Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
Vom Netzwerk:
ihn intrigierte, ohne jedoch irgendwelche Beweise dafür zu haben. Auch nachdem er sich mit dem alten Modellmeister Kleinmüller getroffen hatte, um zu hören, was zwischen diesem und Caspar vorgefallen war, schien er nicht viel schlauer geworden zu sein. Simon hatte ihr nur erzählt, dass Kleinmüller seltsam verdruckst auf ihn gewirkt hätte, als wüsste er mehr, als er preisgeben wollte.
    Benckgraff hängte den Schürhaken zurück an den Ständer neben dem Kamin und begab sich an seinen Platz.
    »Dann wollen wir mal … Herr Ebersberg, setzen Sie sich doch!«, sagte er aufmunternd zu Caspar.
    Diesem blieb nichts anderes übrig, als sich auf dem Stuhl gegenüber von Simon Feilner niederzulassen. Der Blick, den er Friederike zuwarf, war mehr als beleidigend. Doch sie hatte beschlossen, sich von Caspar und seinen Drohgebärden nicht mehr beeindrucken zu lassen. Freundlich lächelte sie zurück. Ohne hinzuschauen, wusste sie, dass Johannes und Simon sich kaum das Lachen verbeißen konnten. Auch Benckgraff schien ein Schmunzeln unterdrücken zu müssen.
    Ohne das leiseste Geräusch zu verursachen, stellte der Assistent des Manufakturdirektors ein Tablett mit fünf randvoll gefüllten Kaffeetassen, einer Schale Konfekt und fünf kleinen Tellerchen auf dem Tisch ab. Er schien genau zu wissen, wie viele Löffel Zucker sein Herr wünschte, und legte ihm dazu zwei sorgsam ausgewählte Pralinés zurecht.
    Ohne ihn weiter zu beachten kippte Benckgraff mit dem Stuhl so weit nach hinten, dass er mit ausgestrecktem Arm auf
seinen Schreibtisch greifen konnte. Es dauerte eine Weile, bis er ertastet hatte, was er suchte. Ein paar Blätter segelten gemächlich zu Boden, während er eine bunt bemalte Untertasse unter einem gefährlich schwankenden Stapel hervorzog. Schon war der Assistent herbeigeeilt, um die Papiere aufzuheben. Schwungvoll kippte Benckgraff seinen Stuhl wieder in Richtung Tisch, legte die Untertasse in die Mitte und sagte ernst:
    »Das kommt aus Vincennes. Göltz hat es mitgebracht. Er meint, wir sollten uns ein Beispiel daran nehmen. Seiner Meinung nach würden wir deutlich mehr verkaufen, wenn wir diese eleganten Farbmischungen ebenso herstellen könnten wie die Kollegen aus Frankreich. Sie wissen ja, in Vincennes sind sie dabei, sich einen Ruf für ihre leuchtenden Farben zu erarbeiten. Dieses Blau heißt dort bleu lapis .«
    Simon Feilner und Friederike beugten sich gleichzeitig vor, um den Teller an sich zu nehmen. Lachend überließ Simon ihr den Vortritt. Caspars Miene war so angespannt, als wollte er signalisieren, selten etwas Interessanteres gehört zu haben. Nur Johannes Zeschinger blieb unaufgeregt wie immer und zupfte sich ein paar Flusen von seinem ausgebeulten Pullover.
    »Der alte Kleinmüller hätte sicher gesagt, unsere Kunden wollen nichts Drastisches. Und diese Farben sind zu drastisch, keine Frage.«
    Zu Friederikes Überraschung hatte Benckgraff eine Art Kichern ausgestoßen. Der gesamte Fond der Untertasse leuchtete in einem dunklen, strahlenden Blau. Vorsichtig fuhr sie mit dem Finger über die glatte Oberfläche.
    »Das können wir auch! Wir haben genug Blautöne zur Verfügung. Wir machen einfach den gesamten Fond blau und bemalen erst nach dem Rohbrand«, meldete sich Caspar als Erster zu Wort. »Allerdings ist es schade, wenn alles so mit Farbe vollgeklatscht wird. Man sieht viel weniger vom Modell. Und natürlich lenkt die Farbe von der eigentlichen Intention des Künstlers ab.«

    »Das ist schon eine besondere Farbmischung.« Simon schüttelte den Kopf. »So leuchtend bekommen wir das nicht ohne Weiteres hin.«
    Mit dem Teller in der Hand drehte er sich zum Fenster, um das Werk der Franzosen bei Licht betrachten zu können.
    »Göltz möchte, dass einer von uns nach Vincennes geht und sich die Manufaktur mal von innen ansieht.«
    Nachdenklich schaute Benckgraff in die Runde, bis sein Blick an Friederike hängen blieb.
    Ja, frag mich, bitte, frag mich, ob ich nach Frankreich will! Vor Ungeduld konnte Friederike kaum an sich halten. Doch sie hielt es für klüger, ihr brennendes Interesse nicht allzu offen zu zeigen. Möglicherweise bewirkte sie damit nur das Gegenteil des Gewünschten, vor allem nachdem sie bei der Frankfurter Messe die Beobachtung der Konkurrenz versäumt hatte, was ja sogar ihre eigene Anregung gewesen war. Benckgraff hatte sie zwar mit keinem Wort getadelt, trotzdem war ihr seine Enttäuschung über ihr mangelndes Engagement nicht entgangen.
    »Ich habe an Sie

Weitere Kostenlose Bücher