major. »Kommen Sie, André, gehen wir zum Lunch ins Bunch-of-Grapes. Leben Sie wohl, Spencer.«
    Sie gingen

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