Die Portugiesische Reise (German Edition)
von gestern, ist nicht weiter sehenswert. Der Reisende ist guter Dinge und macht sich auf den Weg zum Museu de Alberto Sampaio.
Der Reisende kann jetzt schon sagen, dass dieses hier eines der schönsten Museen ist, die er je gesehen hat. Andere haben vielleicht größere Sammlungen, besonders berühmte Einzelstücke oder Ornamente von feinerer Herkunft: Das Museu de Alberto Sampaio aber hält ein perfektes Gleichgewicht zwischen seinen Ausstellungsstücken und deren räumlicher und architektonischer Umgebung. Die Zurückgezogenheit und die ungleichmäßige Form des Kreuzganges im Kloster der Nossa Senhora da Oliveira fesseln den Reisenden, am liebsten würde er ewig hier bleiben und sich ausgiebig die Kapitelle und Spitzbögen ansehen, und da es überall sowohl schlichte als auch handwerklich ausgereifte Figuren zu sehen gibt, die alle durchweg wunderschön sind, läuft der Reisende Gefahr, zu erstarren und sich keinen Schritt mehr fortzubewegen. Was ihn rettet, ist die Ankündigung des Fremdenführers, in den anderen Räumen gäbe es weitere Herrlichkeiten zu bestaunen, und tatsächlich, es sind so viele, dass man ein ganzes Buch brauchte, um alle zu beschreiben: der Silberaltar von Dom João I. und das Kettenhemd, das er in Aljubarrota trug, die Santas Mães , die Flucht nach Ägypten aus dem 19. Jahrhundert, die Santa Maria a Formosa von Mestre Pero, die Heilige Jungfrau mit Kind von António Vaz, mit dem aufgeschlagenen Buch, dem Apfel und den beiden Vögeln, das Bild von Frei Carlos, auf dem der heilige Martin, der heilige Sebastian und der heilige Vinzenz zu sehen sind, und tausend andere wunderbare Gemälde, Statuen, Keramiken und Silbergeschirr. Für den Reisenden steht fest, dass das Museu de Alberto Sampaio eine der wertvollsten Sammlungen von Heiligenbildern Portugals sein Eigen nennen darf, nicht aufgrund der Vielzahl, sondern des überaus hohen ästhetischen Niveaus der meisten Exponate, von denen einige wirkliche Meisterwerke sind. Dieses Museum ist jeden Besuch wert, und der Reisende verspricht, immer wiederzukommen, wenn es ihn nach Guimarães verschlägt. Auf die Burg oder den Herzogspalast würde er verzichten, selbst wenn er es versprochen hätte, aber nicht auf das Museum. Der Fremdenführer und der Reisende verabschieden sich, voller Wehmut, denn er war der einzige Besucher. Aber im Sommer werden sicher ein paar mehr kommen.
Wir alle machen Fehler. Nachdem er das Museum verlassen hat, geht der Reisende durch die alten Straßen, sieht sich das alte Rathaus an sowie das Salado-Denkmal, und als er die Praça do Toural erreicht hat, versündigt er sich unfreiwillig gegen die Schönheit. Dort steht eine Kirche, deren Namen der Reisende am liebsten aus der Erinnerung löschen würde, denn sie ist ein Angriff auf den allgemeinen guten Geschmack und den Respekt, den jede Religion verdient: eine frömmlerische Atmosphäre par excellence. Der Reisende war gut gelaunt hineingegangen und kommt voller Ekel heraus. Im Museum hat er die Santas Mães gesehen und die rosengekrönte Jungfrau, die ebenfalls dort steht – weder die eine noch die anderen verdienten solch eine Beleidigung und Enttäuschung. Er hat noch längst nicht alles von Guimarães gesehen, aber der Reisende zieht es vor, weiterzufahren.
Am nächsten Morgen regnet es. So ist das Wetter, gerade noch scheint die Sonne, und einen Augenblick später gießt es in Strömen. Mit einigen Unterbrechungen regnet es bis Santo Tirso, aber als der Reisende nach Antas kommt, das ganz in der Nähe von Vila Nova de Famalicão liegt, klart es schließlich auf. Die ganze Gegend sieht aus wie ein einziger Vorort; übersät mit Häusern, hier ist der Fokus einer industriellen Ausbreitung zu spüren, die von Porto ausgeht. Die Pfarrkirche von Antas, romanisch, aus dem 14. Jahrhundert, taucht daher etwas unvermutet auf, sie scheint nicht recht in diese Gegend zu passen, deren ländlicher Charakter im Begriff ist, sich aufzulösen, weniger jedenfalls als noch das abwegigste Phantasieprodukt eines »Hauses/ maison mit fenêtres /Fenstern« ehemaliger Gastarbeiter. Seit er Trás-os-Montes verlassen hat, ist der Reisende bemüht, den über die Landschaft verteilten Scheußlichkeiten aus dem Weg zu gehen, den vier- oder achtfarbigen Giebeln, den Badezimmerkacheln auf Hauswänden, den schweizerischen Dächern und französischen Mansarden, den in Kreuzform am Straßenrand errichteten Loire-Burgen, den unvorstellbaren Zementmengen, dem Furunkel, dem Papageienkäfig, dem
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