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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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fremd. Er war plötzlich auch nur ein Mann, ein einfacher Mensch. Wenn es hoch kam, sah sie ihn das vierte Mal im Leben in einfachen Kleidern.
    »Das hatte ich schon lange vor«, sagte er, »einmal mit dir hierherzugehen. Wollen wir Karas Grab besuchen?«
    Sie nickte.
    Feines Lächeln in seinem Gesicht: Fältchen um die Augen, zuckende Mundwinkel bis in den Bart hinein.
    Das Grab lag am hintersten Rand der Lichtung, ein flacher Hügel, wie für ein Kind. Er mußte mit der Zeit in sich zusammengesunken sein. Hier hatte man der Mutter persönliche Dinge beigegeben, Spangen, Schnallen, das Messer vielleicht, daß sie tagtäglich verwendete, und hatte schließlich ihren Körper dem Feuer preisgegeben, um den Geist zu befreien. Hatte Vater Karas Geist am Grab geopfert? Wie oft hatte er das getan, und warum hatte ihn Alena nie begleitet? Dieser Ort mußte ihm vertraut sein.
    »Ihr wurdet überfallen?«
    »Sie waren in der Überzahl.«
    »Diesseits oder jenseits der Elbe?«
    »Diesseits.«
    »Also zieht Liutbert bereits Truppen im Norden zusammen. Das könnte sich gegen uns richten.«
    »Ich glaube nicht, daß die Franken etwas mit diesem Feldzug zu tun haben.«
    Vater räusperte sich. »Hast du …« Rauch in seiner Stimme. »Mußtest du dich ihnen hingeben, um sie in deine Hände zu bekommen?«
    »Nein.«
    »Das ist gut.«
    Schweigen.
    Die dünnen Schatten der Birken kletterten über die Gräber. Zwischen den Grashalmen war es schon Nacht. Sie schliefen ruhig, die Toten.
    »Mutter – wie war sie?«
    »Eine gute Frau. Für Rethra hat sie alles gegeben, sie hat den Aufbau dieser Burg von früh bis spät gefördert, hat mit den Menschen gesprochen, die Männer ermutigt und die Frauen gestützt. In den Abendstunden, wenn sie im mindesten genauso erschöpft war wie ich, hat sie noch mit mir Pläne durchgesprochen, im Winter den Ofen angeheizt, im Sommer Seile geflochten. Ich habe diese Frau nie müde erlebt.«Er trat hinter Alena, legte ihr die Hände auf die Schultern. »Mein Kind, ich bin stolz auf dich. Hat einige Querelen gegeben in den vergangenen Wochen. Du hast gefehlt. Bist eine, auf die man sich verlassen kann.« Er schwieg einen Moment. »Wie hast du es nur geschafft, die Franken hierherzubringen?«
    »Sie wollten selbst nach Rethra.«
    »Sind sie des Lebens überdrüssig?«
    Auf keinen Fall durfte sie Uvelan erwähnen. »Das glaube ich nicht. Aber warum sie unbedingt nach Rethra wollten …«
    Die Finger auf ihrem Rücken gefroren.
    Wenn sie zu wenig erzählte, würde er Verdacht schöpfen. »Ich glaube, der Mönch hat sie dazu gezwungen. Er möchte von seinem Christengott predigen.«
    »Ha!« Ein kurzes Auflachen. »Alena, Tochter, den Tod unserer Krieger bedauere ich natürlich, aber es ist eine große Tat, die du vollbracht hast. Du hast allein vier fränkischen Bewaffneten gegenübergestanden. Und es ist dir gelungen, sie nach Rethra zu führen, in unsere Hände. Bedenke, was nun geschehen wird! Man wird in dir die sehen, die den Wunsch des Dreiköpfigen erfüllt hat, die, die das Opfer erwählte und uns damit letztendlich den Sieg eingebracht hat. Du wirst großes Ansehen haben im Volk, noch größeres, als du es längst besitzt. Wie stolz du deinen Vater machst!« Er drückte ihre Schultern. Die Berührung tat wohl.
    »Es waren gut zwei Dutzend, mit Eisenhemden und scharfen Schwertern – sie haben die Unsrigen geschlachtet wie Schafe. Zuerst war ich ihre Gefangene, aber dann habe ich die Polaben zu Hilfe gerufen, und es blieben nur noch vier. Ihre Waffen haben sie verloren, als wir die Stepenitz überquerten, also, sie haben sie nicht im Wasser verloren, sondern wir wurden erwischt.« Alena stockte. Verfolgte Vater nicht einen Zweck damit, daß er so zärtlich war?
    »Was geschah dann?«
    Karas Grab. Sie standen vor dem Totenhügel wie vor einem Streitrichter. »Ich bin müde.«
    »Nun gut. Ich frage dich später.« Er trat wieder neben sie. »Aber du kannst mir doch sagen, wer welche Aufgabe in der Gruppe hatte. Gibt es einen Anführer?«
    »Zuerst dachte ich, es ist der blonde Hüne, aber dann hat sich herausgestellt, daß es der Mönch war.«
    »Der Mönch ist der kleine, beinahe kahlköpfige Mann mit dem Kreuz auf der Brust? Ist dir aufgefallen«, leise sprach er, lauernd, »daß einer von den Franken irgendwann eine besondere Schwäche für Schmerz gezeigt hat?«
    »Schwäche für Schmerz?« Alena schluckte.
    »Vielleicht hast du das nicht gesehen. Aber hat einer von ihnen ungern hart gelegen in der

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