Die Pollinger-Kinder und die Roboter von Blechheim
gab der Boß keine Antwort. Dafür lichtete sich das Dunkel um Roswitha und Hans-Heinrich. Zuerst dämmerte es leicht, dann stärker, dann wurde es hell.
„Mensch Meier!“ rief Hans-Heinrich. „Wir sitzen auf kaputten Robotern!“
„So ist es“, bestätigte der unsichtbare Boß.
Die Pollinger-Kinder sahen sich um. Sie erkannten, daß die Tunnelröhre gut zehn Meter lang und oben durch eine Falltür abgeschlossen war. In den Türrahmen waren vier starke Lampen montiert, zwei Mikrofone, zwei Lautsprecher und eine Fernsehkamera — genauso wie im Fernsehkrimi am letzten Sonntag.
So konnte der Boß von Blechheim seine Gefangenen vom Schaltpult aus beobachten, zu ihnen sprechen und hören, was sie sagten.
Der Raum, in den die Pollinger-Kinder durch die Röhre gepurzelt waren, zeigte sich im Licht als gespenstische Rumpelkammer. Die fensterlosen Wände waren aus Beton, auf dem Fußboden türmten sich von Rost zerfressene Roboterreste wie kaputte Karosserien auf einem Autofriedhof.
„Nein!“ stöhnte Roswitha, als sie erkannte, daß sie auf einem durchlöcherten Helmkopf saß. Schaudernd rutschte sie zur Seite.
„Begreift ihr jetzt, warum ich Kinder zu Robotern machen muß?“ dröhnte die Stimme des Gepanzerten aus den Lautsprechern.
„Nein!“ schrie Hans-Heinrich zurück. „Und Sie sind wirklich hundsgemein!“
„Hundsgemein!“ schluchzte Roswitha.
„Dann hört zu, bevor ich euch im Schnellkurs zu Nichtdenkern und Robotern mache“, grollte die Stimme aus den Lautsprechern. Und weil es zwei Lautsprecher waren, grollte sie in Stereo.
Außerdem legte der Boß einen verwirrenden farbigen Feuerzauber hin, um die Gefangenen vollkommen einzuschüchtern.
Sooft er ein „a“ aussprach, blitzten die Lampen im Türrahmen grellblau auf, bei „e“ leuchteten sie knallgelb, bei „i“ giftgrün, bei „o“ feuerrot und bei „u“ violett.
„Richtige Roboter“, erklärte der Boß, „gehen nach knapp zehn Jahren kaputt.“
War das ein Geflimmer!
Grün-grün-gelb — rot-rot-gelb — gelb-gelb — blau — blau — gelb — blau-gelb — blau-violett!
Schon nach dem ersten Satz schmerzten Hans-Heinrich und Roswitha die Augen. Das Aufblitzen tat weh, vor allem deshalb, weil der unsichtbare Boß unheimlich schnell redete.
Die Pollinger-Kinder wollten sich die Augen zuhalten und konnten es nicht. Eine gespenstische Kraft hielt ihnen die Hände am Körper fest.
Die Augen schließen nützte ebensowenig. Die grellen bunten Lichter drangen scharf durch die geschlossenen Lider. Es war fürchterlich.
Und der Boß redete weiter: „Länger als elf Jahre hat noch kein Roboter durchgehalten. Dann waren die beweglichen Teile abgenutzt, und der Rost hatte das Blech zerfressen.“ Er seufzte. „Leider werden Blech und Kunststoffe, aus denen ich Roboter zusammenbaue, immer knapper.“
„Prima“, flüsterte Hans-Heinrich Roswitha zu. „Dann ist er pleite.“
Es war ganz leise gesprochen, der Boß hatte es trotzdem gehört. Er lachte scheppernd. „Falsch geraten, du Rotznase! Ich bin noch lange nicht pleite, verstanden? Ich werde immer Roboter haben, denn Menschen gibt es genug. Die brauche ich nicht einmal zusammenzubauen, hahahahaaaaa!“
Immer verwirrender blitzten die gelben, roten, blauen, grünen und violetten Lichter.
Krampfhaft versuchten sich die Pollinger-Kinder an das Wort zu erinnern, mit dem sie sich nach Hause wünschen konnten. Es half nichts. Nicht einmal der Anfangslaut fiel ihnen ein.
„Menschen werden siebzig, achtzig und neunzig Jahre alt“, fuhr der Boß fort, „manchmal sogar noch älter. Wenn ich also zehn Jahre alte Kinder in Roboter verwandle, kann ich sie mindestens fünfzig Jahre lang für mich arbeiten lassen, also fünfmal so lang wie zusammengebastelte Blechmänner.“
Wieder lachte er, aber diesmal klang es ärgerlich, und ebenso ärgerlich klangen auch seine Worte: „Ihr beide werdet meine Befehle leider nur fünfundzwanzig Jahre lang ausführen, denn wer durch den Schnellkurs für Roboter-Nichtdenker läuft, geht bereits nach der Hälfte der normalen Zeit kaputt.“
„Und da behaupten Sie, daß Sie nicht hundsgemein sind?!“ rief Hans-Heinrich empört.
„Sie sind sogar superhundsgemein!“ rief Roswitha.
„Schluß der Debatte!“ bestimmte der Boß. „Nach eineinhalb Stunden Schnellkurs mit Blitz, Donner und farbigem Licht werdet ihr keine eigenen Gedanken mehr haben. Es wird euch nicht einmal mehr einfallen, wieviel eins und eins ist. Dann lasse ich euch in
Weitere Kostenlose Bücher