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Die Portugiesische Reise (German Edition)

Die Portugiesische Reise (German Edition)

Titel: Die Portugiesische Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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ihrer Arbeit, die perfekt gemacht werden muss, denn sonst weist der Ofen sie bei der ersten Flamme zurück. Von dieser Arbeit kann man im wahrsten Sinne sagen, dass sie feuerfest ist.

Mönche, Krieger und Fischer
    Von Leiria hat der Reisende nicht viel gesehen. Ob es an ihm selbst lag, ein Zufall war oder unausweichlich so kommen musste, wer will das sagen?
    Die Kathedrale leidet vermutlich an ihrer langen Bauzeit (über hundert Jahre) mit den unvermeidlichen Schwankungen im Stil, der wohl schon von Anfang an nicht sonderlich sicher war. Dann kam das Erdbeben von 1755 und brachte einen Teil der Fassade zum Einsturz, kurzum, man kann nicht behaupten, dass die Kathedrale von Leiria größeren geistigen Lohn bietet, abgesehen vom religiösen Nutzen, versteht sich. Während der Reisende durch die Kirchenschiffe geht und die enorm hohen Säulen und die getäfelten Decken zu bewundern sich bemüht, schlägt ein Ball gegen eine Tür; auf dem Kirchenvorplatz spielen Jungen Fußball, und derjenige, der das Tor in Form der Kirchentür hütet, beweist kein besonderes Geschick. Der Aufprall hallt in den leeren, breiten Kirchenschiffen wie wütendes Gehämmer wider. Keinen von den wenigen in der Kirche Anwesenden scheint das zu stören – woraus der Reisende schließt, dass man in Leiria für spielende Kinder viel Verständnis hat. Gut so.
    Obwohl es noch früh am Vormittag ist, ist es schon heiß. Die Jungen unterbrechen ihr Spiel nicht, und der Reisende beginnt den anstrengenden Aufstieg zur Burg. Allmählich dehnt sich die Landschaft vor ihm, sanft, doch ohne Überraschungen, und der Reisende erwartet auch keine. Doch er irrt: Die Burg von Leiria ist ein ungemein angenehmer Ort zum Spazierengehen mit ihren ländlichen Wegen, den schmalen Pfaden, wie absichtlich aufgestellten Ruinen. Bei der herrlichen Terrasse von Dom Dinis’ Palast denkt man an Hofdamen, die in ihren bodenlangen Kleidern wandelten, während sie Erlesenem in Versen und Prosa lauschten, das feurige Verehrer ihnen zuraunten. Nichts so Deutliches wie die Umarmung des jungen Pärchens da drüben in einer Ecke, vom Mund bis zu den Knien aneinandergepresst, wie es die Jugend tut. Der Reisende prüft sich streng, ob er moralisch urteilt, und entscheidet, nein, vor allem nicht, wenn er daran denkt, dass auch in alten Zeiten die Dame und ihr Herr sich so umarmt haben, nur nicht so öffentlich. Von hier aus gesehen ist Leiria schön.
    Dann geht er zu den Ruinen der Kirche Nossa Senhora da Pena gleich nebenan. Von den Steinen, aus denen sie zur Zeit von Dom Afonso Henriques bestand, sind keine erkennbaren Reste mehr vorhanden. Was dort steht, stammt aus dem 14. Jahrhundert, als sie wiederaufgebaut wurde. Die Kirche ist mittelgroß und muss einmal prächtig gewesen sein. Selbst ohne Dach, ganz dem Wind ausgesetzt, besitzt sie noch heute eine sehr eigene Schönheit dank ihrer richtigen Größe, wozu vermutlich die obligatorische Rücksicht auf die Dimensionen des oberhalb gelegenen Palastes beigetragen hat. Der Reisende spaziert ein wenig längs der auf und ab führenden Wege, dann setzt er sich auf denselben Stein, auf dem Dona X ihrem hartnäckigen Dom Y das Jawort gegeben hat, breitet die Karte aus und entwirft seinen eigenen Schlachtplan. Beginnen wird er mit Batalha, ganz richtig, dann über São Jorge und Cós fahren und einen Blick auf Nazaré werfen. Vom Meer wird er wieder landeinwärts nach Alcobaça fahren und, zurück in Leiria, den Tag beschließen.
    Die Fahrt ist nicht lang, der Reisende kann sich Zeit lassen. Und um sie noch erholsamer zu gestalten, verlässt er die Hauptstraße und nimmt eine weit schmalere, die dem Ufer des Lis folgt. Auf diese Weise kann er sich in Ruhe auf das große Kloster Santa Maria da Vitória in Alcobaça vorbereiten. Der Reisende schreibt diese Zeilen, ohne zu zögern, doch innerlich weiß er, dass er verloren ist. Wo zehntausend Seiten nicht ausreichen würden, ist schon eine zu viel. Er bedauert zutiefst, dass er nicht im Flugzeug reist, sonst könnte er sagen: »Ich konnte kaum etwas sehen, wir flogen zu hoch.« Er aber ist auf dem Erdboden unterwegs und schon fast da, ein Mann darf sich nicht vor seiner Pflicht drücken. Nuno Álvares hatte es leichter, der musste nur die Kastilier besiegen.
    Tatsächlich darf der Reisende sich weder von den Dimensionen des Bauwerks einschüchtern lassen, noch sich in der vermutlich bald ermüdenden Betrachtung der einzelnen Steine, Kapitelle, Ausschmückungen, Figuren und all dessen, was

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