Die Porzellanmalerin
misstrauischen Geschäftsmann Hannong. Ihm war zugetragen worden, dass die Straßburger Manufaktur
Probleme mit der französischen Krone hatte, weil diese Vincennes protegierte.
Friederike merkte, dass ihr die Augen zufallen wollten. Sie hatte einfach zu wenig Schlaf abbekommen in den letzten Tagen! Sie lächelte in sich hinein. Carl hatte gesagt, dass er direkt wieder zurück nach Frankfurt reisen wolle, sobald seine Angelegenheiten in Straßburg erledigt seien. Viel Zeit hatten sie also nicht mehr. Aber was sind wohl diese Angelegenheiten?, fragte sie sich wieder, während sie sich in die Kissen kuschelte und sich ihrer Müdigkeit überließ.
Am nächsten Morgen brachen sie zeitig auf, um nach Haguenau zu fahren. Carl hatte sich von seinen Geschäftsfreunden, über die er noch immer keine weiteren Auskünfte erteilt hatte, außer, dass auch sie im Bankgeschäft tätig seien, ein Cabriolet geliehen, vor das zwei edle Rappen gespannt waren. Außerdem war es beheizt: Die Glut eines Kohlebeckens hielt ihre Füße warm. Die Sonne schien über ihren Köpfen, und da die Straßen im Königreich Frankreich um einiges besser waren als im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, kamen sie zügig voran. Carl ließ die Pferde traben, und gegen Mittag erreichten sie den kleinen Ort nördlich von Straßburg.
Friederike hatte sich den Kopf darüber zerbrochen, wie sie wohl am besten in die Manufaktur eindringen konnte, ohne sich verdächtig zu machen, bis Carl vorgeschlagen hatte:
»Ich gebe mich einfach als interessierter Käufer aus. Und du bist mein Begleiter … Oder vielmehr mein Assistent«, hatte er grinsend hinzugefügt. »Wir handeln mit so vielem. Warum nicht auch mit Porzellan?«
Die Köpfe drehten sich nach ihnen um, als sie mit klappernden Hufen durch den kleinen Ort fuhren. Ein halbwüchsiger Junge, dem Carl einen Sou versprochen hatte, saß neben ihnen
und zeigte ihnen den Weg. Zu Friederikes Erstaunen sprach er von der einstigen Bedeutung der Stadt, die einige Jahrzehnte zuvor von den Truppen Louis’ XIV. gründlich zerstört worden war, als wäre er Geschichtsschreiber und kein Lumpenkind.
Kaum waren sie in dem Hof der Manufaktur vorgefahren, kam ein Mann auf sie zu, offenbar der Hausdiener. Bevor Carl auf seine Begrüßung einging, winkte er einen Knecht heran, der gerade mit vollgeladener Mistkarre den Hof überquerte, und befahl ihm, die Pferde zu versorgen. Dann wandte er sich in herrischem Ton an den noch immer geduldig wartenden Hausdiener.
»Ich komme aus Frankfurt und möchte sehen, was Sie an Waren da haben. Ich bin auf der Suche nach hochwertigen Porzellangütern und hoffe, dass Ihr Haus mir weiterhelfen kann.«
»Tut mir leid, Monsieur, der Herr Direktor ist nicht da.«
Der Mann klang nun etwas misstrauisch.
»Irgendjemand wird ja wohl da sein!«
Carl zückte eine Geschäftskarte, auf der in großen blauen Lettern »Bogenhausen und Söhne, Bankiers und Überlandhandel seit 1672« stand.
Der Hausdiener kratzte sich am Kopf. Immer wieder blickte er von der Karte zu Carl und zurück.
»Warten Sie einen Moment!«, sagte er schließlich und verschwand in einer Tür.
Es dauerte nicht lange, und eine imposante dunkelhaarige Frau in einer farbbeklecksten Kittelschürze trat heraus. Sie hatte einen Pinsel hinter dem Ohr klemmen und hielt eine Tonpfeife in der Hand.
Das musste Maria Seraphia sein, durchfuhr es Friederike. Die Frau Adam Friedrich von Löwenfincks und Tochter eines Fuldaer Porzellanmalers war selbst Künstlerin und schien tatsächlich auch in ihrem Beruf zu arbeiten.
»Mein Mann ist nicht da - den wollten Sie wahrscheinlich sprechen, nicht wahr?«, begrüßte die Frau ihre Besucher.
Sie war etwa in Friederikes Alter, und ihr mächtiger Bauch unter
der Schürze zeigte, dass sie ein Kind erwartete. Sie machte ihnen ein Zeichen, ihr in den spärlich eingerichteten Empfangsraum zu folgen, und schickte den Hausdiener, Kaffee zu holen.
»Wissen Sie, unser Haus hat den Auftrag erhalten, in großem Stil Porzellan und Fayencen einzukaufen - für einen äußerst wichtigen Kunden, der dabei ist, sich in Frankfurt neu einzurichten.« Carl beugte sich vor, um mit wichtigtuerischer Miene fortzufahren: »Sie werden verstehen, dass ich Ihnen keine Namen nennen kann, der Kunde wünscht äußerste Diskretion. Aber je zufriedener er mit der Warenlieferung ist, desto größer natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass es Folgeaufträge geben wird …«
Friederike konnte Maria Seraphia ansehen,
Weitere Kostenlose Bücher