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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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hinzufügte:
    »Herr Rütgers, eine Frage noch: Sie haben vorhin nachgehakt, als ich den Namen Bogenhausen erwähnte. Kennen Sie die Familie Bogenhausen bereits?«
    »Nein, nein«, beeilte sie sich zu erwidern. »Aber es wird mir eine Ehre sein, bald ihre … ich meine natürlich, bald die Bekanntschaft von Herrn Emanuel Bogenhausen zu machen.«

    Fast wäre ihr die Postkutsche vor der Nase weggefahren. Als Friederike in den Weidenhof gelaufen kam, war das Gefährt bereits angerollt und wollte gerade in die Zeil einbiegen. Es war noch stockdunkel draußen, und sie hatte verschlafen. Zwar hatte sie die Wirtin des Gasthofes in der Hasengasse gebeten, sie rechtzeitig zu wecken, aber diese hatte ihren Auftrag zu zaghaft ausgeführt, und so war sie prompt wieder eingeschlafen. Nun winkte sie dem auf dem Deichselpferd reitenden Postillion hektisch zu.
    »Ist das die Ordinari-Post nach Straßburg?«
    Völlig außer Atem klemmte sie ihren kleinen Koffer zwischen die Beine, um ihn nicht in den Matsch stellen zu müssen, und zückte ihren Reiseschein. Der Postillion hatte die Pferde zum Stehen gebracht und sah sich fragend zum Conducteur um.
    Dieser sprang vom Bock und riss Friederike den Schlag auf.
    »Viel Platz ist nicht mehr, junger Mann. Den Koffer nehmen Sie mal mit rein. Und das nächste Mal kommen Sie gefälligst pünktlich!«
    Sie steckte ihm rasch einen Kreuzer zu, bevor er die Tür wieder hinter ihr zuknallte. Ruckartig fuhr der Wagen an und warf sie auf einen der Fahrgäste.

    »Entschuldigung«, murmelte sie und blickte sich in der kaum erleuchteten Kutsche nach einem Platz um.
    »Was für eine Unverschämtheit!«, meckerte da auch schon der Mann, auf den sie gefallen war.
    Im selben Moment wurde ihr klar, dass es gar keine Sitzmöglichkeit mehr gab; man hatte ihren Platz einfach doppelt verkauft.
    »Könnten Sie vielleicht ein Stück zur Seite rücken?«
    So gut es ging, hielt sie sich mit den Händen an den beiden von der Decke herabbaumelnden Lederschlaufen fest, um in der schwankenden Kutsche nicht noch einmal das Gleichgewicht zu verlieren.
    »Ich habe meinen Platz voll bezahlt, dann will ich ihn auch voll in Anspruch nehmen!«, blaffte die Meckerstimme neben ihr. Dafür rückten die anderen Reisenden auf der Bankseite des Mannes ein wenig zusammen, sodass sie sich in die frei gewordene Lücke klemmen konnte. Ihren Koffer stellte sie vor sich auf den mit Stroh ausgelegten Boden.
    »Danke«, raunte sie dem alten Mann links neben ihr zu, der die Augen geschlossen hielt und zu schlafen schien. Er trug einen schwarzen Kaftan und einen hohen schwarzen Hut, hatte Schläfenlocken und einen langen Bart. Die geschlossenen Augen in dem biblisch anmutenden Gesicht ließen ihn einmal mehr aussehen wie eine Heiligenfigur. Neben ihm am Fenster saß eine übertrieben zurechtgemachte Dame mit einem verlebten Gesicht, von der, wie Friederike vermutete, der Amberduft ausging, der die ganze Karosse erfüllte.
    Der Mann zu ihrer Rechten hingegen wollte den Platz, den er für seinen gehalten hatte, nicht so leicht aufgeben. Nur widerwillig rückte schließlich auch er zur Seite. Demonstrativ zog er seine Taschenuhr hervor und sagte in die Runde:
    »Nun haben wir Verspätung!«
    Friederike blickte zu der anderen Bank hinüber. Schräg gegenüber saß ein fettleibiger älterer Herr mit einer riesigen
Allongeperücke, wie sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr in Mode war. Seine nicht minder übergewichtige Frau hatte sich bei ihm untergehakt und sich mit einer Pelzdecke zugedeckt. Um ihren feisten Hals gewickelt war eine dreireihige Perlenkette, mit den größten Perlen, die Friederike je gesehen hatte. Selbst in ihrem Haar steckten noch Perlen.
    Langsam ließ sie ihren Blick zu dem Mann in der anderen Ecke wandern. Sie konnte nur sein Profil sehen, so angestrengt starrte er aus dem Fenster. Das war er, ja, das war Carl Bogenhausen!
    Sein Bruder Emanuel hatte also nicht zu viel versprochen, als er bei seinem Besuch in der Porzellanmanufaktur vor einer Woche erstmals auch die Blaue Malerstube aufgesucht hatte. Benckgraff hatte seinen Stammkunden wunschgemäß mit dessen bevorzugtem Porzellanmaler, Friedrich Christian Rütgers, bekannt gemacht und dabei erwähnt, dass Rütgers in wenigen Tagen Richtung Frankreich aufbrechen werde, er also Glück habe, den Kollegen überhaupt noch in der Fabrique anzutreffen.
    »So, Sie fahren also zu Gott nach Frankreich?«, hatte der Gast in dem elegant geschnittenen blauen Rock und den auffällig

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