Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
Vom Netzwerk:
nach wie vor ziemlich angeschlagen fühlte und allein der Gedanke, sich auf einen Pferderücken zu setzen, nachdem sie seit Tamerlanos Tod kein einziges Mal mehr geritten war, sie mit Schrecken erfüllte. Sie war noch nie auf der Jagd gewesen - wo und bei wem auch? Selbst wenn ihre Mutter immer so vornehm getan hatte: Das waren nun wirklich andere gesellschaftliche Kreise! Allein die Einladungskarte, die eine Gesellschafterin der Marquise, in einer pompösen Kutsche vorfahrend, für sie abgegeben hatte, war in der Manufaktur zum Gesprächsthema des Tages geworden. Alle hatten sich um die kleine Karte aus ägyptischem Papyrus gedrängt und gerätselt, ob die zierliche Handschrift wohl der Pompadour selbst oder bloß einer ihrer Untergebenen gehörte.
    Der alte Mathieu schmunzelte nur, als sie ihm ihre Sorgen anvertraute.
    »Über deine Unterbringung mach dir mal keine Sorgen, Frédéric, darum kümmert sich schon die Dienerschaft der Marquise. Und was das Kostüm betrifft: Hast du mir nicht erzählt, du würdest einen Schneider aus Paris kennen, der einige unserer Hofdamen einkleidet? Er kann dir doch bestimmt weiterhelfen!«

    »Aber die Jagd, Jean-Adam!«, beharrte sie. »Wie komme ich um diese verdammte Jagd herum?« Ihr fiel selbst auf, wie mutlos ihre Stimme klang.
    »Halte dich an die Pompadour, Frédéric! Sie wird dir helfen. Und wenn sie dir einen Ehrenplatz in ihrer Sänfte anbietet …« Ein verschmitztes Lächeln huschte über seine Lippen. »Aber jetzt solltest du rasch eine Depesche an deine Pariser Freunde aufgeben und ihnen deinen Besuch ankündigen!«

    Zwei Tage später saß Friederike in der Postkutsche nach Paris. Boileau hatte sie kurz vor ihrer Abreise noch in sein Bureau zitiert und ihr das Versprechen abgenommen, sich auf jeden Fall alle Zeit der Welt zu nehmen und dem König und der Pompadour ausführlich sämtliche Fragen zu beantworten.
    »Es geht um alles oder nichts, lieber Rütgers«, hatte er mit strenger Miene gesagt. »Wir sind nun einmal abhängig von der Gunst Seiner Majestät. Er kann den Laden auch dichtmachen, wenn er will. Zwar sind da noch die anderen Gesellschafter, die auch ein Wörtchen mitzureden haben, wenn es um die Zukunft der Manufaktur geht, aber de facto hat der König die Macht und das Geld. Je mehr Sie ihm das Gefühl geben, dass eine Investition in die Fabrique sich lohnt und dass die Franzosen den Deutschen durchaus Konkurrenz machen können, umso größer wird sein Ehrgeiz sein. Wir haben uns verstanden, nicht wahr?«
    Sie hatten sich schon per Handschlag voneinander verabschiedet, als Boileau noch etwas eingefallen war. Er hatte umständlich die Tür zu seinem Bureau wieder verschlossen, sich mit dem Rücken gegen seinen Schreibtisch gelehnt und nach einer kurzen Schweigepause hinzugefügt:
    »Herr Rütgers, das wollte ich Ihnen noch mit auf den Weg geben: Sobald Sie wieder zurück sind, sprechen wir zwei noch einmal über Ihre Zukunft hier bei uns in der Manufaktur. Ich habe
durchaus den Eindruck, dass Sie sich in Vincennes wohlfühlen und gar keine große Sehnsucht nach Ihrer Heimat verspüren. Auch gefällt mir, was Sie für rasche Fortschritte in der französischen Maltechnik machen und wie Sie gleichzeitig die Kollegen an Ihren speziellen Kenntnissen teilhaben lassen. Dass Sie es wissen: Bachelier muss nicht für immer und ewig Ihr Vorgesetzter bleiben …«
    Während die Postkutsche über das holprige Pariser Pflaster schaukelte, ließ sie die Unterredung mit dem Manufakturdirektor noch einmal Revue passieren. Du bist in Paris, meine Liebe, schau aus dem Fenster!, rief sie sich immer wieder in Erinnerung, aber sie war mit ihren Gedanken zu abgelenkt, um die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt wirklich wahrzunehmen. Obermaler in der Manufaktur des französischen Königs zu werden war eine Aussicht, die sie durchaus reizen konnte. Zumal sie das Geheimnis der leuchtenden Farben noch lange nicht endgültig gelüftet hatte. Benckgraff würde sich so oder so noch ein paar Monate gedulden müssen, wenn er wissen wollte, wie neben dem bleu lapis die anderen Grundierungsfarben hergestellt wurden. François hatte durchblicken lassen, dass Hellot und er bei der Erforschung des Gelb, Grün und Violett schon recht gute Fortschritte gemacht hätten, sie aber noch immer weit davon entfernt seien, eine preisgünstigere und vor allem nicht so aufwendige Methode der Pigmentherstellung zu finden.
    »Weißt du, Frédéric«, hatte er hinzugefügt, »ich glaube, die Intensität

Weitere Kostenlose Bücher