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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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eingeschlafen sein.«
    »Geht es dir gut? Ist das Kind…«
    Erschrocken legte ich mir die Hand auf den Leib, aber es war alles in Ordnung. »Er ist der Sohn eines Soldaten«, sagte ich und brachte ein Lächeln zustande. »So ein bisschen Lärm kann ihm keine Furcht einjagen.«
    Aber die Goten hatten sich gefürchtet, dachte ich zufrieden, wenn das, woran ich mich erinnerte, wahr und kein Traum gewesen war.
    Nach diesem Erlebnis schickte ich Philipp jeden Morgen zum Markt, um Neuigkeiten einzuholen, bis ein Brief von Konstantius kam, in dem er mir mitteilte, er sei gesund und ich müsse mir keine Sorgen machen, wenn ich von einer Schlacht hörte. Er sei nicht verwundet, und der gotische König Cannabaudes sei im Kampf getötet worden. Im Übrigen - hier konnte ich förmlich das unbehagliche Gelächter hören, mit dem Römer reagierten, wenn sie glaubten, die Mächte, die sie anbeteten, könnten wirklich vorhanden sein - behaupte Crocus, der Feind sei von einer Göttin mit meinem Gesicht vertrieben worden…
    Als wir beim Großen Ritual zum ersten Mal zusammengekommen waren, hatte Konstantius mich als Göttin gesehen, ebenso in der Nacht, in der ich mein Kind empfing. Warum, so fragte ich mich, sollte ihn das überraschen?
    Die Römer, überlegte ich mir, als ich das Umhängetuch fester um mich zog, neigten dazu, in Extreme zu verfallen - entweder hielten sie daran fest, dass die sichtbare Welt nur ein unvollkommenes Spiegelbild des Idealen sei, das der Philosoph zu durchdringen versuche, oder sie glaubten, in einer Welt unberechenbarer Kräfte zu leben, die man beständig versöhnen müsse. Der eine verachtete die Welt, während der andere sich vor ihr fürchtete, und die Christen, so hatte ich erfahren, machten beides, sie riefen ihren Gott an, sie vor seinem Urteil zu bewahren.
    Doch alle glaubten an Omen. Hätte Konstantius nicht für mich gesorgt, dann hätte ich mir als Seherin meinen Lebensunterhalt verdienen und die Fähigkeiten einsetzen können, die ich auf Avalon gelernt hatte. Und welches Omen, so fragte ich mich, sollte ich in meiner Vision von der Schlacht finden? Ich legte eine Hand auf meinen Bauch und lächelte, als ich winzige Bewegungen darin spürte.
    War es dein tapferer Geist, der mich inspiriert hat, mein Kleiner? Du wirst sicher ein großer General, wenn du schon hilfst, Schlachten zu gewinnen, noch ehe du geboren bist!
    Woran glaubte ich? Ich fürchtete mich nicht vor der Welt, aber ich lehnte sie auch nicht ab. Wir auf Avalon hatten einen dritten Weg gelernt. Meine Ausbildung dort hatte mich gelehrt, in allem den Geist zu sehen und zu erkennen, dass die Welt im Großen und Ganzen ohne übermäßiges Interesse an der Menschheit ihren Lauf nahm. Der Rabe, der auf dem Dachfirst krächzte, wusste nicht, dass der Mensch, der ihn hörte, eine Botschaft vernahm - der Verstand des Menschen musste verändert werden, damit er dem Schrei eine Bedeutung beimaß, nicht der Vogel. Allen Dingen wohnte ein Geist inne; mit dieser Erkenntnis in Einklang zu leben war die Art der Weisen.
    Das Kind regte sich erneut in meinem Bauch, und ich lachte, denn mir wurde wieder einmal klar, warum wir eine Göttin sahen, wenn wir versuchten, der Höchsten Macht ein Gesicht zu verleihen. Nachdem die ersten Monate der Gewöhnung an die Schwangerschaft vorüber waren, ging es mir so gut wie nie. Gefüllt und erfüllt, war ich mir in erhöhtem Maße meines Körpers bewusst und zugleich eins mit der Lebenskraft, die in allem floss.

    Im Verlauf des Winters, während mein Leib anschwoll, wurde meine Euphorie von der Einsicht gedämpft, warum die Göttin zuweilen den Wunsch hegen mochte, ihre Schöpfung möge für sich selbst sorgen. Ich triumphierte in meiner Rolle als menschliches Füllhorn, aber es wäre hin und wieder auch eine Erleichterung gewesen, wenn ich meinen reifen Bauch einfach hätte absetzen können. Als Konstantius und die Dardanier schließlich zu Beginn des zweiten Monats des neuen Jahres von ihrem Feldzug heimkehrten, erschien es mir, als hätte ich für eine Statue von Taueret Modell stehen können, der nilpferdgestaltigen ägyptischen Göttin der Geburt.
    Sobald sie von meinem Zustand erfahren hatten, waren die Frauen der Offiziere, die an der Seite von Konstantius dienten, schnell mit allen möglichen Geschichten über die Schrecken des Kindbetts bei der Hand, die offensichtlich einem reichhaltigen Märchenschatz entstammten, während sie mir fröhlich die Dienste ägyptischer Ärzte und griechischer

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