Die Portugiesische Reise (German Edition)
Priester gerade eben den Ort verlassen hat und niemand weiß, wohin. Und schließlich fährt er auf einer nahezu schnurgeraden Straße zur Landspitze von Sagres, dann um die Bucht herum zum Cabo de São Vicente. Der Wind bläst stürmisch von Land her. Hier gibt es eine riesige Windrose, mit deren Hilfe man den Kurs bestimmen kann. Wind und Meer sind günstig, um die Schiffe auf Entdeckungsfahrt zu den Gewürzen auszusenden. Der Reisende aber muss zurück nach Hause fahren. Er käme auch gar nicht weiter. Zum Meer fällt die Klippe fünfzig Meter schroff ab. Die Wellen branden da unten gegen den Fels. Man hört nichts. Es ist wie ein Traum.
Der Reisende fährt längs der Küste nordwärts. Er sieht Aljezur mit seinen Häusern, die sich in Gürteln am Fuß des Berges reihen, dann Odemira, Vila Nova de Milfontes und die liebliche Mündung des Mira, in der gerade Ebbe herrscht, Sines und die vom Meer zerstörten ehrgeizigen Molen, in Santiago do Cacém noch einmal Ruinen, von der römischen Stadt Miróbriga, deren Forum sich zu der wunderschönen Landschaft hin öffnet, der letzte Ort, an dem der Reisende sich vorstellt, wie Römer mit einer Toga bekleidet umherwandeln, sich über die Ernte und die Dekrete des fernen Rom unterhalten. Dies ist das Land, in das er heimkehrt. Die Reise ist zu Ende.
Der Reisende kommt bald zurück
Nein, es stimmt nicht. Die Reise geht nie zu Ende. Nur Reisende erleben ein Ende. Und selbst sie können in Memoiren, Berichten, Erzählungen fortdauern. Als der Reisende sich auf den Strand setzt und sagt: »Es gibt nichts mehr zu sehen«, weiß er, dass es so nicht ist. Das Ende einer Reise ist nur der Anfang einer neuen. Man muss ansehen, was man noch nicht gesehen hat, noch einmal sehen, was man schon gesehen hat, im Frühling sehen, was man im Sommer gesehen hat, tagsüber sehen, was man im Dunkeln gesehen hat, bei Sonne, wenn es beim ersten Mal geregnet hat, die grünen Kornfelder, die reife Frucht, den Stein, der sich verlagert hat, den Schatten, der vorher nicht hier war. Man muss die Wege gehen, die man gegangen ist, sie wiederholen und neue Wege neben ihnen bahnen. Man muss noch einmal zur Reise aufbrechen. Immer wieder. Der Reisende kommt bald zurück.
Glossar
Afonso Henriques (1109?–1185) – erster portugiesischer König.
Afonso V.: (1432–1481) – ehrgeiziger König, eroberte Gebiete in Nordafrika, scheiterte jedoch an dem Vorhaben, die kastilische Krone mit der portugiesischen zu vereinen.
Alcácer Quibir – in der Schlacht von A. Q. (1578) gegen die Mauren im heutigen Marokko kam Dom Sebastião um, und Portugal fiel in der Folge an die kastilische Krone.
Alcoforado, Mariana (1640–1723) – ihre Portugiesischen Briefe an einen französischen Edelmann wurden berühmt, weil sie das Recht auf Liebe forderte. 1974 prangerten nach ihrem Vorbild drei Autorinnen in den Neuen portugiesischen Briefen die Unterdrückung der Frau in Portugal an.
Aljubarrota – in der Schlacht von A. (1385) errang Portugal einen vernichtenden Sieg über die Kastilier. Zum Gedenken daran wurde das Kloster Batalha (dt. »Schlacht«) errichtet.
Almeida, José Valentim Fialho de (1857–1911) – Schriftsteller, dessen Werk sich durch Bissigkeit und Sarkasmus auszeichnet.
Avis oder Aviz – erste portugiesische Dynastie, endete mit dem Tod von Dom Sebastião (1578) bzw. des Kardinal-Königs Dom Henrique (1580)
Azambuja, Diogo de (1432–1518) – Seefahrer
Bandarra, Gonçalo Anes (1500–1550 od. 1556) – Schuster und Dichter angeblich prophetischer Verse; rettete sich durch Widerruf seines Werkes vor dem Scheiterhaufen der Inquisition.
Beata Mafalda (1256–?) – seliggesprochene Prinzessin, Tochter des Königs Dom Sancho I.
Beatriz de Castela (1372–?) – in Kastilien verheiratete portugiesische Prinzessin, wollte Portugal der kastilischen Krone unterwerfen, wurde bei (vgl.) Aljubarrota geschlagen.
Bragança – zweite und letzte portugiesische Dynastie (1640–1910), endete mit der Absetzung des Königs Dom Manuel II. und der Ausrufung der Republik.
Branco, Camilo Castelo (1825–1890) – Klassiker der portugiesischen Literatur, hatte ein dramatisches Leben; unter anderem seine Blindheit im Alter trieb ihn in den Selbstmord.
Cabral, Pedro Álvares (1467/68?–1520/1526?) – Seefahrer, Entdecker Brasiliens.
Camões, Luís Vaz de (1524–1580) – portugiesischer Nationaldichter, Autor des Epos Os Lusíadas (1572), dt. Die Lusiaden (1806).
Castilho, João de (16.
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