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Die Plastikfresser

Die Plastikfresser

Titel: Die Plastikfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kit Pedler und Gerry Davis
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Schutzkleidung durch die Straßen patrouillierten wie Astronauten, die einen fremden Planeten erkunden. Ihre schweren Stiefel knirschten im Schnee.
    Vor dem hermetisch abgeschlossenen Sperrbezirk drängten sich an den Kontrollpunkten mit ihren Entseuchungsstationen die Übertragungswagen des Fernsehens. Unter gleißenden Scheinwerfern versuchten die Reporter, die Menschen zu interviewen, die in Arbeitskombinationen oder schlechtsitzenden gespendeten Kleidern erschöpft aus dem Sperrbezirk getaumelt kamen.
    Besorgte Verwandte versammelten sich an den Kontrollpunkten in der Hoffnung auf Nachricht von ihren Angehörigen. Ein Krankenwagen mit Blaulicht fuhr mit hoher Geschwindigkeit über den leeren Trafalgar Square und brauste dann über die Charing Cross Road davon. Der frischgefallene Pulverschnee wurde von den Reifen hochgeschleudert und hing einen Moment als feine, weiße Wolke in der Luft. Über dem Trafalgar Square kreiste ein Hubschrauber; ein Kameramann lehnte sich gefährlich weit aus der Tür, um die erregendste Reportage seines Lebens zu filmen. Ainslies Mutant 59 tastete sich in neue Gebiete vor, um weitere Nahrung zu finden, fand in unterirdischen Kabelschächten und Versorgungsleitungen immer wieder neuen Lebensraum.
    Langsam aber stetig fraß der Bazillus das Herz der Stadt.
     
    * * *
     
    Im Kramer-Laboratorium stand Gerrard erschöpft und übermüdet an der Wandtafel, schrieb mathematische Gleichungen nieder und prüfte die Ergebnisse mit dem Tischrechner nach, der seine Antworten gleichgültig summend und klickend von sich gab, wenn Gerrard die Ausgabetaste drückte. Es war drei Uhr morgens. Im großen Laborraum waren Wright, Scanion und Buchan mit einem Gewirr von gläsernen Apparaturen beschäftigt, die auf einem behelfsmäßigen Metallgerüst aufgebaut waren. In dem verästelten Glasröhrensystem bewegten sich farbige Flüssigkeiten, an einem Ende tropfte ein braunes Gebräu in einen Erlenmeyer-Kolben. In ihm hatten sich etwa zweieinhalb Zentimeter Flüssigkeit angesammelt. Wright drehte den Gashahn unter dem Kolben ab, nahm den Kolben, stellte ihn neben Gerrard auf den Tisch, setzte sich hin und sagte: »Das ist es – Polyaminostyren mit Fangzähnen.«
    Gerrard schaltete den Tischrechner ab: »Ganz sicher?«
    »Ganz sicher. Aber wir werden es trotzdem noch mit dem Chromatographen überprüfen. Wir hätten vielleicht an der Nebenkette Vier anstatt der Nitrosamin-Gruppe ein Radikal-Zyanid einfügen sollen.«
    »Wird es auch aktiv sein? Könnten Sie nicht alle seine Wertigkeiten abgedeckt haben?«
    »Unsere Chemie funktioniert immer noch tadellos, vielen Dank«, sagte Wright etwas beleidigt. »Sie stellen wohl immer erst einmal alles in Frage!«
    Gerrard sah ihn lange nachdenklich an, dann erwiderte er: »Als wir hierherkamen, habe ich vier Subkulturen des Mutanten in die Brutmaschine geschoben. Die müßten inzwischen hochgegangen sein wie eine Bombe. Ich werde sie holen.«
    Er ging zum Brutschrank und hob drei große Bechergläser heraus. Auf dem Boden jedes Bechers stand eine flache, zugedeckte Petri-Schüssel. Gerrard trug die Behälter behutsam in den großen Laborraum. Wright folgte mit dem Erlenmeyer-Kolben, der das vergiftete Plastik enthielt. Cerrard wischte eine flache, quadratische Porzellanschüssel so trocken wie möglich und stellte sie auf die Laborbank. In die eine Hälfte der Schüssel goß er ein wenig von der zähen, braunen Flüssigkeit aus dem Kolben, kippte die Schüssel dann hin und her, bis sich der Brei in einer dünnen Schicht über die eine Hälfte der Schüsselfläche ausgebreitet hatte. Dann hob er eine Petri-Schüssel aus einem Becherglas gegen das Licht. Deutlich war zu sehen, daß sich in der Schüssel eine halbflüssige, blasige Masse befand. Gerrard nahm den Deckel ab und ließ den schaumigen Inhalt langsam in die Hälfte der Porzellanschüssel fließen, die nicht von der zyanidhaltigen Plastikverbindung bedeckt war. Er neigte die Schüssel so weit, daß der Rand der schäumenden Bakterienkultur nur noch etwa zwei Zentimeter weit von der Plastikschicht entfernt war. Die drei Männer nahmen den unangenehm fauligen Ammoniakgeruch war. Schließlich legte Gerrard eine Glasplatte über die Schüssel, zog eine Stoppuhr auf, richtete ein Werklicht auf die Glasplatte und setzte sich davor, um zu beobachten.
    Die Minuten tickten vorüber. Die drei Männer saßen reglos da, ihre Blicke unverwandt auf den sich langsam bewegenden Rand der schaumigen Masse gerichtet, der sich

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