Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
Vom Netzwerk:
hättest eine Aufgabe am Hals, die du eigentlich gar nicht willst, und könntest deinen Beruf höchstens nebenher noch ausüben. Es wäre wirklich keine gute Idee, wenn wir heiraten würden«, lächelte er versonnen. »Auch wenn mir die Vorstellung schon gefallen könnte …«
    Sie kuschelte sich an ihn. Das war alles, was sie hatte hören wollen. Sie beabsichtigte ja gar nicht, Carl zu heiraten; es reichte ihr völlig zu wissen, dass er sie theoretisch zur Frau nehmen würde. Die ganze Geschichte war sowieso unglaublich schnell gegangen: Vor zwei Tagen hatte sie ihm nur erklären wollen, warum sie ihn mehr oder weniger aus Versehen geküsst hatte, und nun schmiedeten sie fast schon gemeinsame Zukunftspläne.
    »Du hast recht«, lenkte sie ein, »lass uns nicht mehr davon sprechen. Es war dumm von mir, die beleidigte Leberwurst zu spielen. Wir kennen uns kaum, und überhaupt habe ich ja ganz andere Pläne …«
    Nun war es an Carl, sich gekränkt zu zeigen.

    »Wie, nun willst du etwa nicht mehr?«, fragte er.
    Sie war sich nicht sicher, ob seine Empörung gespielt oder echt war.
    »Komm, essen wir erst mal was«, lenkte sie vom Thema ab, »ich habe fürchterlichen Hunger.«
    Den ganzen Tag hatten sie nichts Richtiges gegessen, nach dem Schaumwein merkte sie erst, wie ausgehungert sie war.
    »Na gut«, knurrte Carl, um sie gleich wieder zurück an seine Brust zu ziehen. »Aber erst, wenn du mir versprichst, noch einen weiteren Tag bei mir zu bleiben. Einverstanden?«
    Aus großen braunen Kulleraugen schaute er sie bettelnd an, wie ein Hund, der auf eine Belohnung wartete.
    »Fehlt nur noch, dass du Männchen machst!«, lachte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Einverstanden, du hast mich überzeugt: Ich bleibe. Aber nur noch eine einzige Nacht, dann muss ich wirklich weiterziehen.«

8. KAPITEL
    F riederike fröstelte in ihrem schweren Wollmantel. Das rechte Kutschenfenster musste undicht sein, anders konnte sie sich den Zug, der im Wageninneren herrschte, nicht erklären. Auch ihre beiden Mitreisenden, zwei ältere Herren, die als Einzige von der ursprünglich siebenköpfigen Belegschaft übrig geblieben waren, hatten sich tief unter den mitgebrachten Decken vergraben. Wie lange die Fahrt wohl noch dauern mochte? Hoffentlich erkältete sie sich nicht - eine Grippe war das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte. Zumal sie ja noch nicht einmal wusste, wo sie die nächsten Tage übernachten sollte. Sie konnte nur beten, dass sie sofort in Vincennes angestellt und eine preisgünstige Unterkunft vor Ort finden würde. Oder wohnten die Mitarbeiter der Manufaktur im Schloss? Wahrscheinlich nur die höheren, dachte sie dann. So war es in Meißen schließlich auch gewesen.
    Sie würde keinen Zwischenhalt in Paris einlegen, hatte sie beschlossen, sondern sich direkt nach Vincennes begeben. Paris konnte warten; wenn alles gut lief, würde sie ohnehin mehrere Monate in der Region der Île-de-France verbringen, da blieb auch noch Zeit genug für einen Abstecher in die Hauptstadt. Benckgraff hatte gesagt, vor Johannis wolle er sie nicht wiedersehen; bis dahin habe sie ja wohl Gelegenheit genug, das Geheimnis des berühmten französischen Blaus herauszufinden.
    Dieser Benckgraff, schüttelte sie in Erinnerung an ihr letztes Gespräch den Kopf, manchmal stellte er sich die Dinge wirklich zu einfach vor! Viel an hilfreichen Informationen hatte der Alte
ihr nicht mit auf den Weg gegeben. Sie wusste kaum mehr über die Manufaktur, als dass es sich um eine Gesellschaft handelte, die zu einem Viertel dem französischen König Louis XV. gehörte. Und dass der Halbbruder des Finanz- und Bauministers, ein gewisser Marquis d’Orry de Fulvy, maßgeblich an ihrer Gründung beteiligt gewesen war. Ziel sei es gewesen, so hatte Benckgraff erzählt, selbst Porzellan herzustellen und die zahlreichen Importe aus Meißen zu unterlaufen.
    »Allerdings haben sie es bis heute nicht geschafft, echtes Hartporzellan herzustellen«, hatte der Höchster Manufakturdirektor mit einem schadenfrohen Grinsen hinzugefügt. »Frittenporzellan nennt man das, was die da machen. Nicht unhübsch und von einem wirklich bezaubernden Elfenbeinton, aber viel zu weich und stoßempfindlich. Es scheint in ganz Frankreich kein Kaolin zu geben, jedenfalls finden sie nichts. Und ohne Kaolin kein Hartporzellan, wie wir wissen …«
    Zum Abschied hatte er ihr noch einen Beutel mit ein paar Livres für ihre Reisespesen in die Hand gedrückt.
    Sie befühlte den

Weitere Kostenlose Bücher