Die populaersten Irrtuemer ueber das lernen
bekämen gerade die Kinder, die sich ohnehin gut ernähren und viel bewegen, am ehesten
Nahrungsergänzungsmittel. Auch in Deutschland werden Lebensmittel immer häufiger mit Vitaminen, Kalzium und Eisen aufgepeppt. Eine Entwicklung, die
z. B. das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund alles andere als begeistert verfolgt.
Ein wirklich besorgniserregender Trend sind leistungssteigernde Angebote vom Schwarzmarkt. Angeblich greifen immer mehr Studenten vor
Prüfungen z. B. zu Ritalin, um ihre Aufmerksamkeit zu steigern. Es gibt Leute, die meinen, dass man diese Art des „Gehirn-Dopings“ legalisieren
sollte. Ritalin gehört jedoch mit Recht zu den verschreibungspflichtigen Medikamenten: Der Konsum kann z. B. süchtig machen und Herzprobleme auslösen. Die
Nebenwirkungen können massiv sein, und es ist nicht einmal klar, ob das Mittel wirklich hilft, bei Prüfungen besser abzuschneiden. Bei Versuchen hat sich
gezeigt, dass Probanden, dieRitalin genommen hatten, neue Aufgaben zunächst schneller lösten. Als sie jedoch diese Aufgaben ein zweites
Mal bewältigen sollten, schnitten sie schlechter ab als die Personen, die nichts eingenommen hatten. Auch Versuche mit Modafinil, einer Substanz, die
eigentlich bei Schlafstörungen helfen soll, waren letztlich enttäuschend. Versuchspersonen waren mit Modafinil bei Tests zwar besser, aber die Effekte
verringerten sich, je höher der IQ der Probanden war. Stephan Schleim, der zum Thema „Cognitive Enhancement“ (der Begriff steht für den Versuch, die
geistige Leistungsfähigkeit mittels Medikamenten zu verbessern) forscht, bekannte in einem Interview „Mind Doping“ habe für ihn an Relevanz verloren, als
ihm klar geworden sei, wie wenig mit den heutigen Substanzen zu machen ist.
Die Frage, ob Umweltgifte wie Schwermetalle — insbesondere Blei —, aber auch radioaktive Stoffe sich negativ auf die Intelligenz
auswirken, ist vor allem mit dem Namen Christopher Williams verbunden. Er und andere Forscher beantworten die Frage mit einem klaren „Yes“. Aljoscha
Neubauer und Elsbeth Stern (die Autoren von Lernen macht intelligent ) weisen darauf hin, dass das Schnüffeln von Lösungsmitteln möglicherweise noch
gefährlicher ist, da diese Substanzen „relativ leicht die Blut-Hirn-Schranke“ überwinden können. Noch fehlen allerdings aussagekräftige Studien.
Häufig plagt Mütter ein schlechtes Gewissen, wenn sie nicht stillen können oder wollen. Muttermilch ist nicht nur gesund, sondern soll
auch positive Auswirkungen auf die Entwicklung der Intelligenz haben. In Muttermilch (nicht aber in den Ersatzpräparaten) sind langkettige ungesättigte
Fettsäuren enthalten, die für den Aufbau des Gehirns wichtig sein sollen. Tatsächlich gibt es Studien, die einen positiven Zusammenhang zwischen
Muttermilch und Intelligenzentwicklung nahelegen. Doch es ist wieso oft: Bei genauerer Betrachtung der Daten stellt man fest, dass kaum
relevante Effekte übrig bleiben, wenn man berücksichtigt, dass intelligentere Mütter auch eher stillen. Nicht die Muttermilch wäre danach für den höheren
IQ eines Kindes verantwortlich, sondern die genetische Ausstattung.
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Wer schlecht in Physik ist, dem helfen auch Nüsse nicht weiter. Gleichwohl profitierten Menschen von einer
ausgewogenen Ernährung in vielfältiger Weise. Mangelernährung hat dagegen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit – auch des Gehirns. Häufig trinken
Kinder in der Schule zu wenig, weil sie sich vor unsauberen, stinkenden Toiletten ekeln. Flüssigkeitsmangel aber führt zu Kopfschmerzen und beeinträchtigt
die Konzentration.
Vor „Mind Doping“, also der Einnahmen von Medikamenten zur Steigerung der geistigen Leistung, muss man
warnen: Die Datenlage ist schlecht, aber vermutlich ist das Risiko schädlicher Nebenwirkungen größer als die Chance, in einer Prüfung tatsächlich besser
abzuschneiden.
Irrtum: In der Schule lernt man an Gruppentischen besonders gut
Elternabend einer fünften Klasse an einem deutschen Gymnasium. Vorwiegend Mütter, aber auch drei Väter strömen ins Klassenzimmer und
nehmen an den Zweierpulten Platz. Jeweils drei Tische bilden eine Einheit. Eine Mutter meint: „Toll, Gruppentische – vorbildlich modern.“ Zustimmendes
Nicken.
Eine „gute“ Sitzordnung soll laut Didaktiklehrbuch das Lernen im Klassenraum unterstützen. Gruppentische gelten vielen als modern und
pädagogisch wertvoll. In Reihen haben
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