Die Plastikfresser
wem ich rede und warum.«
»Hab’ ich Ihnen das nicht am Telefon gesagt?« fragte Gerrard.
»Sie haben mir gesagt, für wen Sie arbeiten und wer Sie sind. Aber nicht warum und in welcher Eigenschaft.« Als Gerrards Gesicht einen enttäuschten Ausdruck zeigte, fuhr Slayter fort: »Verzeihen Sie, aber im Augenblick fühle ich mich wie ein Fuchs, hinter dem eine Meute halbverhungerter Hunde her ist. Es ist angenehm, wenn man jemand hat, der Anteil nimmt, und im Augenblick habe ich wirklich das Bedürfnis danach.«
Gerrard entschloß sich, die Karten offen auf den Tisch zu legen. Er gab Slayter einen kurzen Bericht und erzählte ihm von dem Roboter in der Spielzeugabteilung von Barrat.
Slayter hörte aufmerksam zu und gab Gerrard im Gegenzug eine verbesserte Version der Untersuchung. Wieder gab es keinen direkten Beweis, daß mit dem Plastikmaterial etwas nicht stimmte. Viele Faktoren konnten den Zusammenbruch verursacht haben. Aber mit diesem frischen Beweismaterial … einen Versuch war es immerhin wert.
»Ich kann’s ja mal bei Holland probieren«, sagte Slayter. »Er ist der Vorsitzende meiner sogenannten Untersuchung.« Er stand auf und blickte auf seine Uhr. »Er ißt immer im Büro zu Mittag. Wenn Sie einen Augenblick warten wollen …«
»Ich warte«, sagte Gerrard. Als Slayter gegangen war, und sich mit den Schultern und Ellbogen einen Weg zum Telefon gebahnt hatte, bedauerte Gerrard schon seine Handlungsweise. War es richtig gewesen, mit Slayter Kontakt aufzunehmen? Es war wie bei einem Kieselstein, den man in einen See wirft. Man weiß nie, wie weit die Wellen sich ausdehnen und was sie an Land spülen, wenn sie schließlich den Strand erreichen.
Als Slayter wiederkam, war seine Erregung schon gedämpfter.
»Er sagt, er nimmt es zur Kenntnis.«
»Und?« sagte Gerrard.
Slayter zuckte die Achseln. »Nichts weiter. Er wird die Untersuchung fortsetzen. Wahrscheinlich ist das von seiner Seite schon eine große Konzession.«
»Aber wird er wirklich etwas unternehmen?«
»Ich denke schon. Wahrscheinlich wird er die Sache mit Tom Myers besprechen. Ich glaube, wir haben den Ball ins Rollen gebracht, nun können wir nur abwarten und Tee trinken.«
Und so, dachte Gerrard, während er sein Glas austrank, wird es hier immer gemacht. Nichts geschieht in der Öffentlichkeit, es kommt nicht einmal was in die Zeitung – nur das richtige Wort an den richtigen Mann zur richtigen Zeit, und – wenn man Glück hat – dann wird etwas unternommen.
5.
Myers schob das Modell des Tragflügelzugs über die Gleise auf seinem Schreibtisch. Er blickte zu Holland hinüber, der am Telefon wartete, und ließ dann seinen Blick durch den übermöblierten Raum wandern. An der Wand hing die Lithographie eines der ersten Dampfuntergrundzüge: Rauch stieg zum Dach eines hochgewölbten Tunnels hinauf. Ein anderes Bild zeigte eine vielfarbige Landkarte von England mit den Kreuz- und Quermustern der Luftkorridore über der Insel. Da standen Bücherreihen mit abstrusen Titeln wie: ›Systemanalyse im U-Bahn-Bau‹, ›Die negative Feedback-Theorie und der Verkehrsfluß des rollenden Materials‹. Er blickte wieder auf Holland. Armer alter Bernard, er hat der Blick eines Gejagten – zuviel Papierkrieg, nicht genug Zeit, der eigenen Nase zu folgen und kreativ zu sein … Irgendwas von seiner kranken Frau, wahrscheinlich der letzte Strohhalm, armer Teufel. Er hörte zu, während Holland ins Telefon sprach: »Ja … Nein, ich will nicht das Verkaufsbüro … ich will Mr. Hinton … Ja, ich bleibe am Apparat … vielen Dank.«
Er gestikulierte ungeduldig zu Myers. Myers lächelte.
»Irgend jemand sollte mal eine Doktorarbeit über das Thema ›Die Unmöglichkeit in großen Organisationen eine gewünschte Telefonverbindung herzustellen‹ schreiben.«
Holland hob den Blick: »Ich erinnere mich, einmal … Oh, hallo! Hinton? Hier ist Bernard Holland … Ja, das ist richtig … Ich frage mich, ob Sie wohl bei der Prüfung der fehlerhaften Bestandteile irgendwelche Fortschritte … ach du lieber Gott, was haben Sie da gefunden? Hochinteressant … wissen Sie das genau? Ich verstehe, sagen Sie, wissen Sie, wer eigentlich das Drahtmaterial geliefert hat … ja, natürlich.«
Er legte eine Hand auf die Muschel. »Er sieht in seinen Unterlagen nach.«
»Hallo … ja … ach wirklich! Nun sagen Sie mir noch eins, war es dieses neue Zeug mit der Aminostyren-Isolation?« Er nickte zu Myers hinüber.
»Vielen Dank … bedaure, Sie
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