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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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nicht verärgert zu sein, sondern sich, im Gegenteil, in ihrem plötzlichen Glanz zu sonnen. Als wäre die Leistung eines seiner engsten Mitarbeiter allein die Frucht seines eigenen Könnens. Mit selbstzufriedener Miene und vorgestrecktem Bauch stand er neben Boileau, der sich mit dem einen der beiden Lakaien unterhielt.
    »Wissen Sie was, mein Lieber« - der König hatte sich zu ihr hinuntergebeugt -, »wir setzen unsere Unterhaltung ein andermal fort. Hier scheint mir nicht der richtige Moment und auch nicht der richtige Ort zu sein. Ich möchte gern mehr über Sie - und über Meißen - erfahren«, lächelte er verschwörerisch. »Was halten Sie davon, wenn Sie mich und die Marquise demnächst einmal in Schloss Bellevue besuchen? Wenn mich nicht alles täuscht, findet dort auch bald wieder eine kleine Festivität statt, nicht wahr, Henri?«
    Er hatte mit seiner behandschuhten Rechten ungeduldig nach dem zweiten Kammerdiener gewinkt, der auch sofort an seine Seite gesprungen war.
    »Jawohl, Majestät«, hauchte der Mann. »In acht Tagen bereits. Ein Kostümball.« Er hüstelte diskret. »Und nicht wirklich klein, Sire: Madame erwartet etwa einhundert Gäste.«
    »Sie haben es gehört, Monsieur Rütgers. Kommen Sie also am nächsten Wochenende zu uns ins Schloss. Dort können wir ganz entre nous miteinander plaudern. Ich weiß, Ihr Deutschen seid da anders, aber bei uns Franzosen heißt es gern: ›Erst das Vergnügen, dann die Arbeit.‹ Lassen Sie uns also zunächst ein wenig feiern und vielleicht ja auch zusammen auf die Jagd gehen - man wird Ihnen erzählt haben, dass ich ein leidenschaftlicher Jäger bin, nicht wahr? - und anschließend über Meißen plaudern. Dann zeige ich Ihnen auch meine Pläne für
den Bau der neuen Manufaktur in Sèvres. Das hier« - er machte eine ausladende Armbewegung, die den ganzen Raum umfassen sollte - »ist ja alles ganz nett, aber ich möchte, dass unser Porzellan mindestens einen solchen Stellenwert wie das Ihrige erhält. Und das kann man in diesen alten Gemäuern einfach nicht erreichen. Schon lange nicht, wenn die Marquise und ich allein wegen der Entfernung von Versailles so wenig Einfluss auf die Entwicklung der Manufaktur nehmen können wie bisher.«
    Die letzten Sätze hatte er eher zu sich selbst als zu Friederike gesprochen. Ihr war jedoch nicht entgangen, dass sowohl Boileau als auch Bachelier jedes Wort mitbekommen hatten. Bachelier wirkte deutlich weniger begeistert als noch vor wenigen Minuten, während der Direktor gleich die Gelegenheit beim Schopf ergriff und eilfertig versicherte:
    »Natürlich wird Monsieur Rütgers Euch in Meudon besuchen, Majestät. Und euch ausführlich alles über Meißen erzählen, was Ihr wissen wollt, nicht wahr, lieber Rütgers?«
    »Vielleicht gelingt es mir ja sogar, ihm das Arkanum zu entlocken«, lachte der König nun wieder vergnügt.
    »Bis bald also!«, wandte er sich an Friederike, bevor er seine Gefolgsleute mit einem herrischen Kopfnicken aufforderte vorauszugehen und den Raum verließ.
     
    W enn das ihre Mutter erführe! Endlich hätte sie Grund gehabt, restlos stolz auf ihre Tochter zu sein. Wer wurde schon vom König von Frankreich zu einem Ball geladen? Der Adel von ganz Frankreich, ja von ganz Europa würde sich um eine solche Einladung reißen. Auch wenn es sich wohl nur um eine kleine, eher private Veranstaltung handelte. Ausgerechnet sie war nun eingeladen! Eine Bürgerliche! Ein einfacher Porzellanmaler! Nur weil dem König ihre blaue Zuckerdose so gut gefallen hatte. Das war kaum zu glauben.
    Doch so glamourös die Einladung einerseits war, jagte sie
Friederike andererseits auch Angst ein. Der König hatte deutlich zu verstehen gegeben, was ihn eigentlich an ihr interessierte: nicht sie als Person, sondern das Geheimnis um die Herstellung des Meißener Porzellans, das zu kennen er ihr offenbar unterstellte. Zum Glück verstand sie von den technischen Vorgängen, dem Modellieren oder Brennen viel zu wenig, als dass sie ihm gegenüber irgendwelche Einzelheiten hätte ausplaudern können, geschweige denn, dass sie im Besitz des Arkanums war. Aber ein noch größeres Problem als die fachliche Auseinandersetzung mit dem König und seiner Mätresse stellte der Kostümball selbst dar und die Frage, was sie dort anziehen und wo sie übernachten sollte. Auch hatte sie keinen blassen Schimmer von der Hofetikette. Und die angekündigte Jagd für den nächsten Morgen würde ebenfalls kein Zuckerschlecken werden. Zumal sie sich

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