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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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war immer noch, dass Giovanni und die Contessa miteinander verlobt waren, wie Emilia in Köstritz ja ihr, Friederike, gegenüber behauptet hatte, und dass Giovanni sich einfach dieselben Rechte wie seine hemmungslose Braut herausnahm und mit jeder halbwegs attraktiven Frau anbändelte, die ihm über den Weg lief. So eben auch mit ihr und gleich danach mit dem Weimarer Fräulein. Aber dass er sie so schnell vergessen haben konnte! Sie hatte keine Sekunde daran gezweifelt, dass seine Gefühle für sie aufrichtig gewesen waren. Gut, sie hatte bisher kaum Erfahrungen mit Männern gemacht, aber sie besaß doch eine gewisse Menschenkenntnis! Oder vielleicht auch nicht, korrigierte sie sich mit einem traurigen Lächeln. In Charlotte hatte sie sich schließlich auch getäuscht. Einmal ganz zu schweigen von Caspar Ebersberg, und natürlich auch von Georg! Sogar ihre Mutter hatte sie am Ende im Stich gelassen und einfach über ihren Kopf hinweg einen Ehemann für sie ausgesucht. Nein, das war alles nicht sehr glücklich verlaufen! Blieb nur zu hoffen, dass sie wenigstens in Höchst keine weiteren Unannehmlichkeiten mehr erwarteten. Friederike schluckte. Selten hatte sie sich so einsam gefühlt.
    Ein paar betrunkene Burschen tauchten schwankend hinter einem Häuserblock auf. »Drum vivat hoch de Eppelwei, un vivat Sachsehause!«, hörte sie sie noch grölen, als sie schon längst in die nächste Gasse eingebogen war. Direkt vor ihr befand sich eine Weinwirtschaft, an deren grün gestrichener Eingangstür tatsächlich ein vertrocknetes Zweiglein steckte. Sie
schob die Tür auf. Schon draußen hatte sie das Stimmengewirr, das durch die geschlossenen Fenster drang, deutlich vernommen. Nun wurde sie beinah erschlagen von dem Lärm, der ihr entgegenschallte. Rasch überschaute sie den rauchgeschwängerten Raum. An der rechten Seite, am Ende einer langen Tafel war noch ein Plätzchen frei. Sie schob sich an den mitten im Raum stehenden Grüppchen schwatzender und trinkender Gäste vorbei, ging den Kellnern mit ihren schweren Tabletts aus dem Weg, und ließ sich aufatmend auf der Holzbank nieder. Ein Blick in die Runde sagte ihr, dass es sich bei ihren Tischnachbarn um besser gestellte Bürger handeln musste. Sogar ein paar Frauen saßen zwischen den wohlgenährten Herren, die ihren Gesprächen und der gediegenen Kleidung zufolge Händler und Kaufleute waren. Direkt gegenüber von Friederike saß ein jüngerer Mann ohne Perücke, aber mit einem umso schmuckeren Justeaucorps, der sie neugierig musterte.
    »Neu hier?«, fragte er nach einer Weile freundlich und hob sein Glas, um ihr zuzuprosten.
    »Auf der Durchreise«, antwortete sie wahrheitsgemäß und nahm einen großen Schluck aus ihrem Apfelweinglas, das ihr der Kellner unaufgefordert hingestellt hatte. Sie hatte ihm gerade noch zurufen können, dass er ihr etwas Warmes zu essen bringen solle, bevor er wieder im Getümmel verschwunden war.
    »Aus Sachsen, was?«, bemerkte ihr Gegenüber mit einem listigen Grinsen.
    »Woher wollen Sie das denn wissen?«, fragte sie halb verunsichert, halb empört. Sie bemühte sich, ihre Stimme möglichst tief klingen zu lassen, damit er ihr nicht noch mehr Wahrheiten auf den Kopf zusagen konnte.
    »Na, das hör ich doch!«, antwortete der Mann belustigt. »Bei all den Leipzigern, mit denen wir hier ständig zu tun haben … Und außerdem: Man sieht es auch«, fügte er, etwas ernsthafter geworden, hinzu. »Weiß der Himmel, woran. Die Kleidung, das Gesicht … Aber nichts für ungut, ich mag die Sachsen!«

    »Ich komme übrigens aus Meißen, nicht aus Leipzig«, korrigierte sie ihn eine Spur zu spitz.
    »Ach! Sie wollen bestimmt nach Höchst, was?«
    Ein selbstzufriedenes Lächeln hatte sich auf das Gesicht ihres Tischnachbarn gestohlen, der sich über die Treffsicherheit seiner Bemerkungen diebisch zu freuen schien.
    »Woher wissen Sie das denn?«, fragte sie erschrocken.
    »Nun, Sie sind kein Einzelfall, Herr … äh, wie war doch gleich Ihr Name?« Neugierig blickte er ihr ins Gesicht.
    »Rütgers. Friedrich Christian Rütgers. Ich bin Porzellanmaler. Und in der Tat auf dem Weg nach Höchst.«
    »Philipp Jacob Beyer, Apothekengehilfe«, entgegnete der Mann. »Ich stamme aus Höchst. Und das sind alles Freunde von mir.« Er machte eine ausladende Armbewegung in die Runde. »Sie handeln mit Medikamenten und sonstigen unverzichtbaren Waren für das leibliche Wohl.« Er zwinkerte anzüglich. »Aber nichts für ungut, wie ich kommen die meisten von

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