Die Priesterin von Avalon
das Herz. Als Probus Konstantius zu einem seiner Tribune wählte und uns nach Sirmium schickte, hatte ich Mühe, mich darüber zu freuen.
Konstantin war ziemlich aufgeregt, als er hörte, dass wir in einem Palast wohnen würden. Doch inzwischen hatte ich einige Erfahrung in Haushaltsführung und wäre mit einer gemütlichen kleinen Villa am Rande der Stadt viel glücklicher gewesen. Einer neuen Villa. Der Palast, den Probus zu seinem Hauptquartier ausersehen hatte, war ursprünglich vor hundert Jahren von Marc Aurel errichtet worden. Es war nicht abzuschätzen, wann er zuletzt instand gesetzt worden war. Die Fresken an der Wand waren dort, wo Feuchtigkeit eingedrungen war, von unheilvoll aussehenden Flecken entstellt, und die Wandbehänge hatten Löcher, wo Mäuse am Werk gewesen waren.
Aber der Kaiser hatte nun einmal befohlen, dass er mit seinem Stab hier einziehen würde, und da Konstantius der ranghöchste Offizier war, dessen Frau bei ihm lebte, war mir die Aufgabe zugefallen, den Palast für uns alle wohnlich herzurichten. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn, denn es war einer der heißesten Tage in einem außergewöhnlich warmen Sommer, und wies die Dienerinnen an, das Wasser zu wechseln, mit dem sie die Wände abschrubbten.
»Wenn ich einmal groß bin, werde ich neue Paläste bauen«, hatte Konstantin zu mir gesagt, als wir einzogen. Ich glaubte ihm. Als kleines Kind schon hatte er mit den Möbeln Festungsanlagen gebaut. Neuerdings scheuchte er die Kinder der anderen Offiziere, die ihm helfen sollten, im Garten Gebäude zu errichten - Pavillons und Spielhäuser, geschützt von Befestigungen, die mit militärischer Präzision geplant waren.
Ich vernahm ausgelassenes Kinderlachen und den Befehlston meines Sohnes, der sie alle übertönte. Atticus, der Grieche, den wir gekauft hatten, damit er Konstantin unterrichtete, hatte ihnen für den Nachmittag freigegeben, denn er sagte, es sei zu heiß, um drinnen zu lernen. Das Spiel war offenbar eine andere Sache. Die Jungen arbeiteten allem Anschein nach bereitwilliger als die Soldaten, die der Kaiser darangesetzt hatte, Gräben durch das Sumpfland unterhalb der Stadt zu ziehen.
»Vielleicht wird er einmal Konstrukteur bei den Legionen«, hatte Konstantius festgestellt, als er am Abend zuvor nach Hause gekommen war und die Anlage mit erfahrenem Blick begutachtete.
Aber ich glaubte nicht, dass unser Kind sich damit zufrieden gäbe, Wälle nach militärischen Vorschriften zu bauen oder Marschland trockenzulegen. Was Konstantin auch erschaffen mochte, es würde seine eigene Weltsicht widerspiegeln.
Die Türen des Speisezimmers, die zum Garten hinausgingen, waren weit aufgerissen, um ein wenig Luft hereinzulassen. Hier, im höher gelegenen Teil im Süden der Stadt konnten wir zumindest mit einer Brise rechnen. Jenseits der Gartenmauer fiel das Gelände zum Savus hin ab. Dort am Flussufer, wo mehrere hundert Legionäre in der Sonne schwitzten, musste es erstickend sein. Zum Glück brauchte Konstantius keine Schaufel mehr in die Hand zu nehmen, aber ich wusste, dass er erhitzt und durstig nach Hause kommen würde.
Selbst die Jungen waren vielleicht dankbar, ihr Spiel unterbrechen zu können, um etwas Kühles zu trinken. Ich sagte den Dienerinnen, sie könnten ein wenig ausruhen und trug einer von ihnen auf, den Tonkrug mit Gerstenwasser aus der Küche zu holen.
Konstantin stand an der rückwärtigen Gartenmauer und wies zwei andere Jungen an, ein Gestell aus Flechtwerk als Dach auf die Konstruktion zu legen, die sie gebaut hatten. Wie immer stockte mir beim plötzlichen Anblick meines Sohnes der Atem, und jetzt, da das starke Sonnenlicht seine hellen Haare aufleuchten ließ, war er wie ein junger Gott. Er würde groß werden, wie mein Vater, aber er hatte den stämmigen Knochenbau von Konstantius - er war bereits größer als die meisten Jungen in seinem Alter.
Er würde ein großartiger Mann, hatte Drusilla mich zu trösten versucht, als klar wurde, dass ich kein Kind mehr haben könnte. Doch mit der Zeit, als ich Frauen in meinem Alter sah, die infolge zahlreicher Schwangerschaften rasch gealtert waren, erkannte ich, dass ich dankbar sein sollte. Und warum sollte ich mir bei einem solchen Sohn weitere Kinder wünschen?
»Nein, es ist noch nicht ganz richtig.« Konstantin hatte die Hände in die Seiten gestemmt und den Kopf schief gelegt. »Wir müssen es wieder abnehmen.«
»Aber Kon…«, protestierte Pollio, der Jüngere der Helfer, der Sohn eines
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