Die populaersten Irrtuemer ueber das lernen
Zahlen
haben. Annika hat fünf Legosteine. Nina hat zwei. Wie viele Legosteine sind es, die Annika mehr hat als Nina? Niemals darf mathematische und
naturwissenschaftliche Modellbildung abstrakt geschehen, alles muss eine praktische Anknüpfung haben. In vielen Kindergärten decken die Kinder zusammen
mit den Erzieherinnen den Tisch. Sie zählen gemeinsam: Wie viele sind wir? Müssen wir alle Tische decken? Wie viele Teller gehören auf jeden Tisch?
Niemand wird bestreiten, dass das angewandte Mathematik ist.
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Die Qualität einer Kita erkennt man daran, dass sie nicht jeden populären Firlefanz mitmacht. Der stolze
Verweis auf Forscherkisten und Stundenpläne ist noch lange kein Beweis für einen guten Kindergarten. Er lässt eher das Gegenteil
vermuten. Einrichtungen, die auf möglichst viel Spiel, Bewegung und Naturerfahrung setzen, sind in aller Regel nicht verkehrt. Grundsätzlich gilt: Ein
Waldkindergarten bringt einem Kind wahrscheinlich mehr als ein ambitionierter Kindergarten mit einem auf den ersten Blick anspruchsvollen Programm. Bei
näherem Hinsehen entpuppt es sich oft als reiner Show-Act, der Eltern, die völlig zu Recht auf eine gute Bildung pochen, zufriedenstellen soll. Um einem
Missverständnis vorzubeugen: Experimente sind im Kindergarten nicht grundsätzlich unerwünscht. Wenn ein Experiment dazu dient, einer Kinderfrage auf den
Grund zu gehen und die Kinder die Möglichkeit haben, diesen Versuch mitzuentwerfen und mitzugestalten, ist das selbstverständlich wunderbar. Bereits
Fünfjährige etwa, die sich wundern, warum Pflanzen wachsen, können – mit zurückhaltender Anleitung, versteht sich – selbst einen Versuch
entwickeln. Sie können z. B. Kresse züchten: in einem Topf, der am Fenster steht. In einem Topf, der im Dunkeln steht. In einem Topf, dergegossen wird, und in einem, der nicht gegossen wird. Salman Ansari hat zahlreiche weitere Beispiele dafür, wie leicht sich
naturwissenschaftliche Inhalte in die Erfahrungswelt kleiner Kinder integrieren lassen, in einem Buch beschrieben. „Schule des Staunens“ heißt es und
sei Erziehern und Grundschulpädagogen wärmstens empfohlen.
Irrtum: Je früher ein Kind eingeschult wird, desto besser
Zunehmend bewegt Mütter und Väter lange vor der staatlichen Aufforderung die Frage nach dem Eintritt in den Ernst des Lebens. Leon ist
doch längst ein echter Pfiffikus, Alina eine begnadete Vorleserin. Und da sollen sie erst mit sechs Jahren in die Schule? Ist das nicht viel, viel zu
spät?
In den amerikanischen Pre-Schools lernen schon Dreijährige. In Frankreich besuchen bereits 30 Prozent der Zweijährigen die Vorschule,
die sogenannte Ecole Maternelle, deren Programm alles andere als reines Kinderspiel ist. In chinesischen Städten lösen Zweijährige „anspruchsvolle
mathematische Zuordnungsprobleme im Minutentakt“, jedenfalls will das die Frankfurter Bildungsforscherin Donata Elschenbroich beobachtet haben. Schon
„die Dreijährigen“, so Elschenbroich, „rechnen bis in die Zehner- und Hunderterreihen“.
Hierzulande sehen Abiturienten und Akademiker beim Berufsstart, verglichen mit der internationalen Konkurrenz, ziemlich alt
aus. Deshalb haben Politiker aus den verschiedenen Bundesländern die Schulzeit für Gymnasiasten von neun auf acht Jahre gekürzt. Zusätzlich wird
vielerorts das Einschulungsalter gesenkt. Die drei bevölkerungsreichsten Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen etwa ziehen die
Schulpflicht sukzessive um einige Monate vor, damit Grundschulkinder künftig mit fünfeinhalb Jahren in die erste Klasse kommen. Mehrere Bundesländer
nennen kein Mindestalter für Erstklässler mehr, weshalb dort theoretisch schon pfiffige Vierjährige eingeschult werden dürfen.
Man darf davon ausgehen, dass die Volksvertreter auch deshalb zur Eile mahnen, weil sie auf das Gemeinwohl schielen
– schließlich kann, wer früher mit der Schule fertig ist, auch eher mit dem Beruf beginnen und länger in die Renten- und Sozialkassen einzahlen. Die
Verjüngung der Erstklässler entspricht zudem dem Zeitgeist. Immer mehr Familien wollen ihren Nachwuchs so früh wie möglich gefördert und gefordert wissen,
was ganz im Sinne der Kultusministerkonferenz ist. Im Jahr 1997 beschloss sie, die vorzeitige Einschulung zu erleichtern und die Zurückstellung vom
Schulbesuch zu erschweren.
Was ein früheres Einschulungsalter betrifft, scheint die Wissenschaft – zumindest auf den
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