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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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an!«
    »Befiehl ihnen«, sagte Barchan ruhig, »daß sie die Hände über dem Kopf zusammenhalten sollen.«
    »Ihr sollt –« Alenas Stimme versagte. Sie fühlte Atemnot, spürte eine unbändige Wut auf diesen Reiter neben sich, auf sein Pferd, seine Axt, seine Stimme. »Ihr sollt die Hände über dem Kopf zusammenhalten.«
    Zu engen Schlitzen kniff Embricho die Augen zusammen, während er gehorchte. »Ich verfluche dich, Alena, du Teufelshure, du Hexe! So verrätst du uns? Dein Tag wird kommen. Möge es dir schlimmer ergehen als uns!«
    »Sie hat uns getäuscht«, platzte Tietgaud heraus. Er heulte vor Schmerzen auf, als der Reiter, der sich über ihn gebeugt hatte, die Schlinge in einem harten Ruck um seine Handgelenke zusammenzog.
    Alles ging sehr langsam: Die Ohren der Pferde spielten,schlugen nach den Fliegen, die um sie kreisten; eine Amsel verließ kreischend ihr Versteck im Gebüsch – so kräftig hatte sie sich vom Zweig abgestoßen, daß der Busch noch einige Zeit nachwippte –; zwei jüngere Krieger saßen von den Pferden ab und nahmen die Reisebündel der Franken auf, die Felle und Decken und die Lederschläuche, in denen das Wasser leise schwappte.
    Alena würde nichts vergessen – nicht die haßerfüllten Gesichter der Franken, ihr Schweigen, das schlimmer war als lautes Schimpfen, nicht das Schnauben der Pferde, nicht die warme, nach Harz und Blüten duftende Luft und den verzweifelten Wunsch, sich darin aufzulösen.
    Nun war sie also in Sicherheit, dachte sie bitter, umgeben von Rethras Kriegern, befreit, als einzige Überlebende heimgekehrt.
    Sie lief wie die Franken zu Fuß neben den Reitern, nur daß sie nicht gefesselt war und nicht mit zum Himmel gestreckten Händen von einem der Krieger vorangezerrt wurde. Verstohlen sah sie sich nach Embricho um. Wut sprach aus dem Gesicht des Hünen: Die Augen sprühten blaues Feuer, die schmalen Lippen formten lautlose Flüche. Es schien, als sträube sich Embrichos blondes Haar in alle Richtungen; der Haß knisterte darin wie der Blitz in den Gewitterwolken kurz vor dem Donnerschlag.
    Bald begann Tietgaud, mit halblauter Stimme Psalmen zu beten. Die Augen hielt er nur notgedrungen geöffnet, so wirkte es. Sein Blick folgte stumpf dem Boden, ab und an sah der Mönch zu den Reitern hoch, ohne sie wirklich anzuschauen. Er war ganz auf die Worte bedacht, die er wie einen Zauber in fester Tonlage vor sich hin sprach. Tietgaud machte den Eindruck, die Lage mit dem Ernst dessen hinzunehmen, der sich seit Wochen darauf vorbereitet hat.
    Anders Audulf. So gut es ging, beugte er sich nach einzelnen Baumstümpfen, Sträuchern oder Farnen herab und flüsterte eindringlich auf sie ein. Der Krieger, der das Seil zu seinen Händen in der Faust hielt, gab ihm die nötige Bewegungsfreiheit,indem er sich im Sattel zur Seite neigte oder gar das Pferd zügelte, dabei tauschte er spöttische Blicke mit den anderen Redariern aus.
    Brun hatte man als einzigen zwischen zwei Reiter genommen. Ein doppelter Strick hielt seine Hände über dem Kopf verknotet, und beide Krieger, die je ein Ende des Seils in der Hand hielten, wachten mit aufmerksamen Blicken über den Bären.
    Sie blieb stehen und wartete, bis Embricho und der Reiter, der ihn führte, herankamen. Dann ging sie neben dem Hünen her. »Hör zu, ich –«
    »Behalte die Giftzähne in deinem Maul!« fauchte er. »Ich will nichts hören.«
    »Es ist nicht so, wie du denkst.«
    »Nein? Ich laufe nicht mit gefesselten Händen neben einem mordlüsternen Heiden her, den du gerufen hast? Ach, ich verstehe, ihr begrüßt eure Gäste immer auf diese Art.«
    »Ich hatte euch gewarnt.« Was redete sie da? Sollten die Franken schuld daran sein, daß sie sie für das Menschenopfer nach Rethra gelockt hatte?
    Embricho brach in ein hohes, klägliches Lachen aus. »Ja, du hast nur vergessen zu erwähnen, daß du selbst für unseren Tod sorgen würdest. Kann das sein? Wie habe ich dir nur vertrauen können! Ich würde mir am liebsten die Lippen mit glühenden Kohlen reinigen, die dich geküßt haben.«
    Alena blieb stehen, schlug die Hände vor das Gesicht. Sie zwang sich, tief einzuatmen. Er konnte ja nicht anders, er wußte nicht, was die Wahrheit war. Sie würde sie ihm sagen. Wenn er sie dann noch fortschickte, gab es keinen Weg mehr aus seinem Haß heraus. Alena beeilte sich, aufzuholen.
    »Embricho, hör mir nur noch einmal zu«, bat sie. »Ich habe die Krieger nicht geholt. Was ich wollte, war, euch hinzuhalten. Ich mußte euch

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