Die Priesterin von Avalon
gesehen… lass mich Leben in dir erzeugen…«
Seine Hände strichen noch behutsamer und mit noch stärkerem Verlangen als zuvor über meinen Körper, und ich öffnete mich seiner Berührung weiter als je zuvor. Auf dem Gipfel erhob er sich über mir, und ich sah seine verzückten Gesichtszüge im Feuerschein.
»Die Sonne!«, keuchte er. »Die Sonne scheint um Mitternacht!«
In diesem Augenblick kam auch ich zum Höhepunkt und konnte ihm nicht sagen, dass es nur das Freudenfeuer war, das zur Feier des Sieges hell aufloderte.
In der stillen Stunde vor Morgengrauen, in der es zu dieser Jahreszeit wirklich kühl war, stand ich auf, um Wasser zu lassen. Als ich vom Abtritt kam, stellte ich mich eine Zeit lang ans Fenster und schaute hinaus. Ich genoss die frische Luft auf der nackten Haut. Das Feuer auf dem Forum war heruntergebrannt, und der Schlaf, neben dem Tod der größte Eroberer, hatte die Feiernden übermannt. Selbst Hylas, der mit mir aufgestanden war, hatte sich wieder zusammengerollt.
Ich vernahm ein Geräusch im Bett und drehte mich um. Konstantius klammerte sich an die Bettlaken und stöhnte. Unter den fest geschlossenen Augenlidern drangen Tränen hervor und liefen über seine Wangen. Rasch legte ich mich wieder neben ihn und nahm ihn in die Arme. Einst war ich diejenige, die Albträume hatte, doch seitdem ich Avalon verlassen hatte, träumte ich nicht mehr.
»Ist schon gut«, murmelte ich und wusste, dass der Ton ihn erreichte, nicht die Worte. »Es ist alles in Ordnung, ich bin bei dir…«
»Die Sonne scheint um Mitternacht…«, stöhnte er. »Der Tempel brennt! Apollon! Apollon weint!«
Ich besänftigte ihn und fragte mich, ob er das während des Feldzugs erlebt hatte. Der Sonnengott war die persönliche Gottheit des Kaisers - ich konnte nicht glauben, dass er bereitwillig ein Heiligtum vernichten würde, aber ich hatte gehört, dass die Zerstörung im Krieg zuweilen außer Kontrolle gerät. »Schsch, mein Geliebter, mach die Augen auf - der Morgen ist angebrochen, siehst du? Apollon fährt seinen Triumphwagen über den Rand der Welt…«
Mit Mund und Händen machte ich mich daran, ihn zu wecken, und wurde sogleich belohnt, als er unter meiner Berührung erneut reagierte. Diesmal waren wir langsam und zärtlich. Am Ende war Konstantius wieder wach und lächelte.
»Ah, meine Königin, ich habe dir Geschenke mitgebracht…«
Nackt tapste er zu dem Beutel, den jemand hereingebracht und gleich neben der Tür abgestellt hatte, während wir schliefen. »Ich wollte dich für unsere erste gemeinsame Nacht nach meiner Rückkehr darin einkleiden, aber dein nachtschwarzes Haar steht dir am besten…«
Er kramte in dem Beutel und zog einen Gegenstand heraus, der in ungebleichtes Leinen eingeschlagen war. Als das grobe Tuch zu Boden fiel, wurde das Auge von leuchtenden Farben geblendet. Konstantius schüttelte einen seidenen Chiton aus, im echten, kaiserlichen Purpur gefärbt, und hielt ihn mir hin. »Liebster, das ist zu prächtig!«, rief ich, nahm aber das Kleidungsstück entgegen und bestaunte das feine Gewebe. Ich zog es mir über den Kopf und schauderte, als die Seide sich zärtlich an meine Haut schmiegte, und wiegte mich, da ich die weichen Falten an meinem Körper spürte.
»Bei den Göttern, Purpur steht dir!«, rief er begeistert mit blitzenden Augen.
»Aber ich kann es nie anziehen«, mahnte ich ihn.
»Draußen nicht«, stimmte er zu, »aber in unserem Schlafzimmer bist du meine Kaiserin und meine Königin!«
Ob im Bett oder draußen, bist du mein Geliebter, mein Kaiser! , dachte ich und bewunderte das Ebenmaß seines kräftigen, nackten Körpers, doch selbst hier wagte ich diese Worte nicht laut auszusprechen.
Konstantius legte einen Arm um mich und zog mich ans Fenster, das nach Osten ging. Ich seufzte hingebungsvoll und im Gefühl einer Erfüllung, wie ich es noch nie erlebt hatte. Bestimmt , so dachte ich, habe ich nach einer solchen Nacht ein Kind empfangen .
Gemeinsam sahen wir zu, wie die Sonne sich wie ein siegreicher Herrscher über den Horizont erhob und die Mysterien der Nacht aus der Welt verbannte.
9. Kapitel
A.D. 272
In Britannien war der September stets ein Monat mit verhangenem Sonnenschein gewesen, doch das Forum in Naissus leuchtete zu dieser Jahreszeit gleißend hell unter strahlend blauem Himmel. Im Schatten des Sonnensegels, das zum Schutz der Offiziersfamilien errichtet worden war, spürte ich, wie die Hitze von den Pflastersteinen auf dem Platz in Wogen
Weitere Kostenlose Bücher