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Die Plastikfresser

Die Plastikfresser

Titel: Die Plastikfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kit Pedler und Gerry Davis
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ihre Mantelkragen fester um die Gesichter, um sich vor dem frostigen Dezembernebel zu schützen. Wie offene Mäuler gigantischer Urwelttiere schluckten die Eingänge der U-Bahnhöfe die vermummten Menschenmassen. Über Treppen und Rolltreppen ergoß sie sich in die strahlend erleuchtete Wärme. Oben auf den Straßen verlangsamte der ätzende Nebel den Verkehr fast bis auf Schrittempo, die Wagen dampften und röhrten ungeduldig, solange sie auf die Richtungszeichen der Polizisten warten mußten, die in ihren fluoreszierenden orangefarbenen Mänteln den Verkehr zu regeln versuchten.
    Unten, in den gasgefüllten Tunneln der ›Samson-Line‹ lagen zwei Kupferdrähte blank. Je mehr sich von der Isolierung auflöste, sackte der obere Draht an der Tunnelwand auf den unteren Draht herab. Der obere stand unter einer Spannung von hundertsiebzig Volt, der untere bildete die Erdung. Dann war es soweit: die Drähte berührten sich, es entstand ein kleiner Funke, und der Kraftfluß fiel plötzlich aus.
    Im Kontrollraum ›Coburg-5treet‹ runzelte der Ingenieur vom Dienst beim Anblick des ungewohnten Lichtsignals überrascht die Stirn. Im Tunnel ereignete sich die erste Explosion, als sich das Gas in einem unzureichend belüfteten Teil des Tunnels entzündete. Die Explosion ereignete sich zwischen zwei nordwärts fahrenden Zügen und blieb so auf den zylinderförmigen Luftraum dazwischen beschränkt.
    Eine Flammenwand raste in das Heck des vorausfahrenden und zerschmetterte das Fenster der Führerkabine des nachfolgenden Zugs.
    Die Wucht der Explosion zerfetzte die Betonsegmente des Tunnels und riß die Stahlplatten aus ihrer Halterung, die den darüberliegenden Tunnel der ›Metropolitan-Line‹ abstützten. Ein 24 Zoll starkes Gasrohr im Beton der Dachstütze barst, und Stadtgas strömte in den zertrümmerten Tunnel, und während sich der Raum zwischen den beiden Zügen füllte, brannten die Kabel an den verformten Wänden des Tunnels. Schließlich erreichte die Mischung von Tunnelluft und Stadtgas seine optimale Konzentration und explodierte.
    Mit einem Donnern, das meilenweit zu hören war, explodierte der Tunnel nach oben in das Tunnelsystem der ›Metropolitan-Line‹ und durch die sechzig Zentimeter dünne Straßendecke. Tief unten wurden in diesem Augenblick Gerrard und die anderen, die mit ihm die Exkursion unternommen hatten, auf den Boden des Tunnels geschleudert.
    Flammen zuckten aus dem Krater und trieben den Nebel himmelwärts, die Luft füllte sich mit dem Rauch von Holz und dem ekelerregenden Geruch von brennendem Fleisch.
    Auf den Fahrbahnen lagen die Verletzten, starrten stumm und blicklos vor sich hin und versuchten zu begreifen, was geschehen war. Kaum jemand sprach ein Wort.
    Aus dem gelben Dunst tauchten mit häßlichem Sirenengeheul die Blaulichter der Polizei und der Rettungswagen auf. Uniformierte sprangen aus Mannschaftswagen, bewegten sich schnell und zielbewußt und trieben die Neugierigen aus der Gefahrenzone. Andere sperrten die Straßen für den Verkehr, und Feuerwehrmänner, die sich hastig Aluminiumanzüge anlegten, bewegten sich auf die Flammen zu, die aus dem Krater emporloderten.
     
    * * *
     
    Gerrard blickte seine Gefährten an. Anne deutete mit einem Kopfnicken auf den Bahnhofsvorsteher und fragte: »Wie geht’s ihm?« »Es wird ihm wieder gut gehen, wenn wir nicht zu lange hier unten bleiben müssen«, sagte Gerrard. »Er hat ein Lungenödem – linksseitiges Versagen.«
    »Das fehlt uns noch«, sagte Purvis und wandte sich ab. »Wie lange wird es dauern, bis sie wiederkommen?« Er blickte in die Richtung des Bahnhofs. Rauch wälzte sich nun durch den Tunnel. »Wir werden ersticken, wenn wir hier bleiben.«
    »Ich weiß immer noch nicht, was passiert ist«, sagte Gerrard.
    Purvis drehte sich aufgebracht nach ihm um. »Verdammt noch mal, Mann! Wir können doch diesen armen Hund nicht hier liegen lassen!«
    Gerrard sah Hardy an, der bis jetzt noch überhaupt nichts gesagt hatte. Er war ein dünner, braunhaariger, raubvogelähnlicher Mann. »Okay«, sagte er. »Wenn Sie mir beide helfen.«
    Purvis nickte. »Das ist Hardy, der Sekretär unserer Gesellschaft.«
    Gerrard hatte das Gefühl, lauthals lachen zu müssen über die Absurdität der Vorstellungszeremonie.
    Um sie war immer mehr Rauch; der Bahnhofsvorsteher hustete heftig und rang verzweifelt nach Luft; Gerrard half ihm auf die Beine. Hardy nahm ihn auf der anderen Seite, griff ihm unter die Schulter, aber er konnte den schweren Mann

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