Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pollinger-Kinder und die Knüppelknilche

Die Pollinger-Kinder und die Knüppelknilche

Titel: Die Pollinger-Kinder und die Knüppelknilche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Carl Grund
Vom Netzwerk:
auf einmal nicht mehr drohend, sondern ausgesprochen freundlich an.
    „Nanu“, sagte Roswitha.
    „Oke, oke“, schnauften Aki und Ika erleichtert. Das bedeutete: „Habt keine Angst, sie tun euch nichts Böses.“
    Aus der Menge trat der Häuptling hervor. Er schwenkte seinen Krummprügel, verneigte sich vor den Pollinger-Kindern und zeigte ihnen die Zunge.
    Ihm folgten vier starke Männer. Sie schleppten schwitzend einen Mammutzahn, grinsten mühsam und streckten ebenfalls die Zungen heraus.

    Die Pollinger-Kinder nickten einander zu, dann zeigten sie den Neandertalern auch die Zungen.
    Die Steinzeitmenschen heulten fröhlich und fuchtelten mit den Armen in der Luft herum. Der Mammutzahn polterte zu Boden, weil auch die vier Athleten, die ihn bisher getragen hatten, in die Hände klatschten.
    „Plemi, plemi!“ schimpfte der Häuptling, und die Pollinger-Kinder verstanden, daß das „ihr Dummköpfe“ hieß.
    Die Athleten grunzten verlegen, hoben den Zahn wieder auf und hielten ihn hoch empor.
    Der Anführer verneigte sich noch einmal vor den Pollinger-Kindern. Dann hielt er ihnen eine feierliche Rede, die immer wieder vom Beifall der Sippe unterbrochen wurde. Er sprach sehr lange und wiederholte sich oft. Je länger er redete, desto begeisterter stimmten die anderen zu.
    Kurz gefaßt (und in die Sprache unserer Zeit übertragen) sagte er folgendes zu den Pollinger-Kindern: „Ihr seid kleine, aber mächtige Zauberer. Ihr seid aus einer anderen Welt zu uns gekommen, um uns eure Macht zu beweisen. Ihr habt den Fleischberg mit der langen Nase und den langen Zähnen vor unseren Steinen, Knüppeln und Speeren beschützt; aber ihr habt uns für das Mammut die Höhlenbären geschenkt, deren Fleisch dreimal so gut schmeckt wie das des Rüsselzahnriesen. Ihr habt uns die Höhlenbären gegeben, ohne daß einer meiner Jäger auch nur ein bißchen angekratzt wurde. Und anstrengen mußten wir uns überhaupt nicht. Dafür danken wir euch.“
    Hier wartete er, bis der tosende Beifall verebbte. Dann legte er das bärtige Gesicht in betrübte Kummerfalten und fuhr beschämt fort: „Und da wagten wir dummen, schwachen Geschöpfe, euch zu beleidigen. Wir sperrten euch ein, damit ihr uns weiterhin Beute liefert, ohne daß wir uns anstrengen müßten.“ Er zwinkerte den Pollinger-Kindern zu, schmunzelte schlitzohrig und fuhr fort: „Ihr seid jedoch nicht nur mächtige, sondern auch freundliche Zauberer. Ihr habt uns nicht bestraft, sondern sogar belohnt.“ Er wies auf Hans-Heinrich. „Du, o männlicher Schutzgeist, hast das wütende Mammut mit deinem Zauberdonner in die Flucht geschlagen, und du, o weibliche Zauberin“, er deutete auf Roswitha, „hast das rasende Nasentier daran gehindert, unsere Wächter zu zerschmettern. Du hast die Bestie mit Handausstrecken besänftigt. Und so bekam der in den Busch geschleuderte Wächter nur so viele Dornen eingedrückt, wie fünf meiner Leute Finger an beiden Händen haben. Die Hüterin des Feuers zieht ihm jetzt die letzten aus der Sitzfläche heraus.“
    Die Pollinger-Kinder unterdrückten ein Grinsen. Sie trauten sich nicht zu schmunzeln, weil die Neandertaler so unheimlich ernste Gesichter machten; so, als würden jedem von ihnen fünfzig Dornen aus dem verlängerten Rücken gezogen.
    Der Häuptling hob die Hand; und um die Wichtigkeit seiner Worte zu unterstreichen, schleuderte er seinen Krummprügel in die Luft. Das Wurfholz zog zwei wunderschöne Kreise und fuhr dann zischend zum Werfer zurück. Der packte es geschickt, schleuderte es abermals in die Höhe, fing es wieder auf und warf es ein drittesmal, daß nicht nur den Pollinger-Kindern, sondern auch den Neandertalern die Spucke wegblieb.
    Eine Weile sonnte er sich in der allgemeinen Bewunderung, dann erklärte er mit feierlich dröhnender Stimme: „Ihr kleinen großen Zauberer habt uns außerdem zu freien Menschen gemacht, indem ihr uns aus der Gewalt der Gewesenen erlöst habt!“
    „Chä!“ schrie die ganze Horde. „Chä, chä, chä!!“
    Die Pollinger-Kinder guckten verständnislos; doch als Aki und Ika ihnen zunickten, lächelten sie den Häuptling an.
    „Ihr habt die Höhle der Gewesenen geöffnet und ihre Geister gezwungen, uns zu verlassen“, rief der Häuptling. „Durch die Öffnung, die ihr in die Grabhöhle geschlagen habt, sind die Geister der Gewesenen in ferne Welten entschwunden. Sie können uns nicht länger Unheil zufügen.“
    „Ach nein“, murmelte Hans-Heinrich. „Dabei bin ich mit Aki ganz

Weitere Kostenlose Bücher