Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
Vom Netzwerk:
guter Vorgesetzter gewesen. Bei Ebersberg war man sich da nicht so sicher. Der Meißener schien seine Macht zu genießen. Er war voll im Rausch des frisch Gekürten, dessen Macht noch nie in Frage gestellt worden war. Ein Wort, ein Blick, und alle taten schweigend, was er angeordnet hatte.
    »Was nicht bedeutet, dass ich die ganze Sache nicht ernst nähme, Herr Rütgers«, ergänzte Benckgraff. »Ich habe Herrn Ebersberg angedroht, er würde seinen Posten verlieren, wenn er diese Behauptung noch einmal wiederholen sollte. Oder wenn ich von irgendwoher höre, dass er sie wiederholt hat. Er würde auch sonst nirgends Arbeit finden, dafür kann ich sorgen. Das habe ich ihm ebenfalls gesagt.« Aufmunternd lächelte er ihr zu. »Ich wollte nur, dass Sie davon erfahren. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe sehr deutlich mit ihm geredet. Er wird den Mund halten.«
    »Danke«, stammelte Friederike. Zögernd erhob sie sich. Der Gedanke, ob Benckgraff nicht womöglich von Anfang an über ihre wahre Identität Bescheid gewusst hatte und nun das Spiel einfach weiterspielte, schoss ihr durch den Kopf.

    »Wie kommt er nur auf so eine Idee?«, schimpfte dieser jedoch in dem Moment weiter. »Was für eine absurde Behauptung! Aber die Leute kommen ja täglich zu mir, um die anderen Kollegen anzuschwärzen. Ich bin das gewohnt. So etwas habe ich allerdings noch nie gehört. Das wird wirklich immer schöner! Dabei arbeiten Sie nicht einmal in seiner Abteilung! Ich verstehe gar nicht, warum er es nötig hat, Lügen über einen Malerkollegen zu verbreiten. Ach, wie ich diese Intrigen satt habe!«
    Der Manufakturdirektor sah müde aus. Mit einer schlaffen Handbewegung winkte er sie zur Tür hinaus.
    »Sie können gehen, Rütgers. Nehmen Sie sich vor Ebersberg in Acht! Und erzählen Sie es niemandem weiter. Auch nicht Johannes oder Simon Feilner! Solche Lügen entwickeln sonst ein Eigenleben, und irgendwann kommen die Leute auf den Gedanken, es könnte doch was dran sein.«
    Mit schleppenden Schritten stieg sie die Treppe hinunter. Sie konnte sich Caspars Verhalten nur so erklären: Wenn er sie nicht bekam, sollte auch kein anderer Mann sie haben, ja nicht einmal bewundernd anschauen. Er war eifersüchtig. Er wollte ihr Leben zerstören. Sie hatte ihm eine Abfuhr erteilt, und nun rächte er sich an ihr. Die Geschichte mit Anna, mit der er laut Josefine einen heftigen Flirt begonnen hatte, war wahrscheinlich nicht ernst gemeint. Oder er war so beleidigt, dass er sich einfach nur rächen wollte, obwohl er längst an einer anderen Frau interessiert war. Eine andere Erklärung fiel ihr nicht ein. Sie hatte sich Caspars Feindschaft zugezogen, weil sie nichts mehr von ihm wissen wollte. Das hatte ihn in seiner Ehre gekränkt. Er meinte, ein Recht auf sie zu haben.
    Sie hielt sich an Benckgraffs Empfehlung und erzählte nur Josefine von ihrer Unterredung mit ihm.
    »Wir müssen die Anna vor diesem Schwein warnen!«, sagte diese, als Friederike mit ihrem Bericht geendet hatte.
    Josefines Gesicht drückte Besorgnis aus. Seit Friederike ihr
von Caspars Vergewaltigungsversuch erzählt hatte, ließ sie kein gutes Haar mehr an dem Modelleur.
    »Anna wird nicht auf uns hören, fürchte ich. Sie muss selbst wissen, was sie tut, sie ist alt genug«, beendete Friederike das Gespräch.
    Aber ihr war weniger zuversichtlich zumute, als sie Josefine gegenüber eingestehen mochte. Die fehlgeschlagene Verleumdung nach der Geschichte mit den Nacktmodellen war nicht Caspars letzter Versuch gewesen, ihr zu schaden, so viel war gewiss.
     
    W enn Friederike in den darauffolgenden Tagen Caspar in der Manufaktur begegnete, grüßte er meist freundlich und lächelte, als wäre nichts geschehen. Als hätte er nie versucht, ihre Karriere zu zerstören. Josefine und Anna zerstritten sich. Anna war empört, dass Josefine schlecht über ihren Verlobten redete. Die kleine Lisbeth kam tagsüber nicht mehr zu ihnen. Stattdessen trug die alte Wanda sie auf dem Rücken mit aufs Feld.
    Die Kartoffelernte war schon in vollem Gange, als Josefine Friederike eines Abends wortlos einen Brief überreichte, der an Friedrich Christian Rütgers, Kronengasse, Höchst am Main, adressiert war. In Georgs Handschrift.
     
    Liebste Schwester, wie froh waren wir alle zu hören, dass es Dir gut geht! Schön, dass Caspar dort bei Dir ist und nach dem Rechten sehen kann. Charlotte und ich planen noch diesen Herbst eine Reise nach Paris, wo ich geschäftlich zu tun habe. Caspar hat Dir sicher

Weitere Kostenlose Bücher