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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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aufstieg. Als Konstantius mir von seiner Versetzung erzählt hatte, war ich der Hoffnung gewesen, die Ebenen, die in Dakien an den Danuvius grenzten, wären kühler als Bithynien, da sie weiter im Norden lagen, doch im Sommer war diese Stadt im Landesinnern anscheinend noch heißer als Drepanum, wo man zumindest zeitweise eine Brise vom Meer gespürt hatte. Schweiß bildete sich unter meinem Stirnband, das ich trug, um den Halbmond auf meiner Stirn zu verbergen. Ich holte tief Luft und hoffte, nicht ohnmächtig zu werden. Nach drei Monaten Schwangerschaft wurde mir morgens und in Abständen auch tagsüber noch immer schlecht.
    Vielleicht war es Hunger, der das Schwindelgefühl verursachte, denn ich hatte nicht gewagt, vor den Feierlichkeiten etwas zu essen. Vielleicht lag es aber auch an dem schweren Weihrauchduft. Zwei Priester schwenkten neben dem Altar ihre Gefäße; mit jedem Schwung kräuselte neuer Rauch empor. Der Dunst zog wie ein hauchdünner Vorhang vor die Säulen, die den Platz im Westen säumten, wo das Gelände zum Narvissus-Fluss hin abfiel. Jenseits der Ziegeldächer schillerten glitzerndes Wasser, goldene Stoppelfelder und niedrige blaue Hügel in der Hitze, wesenlos wie ein Traum.
    »Ist dir schlecht?«, fragte jemand neben mir.
    Blinzelnd nahm ich das kantige, dunkle Gesicht der Frau neben mir in Augenschein. Sie hieß Vitellia, fiel mir ein, die Frau eines Protektors, eines Kollegen von Konstantius.
    »Nein, aber bald«, antwortete ich errötend. »Ich bin nicht krank, es ist nur…« Wieder stieg mir die Röte ins Gesicht.
    »Ach so. Ich habe vier Kinder zur Welt gebracht, und bei dreien war mir schlecht wie einer Hündin - dabei klagen Hunde in der Regel nicht über morgendliche Übelkeit…«, fügte sie hinzu und entblößte große Zähne, als sie lächelte. »Das erste bekam ich, als wir in Argentoratum stationiert waren, das zweite und dritte in Alexandria, und das letzte wurde in Londinium geboren.«
    Ich schaute sie voller Hochachtung an. Sie war dem Adler quer durch das ganze Imperium gefolgt. »Ich komme aus Britannien…«, sagte ich.
    »Mir gefielt es dort«, konstatierte Vitellia energisch nickend, wobei ihre Ohrringe ins Schwingen gerieten. An einer zarten Kette blinkte ein kleiner goldener Fisch auf ihrer Brust. »Wir haben noch immer ein Haus dort, und vielleicht gehen wir dorthin zurück, wenn mein Gemahl sich zurückzieht.«
    Die Prozession war fast zu Ende. Die Flötenspieler hatten sich neben dem Altar verteilt, und die sechs jungen Frauen, die Blumen gestreut hatten, reihten sich auf der anderen Seite auf. Die Priesterin, die ihnen folgte, blieb vor dem Altar stehen, warf eine Handvoll Gerste in das Feuer und rief Vesta an, die in der Flamme lebte.
    »Ich habe gehört, dass du von der Insel stammst«, sagte Vitellia. »Dein Mann ist von dort aus dem Exil zurückgekommen und hat sich beim Feldzug in Syrien so bewährt, dass er Tribun geworden ist.«
    Ich nickte und war ihr dankbar ob ihrer beiläufigen Anerkennung meiner etwas unklaren Beziehung zu Konstantius. Seit seiner Beförderung brachten mir einige Frauen, die mich zuvor geflissentlich übersehen hatten, überbordende Liebenswürdigkeit entgegen, doch Vitellia fiel mir als eine Frau auf, die sich einer Fischhändlerin gegenüber nicht anders verhalten würde als einer Kaiserin. Bei dem Gedanken richtete ich meinen Blick wieder auf das Forum.
    Der Kaiser thronte auf einem überschatteten Podium hinter dem Altar im Kreise seiner hochrangigen Offiziere. Aurelian sah aus wie eine Götterstatue, doch als Konstantius mich ihm vorstellte, war ich überrascht, dass er so klein war, schütteres Haar und müde Augen hatte.
    Wie von selbst wanderte mein Blick an das Ende der Reihe, wo Konstantius stand, direkt am Rande des Schattens. Wenn er sich bewegte, fing sein Brustpanzer das Sonnenlicht ein. Ich kniff die Augen zusammen - einen Moment lang hatte es so ausgesehen, als stünde er in einer Aureole von Licht. Aber natürlich , dachte ich lächelnd, für mich sieht er immer wie ein Gott aus . Die Rüstung blitzte erneut auf, dann richtete er sich auf, als die Priester mit dem Opferstier durch den Torbogen traten. Das Tier war weiß, Hörner und Hals mit Girlanden geschmückt. Es ging langsam; ohne Zweifel war es betäubt worden, um einem unheilvollen Kampf vorzubeugen, der die Feierlichkeit verdorben hätte. Die Prozession hielt vor dem Altar an, und der Priester begann, die Gebete anzustimmen. Der Stier verhielt sich ruhig und

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