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Die Portugiesische Reise (German Edition)

Die Portugiesische Reise (German Edition)

Titel: Die Portugiesische Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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Blick, auf dass ihm ja nichts entgeht, und so bemerkt er einen kleinen Fluss, der dort verläuft. Nun haben Flüsse ja bekanntlich Namen, und wie heißt wohl dieser hier, der ganz in der Nähe in den üppigen Douro fließt? Wer es nicht weiß, der fragt nach, und wer nachfragt, bekommt manchmal eine Antwort: »Entschuldigen Sie, wie heißt dieser Fluss?« »Er heißt Fresno. « »Fresno?« »Ja, Fresno.« »Aber fresno ist doch ein spanisches Wort, auf Portugiesisch sagt man freixo (dt. Esche). Warum heißt er denn nicht Rio Freixo?« »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Der heißt schon immer so.« Trotz all der Kämpfe gegen die Spanier, der Schmierereien an den Häuserwänden und der Unterstützung vom Jesuskind fließt hier also immer noch heimlich dieser Fresno zwischen seinen lieblichen Ufern entlang und lacht sich über den Patriotismus des Reisenden ins Fäustchen. Dieser erinnert sich an die Fische, an die Predigt, die er ihnen gehalten hat, bis ihm plötzlich kurz vor dem Dorf Malhadas eine Idee kommt: »Wer weiß, vielleicht ist fresno auch ein Wort aus dem Mirandés-Dialekt?« Er will später jemanden fragen, aber dann vergisst er es, und als es ihm irgendwann wieder in den Sinn kommt, beschließt er, der Angelegenheit keine Bedeutung mehr beizumessen. In seinem Sprachgebrauch ist fresno jedenfalls ab jetzt portugiesisch.
    Malhadas liegt ein wenig abseits der Hauptstraße nach Bragança. Hier in der Nähe gibt es Überbleibsel einer römischen Straße, zu der der Reisende nicht fahren wird. Aber als er sie einem Bauer und seiner Bäuerin, die er auf dem Weg ins Dorf trifft, gegenüber erwähnt, entgegnen sie: »Ah, Sie meinen die maurische Straße.« Dann eben die maurische Straße. Was den Reisenden viel mehr interessiert, ist das Warum und Woher dieses Traktors, von dem der Bauer mit der Unbefangenheit eines Besitzers absteigt. »Ich habe nur wenig Land. Für mich allein käme er nicht in Frage. Aber ich verleihe ihn manchmal an die Nachbarn, und so kommen wir über die Runden.« Und so unterhalten sich die drei ein wenig, sprechen von den Schwierigkeiten, die Kinder zu ernähren, und es ist nicht zu übersehen, dass ein weiteres auf dem Weg ist. Als der Reisende sagt, er sei auf dem Weg nach Vimioso und wolle auf dem Rückweg wieder hier vorbeikommen, lädt die Bäuerin ihn ein, ohne ihren Mann um Erlaubnis bitten zu müssen: »Wir wohnen in dem Haus da vorne, essen Sie doch mit uns.« Man merkt, dass es von Herzen kommt, dass, egal wie viel im Topf ist, ungleich geteilt würde und der Reisende mit Sicherheit den größten und besten Teil auf seinem Teller hätte. Der Reisende bedankt sich herzlich und sagt, er werde ein andermal darauf zurückkommen. Der Traktor entfernt sich, die Frau kehrt ins Haus zurück. »Sind alles arme Hütten«, hatte sie noch gesagt, und der Reisende kommt kaum dazu, sich ein wenig im Dorf umzusehen, weil plötzlich eine gigantische schwarze Schildkröte vor ihm auftaucht, die Kirche des Ortes, mit unglaublich dicken Mauern und weit auslaufenden Widerlagern, den Füßen des Tieres. Im 13. Jahrhundert, und speziell hier in Trásos-Montes, wusste man anscheinend nicht viel über die Beschaffenheit von Baumaterialien, oder aber der Erbauer hatte kein großes Vertrauen in die Gesetze dieser Welt und beschloss, für die Ewigkeit zu bauen. Der Reisende geht hinein und lässt den Blick umherschweifen, vom Glockenturm zum Dach und dann weiter in die Ferne, ein wenig enttäuscht darüber, dass die Landschaft hier in Trás-os-Montes nicht in steile Abgründe und tiefe Täler fällt, wie es seiner Vorstellung nach hätte sein müssen. Aber alles zu seiner Zeit, dieses hier ist schließlich eine Hochebene, und der Reisende sollte seine Phantasie nicht schelten, zumal sie ihm bereits gut von Nutzen war, als sie aus der Kirche eine Schildkröte machte: Nur wer selbst dort gewesen ist, weiß, wie gerechtfertigt und passend der Vergleich ist. Zwei Wegstunden entfernt liegt Caçarelhos. Hier wurde Camilo zufolge seine Figur Calisto Elói de Silos e Benevides de Barbuda geboren, Agra de Freimas ältester Sohn und komischdümmlicher Held aus Queda Dum Anjo , einem äußerst amüsanten und gelegentlich etwas melancholischen Roman. Besagtem Camilo könnte dieselbe scharfe Kritik zuteilwerden wie Francisco Manuel do Nascimento, dem man vorwarf, sich über Samardã lustig gemacht zu haben, wie zuvor schon andere Dichter über die Dörfer Maçãs de Dona Maria, Ranhados oder Cucujães gespottet

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