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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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gewaltige Männerbrust vor ihren Augen. Würde sie ihm nicht furchtbar wehtun, wenn sie ihm das Ding gegen den Körper rammte?
    »Nur keine Hemmungen!« Der Wiener schien ihre Gedanken zu erraten.
    Umständlich brachte sie ihre Füße in die Ausgangsposition, machte ein paar Ausfallschritte und tippte schließlich leicht mit der Schwertspitze gegen die Brust des Fechtmeisters.
    »Fester! Sie müssen richtig zustechen, Herr Rütgers! Von dem bisserl gibt’s ja nicht einmal einen Kratzer!«
    Doch er schien ihr nicht wirklich bei der Sache zu sein. Sie hatte bemerkt, dass er nicht sie angeschaut, sondern seinen Blick an ihr vorbei hatte schweifen lassen. Ein Kichern erhärtete ihren Verdacht, dass sie nicht länger allein im Schlosshof waren. Als sie sich umwandte, sah sie zwei Mägde in der Tür zum Marstall verschwinden, die in jeder Hand einen Wassereimer trugen. So ein Angeber, dachte sie erbost, dir werd ich’s zeigen!
    »Schon besser, Herr Rütgers, schon sehr viel besser, aber mit etwas mehr Kraft, wenn ich bitten darf! Und höher den Arm! Und jetzt noch einmal.«
    Schlosser hatte die rechte Hand lässig in die Hüfte gestützt, schien aber jetzt wieder hochkonzentriert zu sein.
    Die nächsten Attacken gelangen ihr tatsächlich viel besser, und als sie sich voneinander verabschiedeten und für die nächste Woche verabredeten, gab ihr der Lehrer den Rat, die frisch erlernten Stellungen und Schritte jeden Tag beharrlich zu üben.
    »Damit wir nächste Woche etwas Neues lernen können. Dann zeige ich Ihnen, wie man eine Waffe richtig hält.«
    Als sie in ihren Mantel schlüpfen wollte, konnte sie kaum mehr die Arme heben. Eine Bewegung hoch über ihrem Kopf lenkte ihren Blick zum Schlossturm hinauf. Eine dunkle Silhouette
hob sich von dem lichten Halbrund der Fensteröffnung ab. Ob der Mann schon länger dort gestanden hatte? Irgendwie sehnsuchtsvoll hatte seine Körperhaltung auf sie gewirkt. Als beneidete er sie um ihre Bewegungsfreiheit, während er selbst in dem engen Turm eingesperrt war. Wie ihre Fantasie mal wieder mit ihr durchging! Warum dachte sie jetzt an einen Gefangenen? Das war sicher nur der junge Herr, der Sohn des Erzbischofs, den Alexander Schlosser ebenfalls unterrichtete.
     
    E rst als sie die Manufaktur schon betreten hatte, fiel ihr wieder ein, dass Josefine ihr aufgetragen hatte, den Wiener Fechtmeister zum Essen einzuladen. Das würde sie nun leider auf die nächste Woche verschieben müssen, so lange hatte sich ihre Wirtin jetzt zu gedulden. Sie konnte noch immer nicht verstehen, warum Josefine so versessen auf Schlossers Bekanntschaft war. Aber nachdem selbst Charlotte, die sie in und auswendig zu kennen geglaubt hatte, sich in ihren intriganten Bruder Georg hatte verlieben können, wunderte sie sich über gar nichts mehr. Trotzdem vermutete sie, dass Josefine sich für den Wiener Kraftprotz nur interessierte, weil sie noch nie mit ihm geredet hatte. Sie mochte sich gar nicht ausmalen, was für ein entsetzlicher Abend das werden würde, wenn dieser muskelbepackte Aufschneider bei ihnen soupierte.
    Johannes Zeschinger legte den großen Teller aus der Hand, auf dem er gerade ein Deutsches Blumenbukett angebracht hatte, als sie die Blaue Malerstube betrat. Mit einem mokanten Lächeln auf den Lippen drehte er sich auf seinem Stuhl um.
    »Guten Morgen, der Herr! Sind Sie jetzt nicht etwas zu fein für uns?«
    Sie hatte nur ihm und Benckgraff erzählt, dass sie Fechten lernen wollte. Beide hatten sich über sie lustig gemacht, als hätte sie mit ihrer Entscheidung beabsichtigt, sich über ihren Stand zu erheben und die Attitüden eines vornehmen Herrn anzunehmen. Dabei wollte sie nur in der Lage sein, sich im Notfall zu
verteidigen. »Warum lernen Sie dann nicht Schießen oder Boxen?«, hatte Benckgraff gefragt. Sie hatte darauf keine Antwort gewusst, dachte aber mittlerweile, dass sie wahrscheinlich auch besser Schießen und Boxen lernen sollte. Es konnte nichts schaden, alles zu beherrschen.
    Sie wollte sich gerade eine kluge Erwiderung zurechtlegen, als ihr ein seltsamer Geruch in die Nase stieg. Schnuppernd durchschritt sie den Raum.
    »Hier riecht’s doch komisch! Was ist passiert, Johannes? Ich kenne diesen Geruch: So riecht es, wenn ein Haus abbrennt …«
    Panik stieg in ihr auf. Zu gut hatte sie noch den Brand von Hanau in Erinnerung, bei dem ihr geliebter Tamerlano umgekommen war und auch sie selbst um ein Haar den Tod gefunden hatte.
    »Tja, mein Lieber, wer nicht kommt zur rechten

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