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Die Plastikfresser

Die Plastikfresser

Titel: Die Plastikfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kit Pedler und Gerry Davis
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könnte es auch Samen nennen. Ergeben sich wieder günstigere Umweltbedingungen, so keimt die Spore und bildet eine neue Bakterie, die sich wieder teilt, in zwei, in vier, in acht, und so weiter, bis wieder eine neue Generation entstanden ist. Sporen können Jahrhunderte überdauern und widerstehen fast unbegrenzt der Austrocknung und in erstaunlich hohem Maß Hitze und Kälte.
    In der Tiefe des Unwetterhilfskanals in der Nähe des Bahnhofs King’s Cross hatte sich auf trockenem Zement, nur wenig oberhalb der Wasserlinie, eine Kolonie abgelagert, die aus Sporen bestand. Jede einzelne – nur zweitausendstel Millimeter im Durchmesser – enthielt den perfekten biologischen Bauplan für Mutant 59 des ›Bacillus prodigiosus‹. Ein winziger, fürs menschliche Auge unsichtbarer Fleck, ein stummes, mikroskopisch kleines Zeugnis des Ideenreichtums und des zähen Forscherdrangs Dr. Ainslies – in Form eines ausgetrockneten Abwasserflecks; und sein Mutant 59 wartete mit der unerschöpflichen geistlosen Geduld stillgelegten, ausgesetzten Lebens, wartete auf seine Spezialnahrung, die es vielleicht nie wieder geben würde, wartete auf die unendlich winzige Wahrscheinlichkeit, daß zu irgendeinem Zeitpunkt vielleicht ein Molekül von ähnlicher Größe und Gestalt wie der Nährstoff, den er brauchte, seinen Weg in den Abwasserkanal und in seine unmittelbare Nähe finden und ihm die Energie liefern würde, mit der er seinen Lebensrhythmus wieder beginnen könnte.
    Zwei Jahre, nachdem Dr. Ainslie der Erde und der Vergessenheit anheimgegeben war, nahm die Öffentlichkeit die biolösliche Flasche der Kramer-Gruppe in großem Umfang in Gebrauch, und die zerfallenden Behälter wurden in die Kanalisationswege geschwemmt, aus Millionen Spülbecken und Klosetts flossen die eigens zum Zweck des Zerfalls entwickelten Degron-Moleküle.
    Eines Abends, nach einem Wolkenbruch, stieg das Wasser in dem Unwetterhilfskanal bei King’s Cross zu einem ungewöhnlich hohen Pegelstand an. Die Degron-Moleküle, fast identisch den Molekülen von Ainslies spezialisierter Nährbasis brandeten über die vertrockneten Sporen.
    Vierundzwanzig Stunden lang verharrten die Sporen noch in ihrer auf Ewigkeiten berechneten Winterschlafhaltung. Dann aber, in blindem, doch absolut untrüglichem Erkennen, begannen sie auf die Eigenschaften der Stoffe, die sich vor ihren ausgedörrten Umhüllungen befanden, zu reagieren.
    Die Sporenkapseln brachen auf. Mutant 59 des ›»Bacillus prodigiosus‹ brach hervor – und ins Leben.
    Die Umweltbedingungen waren nach seinem Geschmack. Es knospte und breitete sich aus. Wo er hingelangte fand er Nahrung. Degron war überall. Jede neue Generation war wandlungsfähiger und gefräßiger als die vorhergegangene. Und der Mensch war gut zu Mutant 59. Er versorgte ihn verschwenderisch mit Nahrung.
     
    * * *
     
    Im Laboratorium Kramers war es dunkel. Nur an der Wand, wo elektronische Apparaturen dichtgedrängt blockweise neben- und übereinander standen, glühten die Beleuchtungen der Skalen. Das einzige Geräusch kam von der Kühlschrankpumpe, die leise in einer Ecke surrte.
    Buchan ging durch den Raum und betätigte den Hauptschalter. Licht überflutete den Raum und löste die Spannung, unter der die beiden Männer gestanden hatten.
    »Wo sind sie?« fragte Scanion.
    Ohne zu antworten, öffnete Buchan die Tür einer Brutkammer und nahm ein Regal mit durchsichtigen Glasgefäßen heraus, die alle säuberlich mit einem Filzschreiber etikettiert worden waren. Er bewegte sich unbeholfen: »Vielleicht hat die Zeit nicht gereicht. Ich mußte mich beeilen.«
    »Vielleicht erklären Sie mir endlich, was Sie überhaupt gemacht haben. Und was ist eigentlich mit Wright?«
    »Kümmern Sie sich nicht darum. Nehmen Sie mit mir vorlieb.«
    Buchan hob die Flaschen der Reihe nach ins Licht und machte sich auf einem Schreibblock Notizen. Er schien Scanions Anwesenheit überhaupt nicht mehr zu bemerken.
    »Verdammt!« beklagte sich Scanion. »Es ist zwei Uhr morgens. Ich habe mich bereit erklärt, hierherzukommen, aber jetzt, zum Teufel, will ich auch wissen, was Sie da treiben!«
    »Schon gut! Ich weiß, daß ich Sie schlecht behandle. Aber ich habe eine Menge Geld auf das hier gesetzt. Und ich zeige Ihnen auch, was ich gemacht habe.« Er zeigte auf die Flaschen. »Das hier ist eine wäßrige Aufschwemmung des Zeugs, das Gerrard von den Überbleibseln der Roboterschaltung mitgebracht hat. Nummer zwei hier ist dasselbe, nur daß es unter Dampf

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