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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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allmächtigen Wesens verkünden, das über allen Göttern stand.
    Auf Avalon war mir ein solcher Gedanke auch schon begegnet, obwohl es bei uns die Große Göttin war, die wir als All-Mutter betrachteten. Doch man hatte mich auch gelehrt, dass ein ehrlicher Wille zur Verehrung die Quelle hinter allen Bildern findet, ganz gleich, wie man sie nennt, und deshalb legte ich mir die Hände auf den Leib, schloss die Augen und bat im Stillen darum, dieses Kind austragen und gesund zur Welt bringen zu können.
    »Komm, Helena«, sagte Vitellia. »Die Feier ist vorbei, und du willst deinen Herrn nicht warten lassen. Es heißt, Konstantius sei ein Mann mit Zukunft. Du musst beim Festmahl einen guten Eindruck machen.«

    Ich hatte gehofft, Vitellia und ich säßen beim Bankett vielleicht nebeneinander, doch Konstantius führte mich zu einer Liege direkt unterhalb des Podiums, während Vitellia mit ihrem Mann im hinteren Teil des Raumes blieb. Sie hat Recht gehabt , dachte ich, während ich mich ausstreckte, mein Gewand sittsam über die Fesseln breitete und zusah, wie Konstantius mit dem Kaiser redete. Es war offensichtlich, dass mein Gemahl Aurelians Gunst erworben hatte. Ich versuchte, das spekulative Getuschel der Frauen neben mir zu überhören. Konstantius hätte mich ohne den Segen Aurelians nicht hierher gebracht, und was der Kaiser guthieß, konnte keine Klatschbase von noch so hohem Stand in Abrede stellen.
    Auf der nächsten Liege saß einer der hünenhaftesten Männer, die ich je gesehen hatte. Offenbar war er Germane, vom flachsfarbenen Haar bis hin zu den kreuzweise geschnürten Kniehosen und den muskulösen Armen, die unter den kurzen Ärmeln seiner Tunika hervortraten. Um den Hals trug er einen Torques, einen goldenen Halsring, und seine Armreifen waren ebenfalls aus Gold.
    »Du bist Helena, nicht wahr, Herrin?«, fragte er. Ich errötete, denn anscheinend hatte er mich dabei erwischt, wie ich ihn musterte, doch er schien es nicht übel zu nehmen. Bei einem solchen Körperbau musste er daran gewöhnt sein, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. »Konstantius hat viel von dir erzählt.« Er hatte einen gutturalen Akzent, aber sein Latein war so gut, dass er schon lange in den Legionen gedient haben musste.
    »Hast du auch an dem Feldzug teilgenommen?«
    »In der Wüste…« Er verzog das Gesicht und streckte einen dunkelroten Arm vor, dessen helle Haut von der Sonne verbrannt war.
    Ich nickte verständnisvoll. Sehr bald hatte ich erfahren, dass es kein Gebot der Sittlichkeit, sondern Notwendigkeit war, welche die Frauen zwang, einen Schleier zu tragen, wenn sie in diesem Land nach draußen gingen.
    »Ich bin der Anführer der Hilfstruppen - der alemannischen Speerträger. Ihr Römer könnt meinen Namen nicht aussprechen.« Er grinste. »Deshalb nennt man mich Crocus. Dein Mann hat mir in Ancyra das Leben gerettet, mehr, als seine Pflicht ihm auferlegte. Ich habe ihm den Treueid geschworen, der auch meine Familie bindet.«
    Ich verstand ihn vielleicht besser als manche Römerin, denn mir war klar, dass sich diese Treue auch auf Konstantius' Familie erstreckte.
    »Hab Dank. Mein Vater war ein britannischer Stammesfürst, und ich weiß, was es für dich bedeutet. Ich nehme deine Dienste an, für mich und mein Kind.« Dabei legte ich mir die Hand auf den Leib.
    Crocus verneigte sich noch ehrerbietiger als zuvor. »Es stimmt also, was er von dir gesagt hat.« Er hielt inne, als ich eine Augenbraue hob, und fuhr dann fort: »In meinem Volk wissen wir, dass Frauen heilig sind, wenn er also sagt, dass du wie eine Göttin bist, weiß ich jetzt, dass es stimmt.«
    Dass Konstantius so dachte, überraschte mich nicht, doch solche Worte gehörten in die Vertrautheit des Schlafzimmers. Unwillkürlich fragte ich mich, in welch außergewöhnlicher Gefahr er mit diesem Mann gesteckt haben mochte, dass er ihm sein Innerstes in dieser Weise offengelegt hatte. Doch ich hatte bereits erkannt, dass es Dinge gab, über die ein Soldat zu Hause nicht sprach, Dinge, die Konstantius in meinen Armen zu vergessen suchte, und die ich wahrscheinlich nie erfahren würde.
    »Dir und deinem Kind«, wiederholte er meine Worte, »schwöre ich die Treue, euch gegen alle Feinde zu schützen und zu verteidigen.«
    Der Lärm der allgemeinen Unterhaltung hatte nachgelassen, und Crocus und ich fielen in tiefes Schweigen. Mit tränenverschleierten Augen senkte ich den Kopf. Es war lange her, seitdem ich meine übersinnlichen Kräfte eingesetzt hatte, durch

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