Die Porzellanmalerin
ihrem Gegenüber zu erwarten. Es war klar, dass man bei von Löwenfincks Erfahrung mit Spionen aller Art hatte, schließlich war der Hausherr selbst einer. Kaum jemand hatte so oft die Seiten gewechselt wie Adam Friedrich von Löwenfinck.
S ie fuhren im Galopp zurück, weil Carl sich Sorgen machte, dass sie den Torschluss verpassen könnten. Die Glut in dem Kohlebecken zu ihren Füßen war erloschen, sodass es unangenehm kühl in dem offenen Cabriolet war. Erst als sie den hohen Nordturm des Straßburger Münsters von Weitem erkennen konnten, ließ Carl die Pferde endlich Schritt gehen.
»Eine interessante Frau, diese Maria Seraphia! Vielleicht solltest du auch einen Porzellanmaler heiraten. Das würde wahrscheinlich alle deine Probleme auf einen Schlag lösen.«
Mit einem feinen Lächeln um die Mundwinkel sah er sie von der Seite an.
Was sollte das jetzt? Ob sein Vorschlag ernst gemeint war? Friederike wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Stumm erwiderte sie seinen Blick. Wie konnte er sie, nachdem sie zwei so schöne Tage und Nächte miteinander verbracht hatten, mal eben so mit einem anderen verheiraten wollen? Oder wollte er sie nur auf die Probe stellen, um zu prüfen, wie stark ihre Gefühle für ihn waren?
»Wieso willst du unbedingt, dass ich heirate?«, fragte sie schließlich ein wenig pikiert. Sie vermochte nicht zu verhehlen, dass ihre gute Laune schlagartig verflogen war.
»Das will ich ja gar nicht! Vergiss, was ich gesagt habe. Es war wohl eine dumme Idee von mir …«
Carl wirkte betreten, als wäre ihm bewusst geworden, etwas Taktloses gesagt zu haben. Er schwang die Peitsche, um die beiden Rappen wieder in eine schnellere Gangart zu versetzen, als von hinten ein Gespann heranraste und sie mit einem riskanten Manöver auf der gerade einmal zwei Wagenspuren breiten Straße überholte. Fast stieß der Wahnsinnige mit einem entgegenkommenden Gefährt zusammen, dessen Fuhrmann die vorderen zwei Kaltblüter gerade noch zur Seite dirigieren konnte. Das Fuhrwerk war der erste Wagen einer langen Kolonne von etwa zehn schwer beladenen Karren, und die Pferde des dahinter fahrenden Wagens scheuten prompt und brachten die anderen
Pferde dazu, ebenfalls nervös zu werden. Carl fiel fast die Peitsche aus der Hand, und Friederike musste sich an ihren Sitz festklammern, um nicht herunterzufallen. Sie konnte ihm ansehen, dass er innerlich mit sich kämpfte, ob er dem Raser hinterhergaloppieren und ihn zur Rede stellen sollte. Schließlich sagte er nur: »Was für ein Dummkopf!« und lenkte die beiden Rappen langsam an dem Fuhrmann vorbei, der seine Tiere beruhigte, während ein Knecht mehrere heruntergefallene Bündel erneut auf dem Wagen festband.
»Man heiratet doch nicht nur, weil jemand beruflich zu einem passt!«, nahm Friederike den Faden wieder auf. Ihre Stimme klang noch immer verschnupft.
»Warum bist du so empfindlich?«
Carls Miene wirkte besorgt.
»Heiratest du Mathilde etwa nur aus beruflichen Gründen?«
Sie wusste nicht genau, was sie lieber hören wollte, ein Ja oder ein Nein. Beide Antworten würden ihr nicht wirklich behagen, das war klar, wollte sie doch auf keinen Fall, dass Carl und Mathilde mehr als nur strategisches Denken zusammengeführt hatte, aber ein gefühlloser, berechnender Carl, der aus reinem Kalkül heiratete, das wusste sie, ein solcher Carl würde ihr ebenso wenig gefallen.
»Natürlich, nur!« Er sah sie verwundert an. »Es gibt keinen anderen Grund für mich, Mathilde zu heiraten. Sie ist die perfekte Bankiersgattin. Ihre ganze Erziehung ist darauf ausgerichtet gewesen, dass sie eines Tages Kaufmanns- oder Bankiersgattin sein wird. Sie wird diese Rolle hervorragend ausfüllen. Sie wird unsere Gäste bewirten, Klavier spielen, in die Kirche gehen, mit den Damen des Frankfurter Patriziats Kaffee trinken, kurz: das ganze gesellschaftliche Leben um ihren Mann herum organisieren.«
Als Friederike keine Antwort gab, sondern nur die Zähne zusammenbiss, sodass sie ein leise knirschendes Geräusch von sich gaben, hakte er nach.
»Du willst mich doch nicht etwa heiraten - oder, Friederike? Eine Frau, die ihre Freiheit so liebt wie du, die ihren ganz eigenen Weg geht, denkt an so etwas? Das kann doch nicht dein Ernst sein!« Er schüttelt den Kopf. »Lass das Mathilde machen, Friederike! Die hält das durch. Dich würde dieses Leben sofort langweilen. Bemal du nur weiter dein Porzellan. Wir werden uns oft genug sehen, glaub mir!«
Seine Worte wirkten auf sie wie
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