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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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holte Luft. »Beim dritten Sonnenaufgang schleiche ich mich in die Burg und gewinne die Einflußreichen für mich, die Zupans, die Burgherren, bis ich unter ihrem Schutz öffentlich für Svarogh auftreten kann. Das Menschenopfer wird es nicht geben.«

27. Kapitel
     
     
    Die Preiselbeeren rollten über den Waldboden, tanzten, sprangen. Kaum bemerkte Alena, daß sie den Rockzipfel fallengelassen hatte, kaum wurde sie gewahr, wie der Lohn stundenlanger Suche unter dem trockenen Laub und zwischen den Wurzeln verschwand. Ihre Hand krallte sich in die Rindenfurchen einer dicken Buche, sie preßte das Gesicht gegen den Baumstamm, atmete in raschen, entsetzten Stößen. In den bitteren Geschmack, der sich in ihrem Mund gehalten hatte, seit sie ein paar der unreifen Beeren gekaut hatte, mischte sich der süßliche Speichel der Angst.
    Es konnte nicht weit sein zu der Birkengruppe, bei der sie die Franken unter Vorwänden zurückgelassen hatte. Und der Reiter blickte genau in diese Richtung.
    Der Reiter: Aufrecht saß er auf seinem Rappen. Die glänzenden, eisernen Doppelspitzen an den Fersen berührten das schwarze Fell des Tieres, und es stand vollkommen regungslos, verstand die unausgesprochene Warnung. Kein Zittern lief vom Pferdekopf durch die Zügel in die Faust des Reiters, still ruhte das mit feinen Knöchelchen verzierte Zaumzeug, nicht einmal die Zähne des Rappen mahlten auf dem Knochen, der als Trense diente. Ardagoste, der Name des Hengstes war Ardagoste. Er gehorchte niemandem so uneingeschränkt. Mit einer Ausnahme.
    Der Reiter hielt in der freien Hand eine Axt mit silberverziertem Blatt, der linke Arm steckte in der Schlaufe eines Schildes. Leder spannte sich über den Schild, auf dem Figuren und Ornamente aus goldenem Faden schimmerten. Am Sattel steckte ein Bogen ohne Sehne, auf dem Rücken des Reiters hing der Köcher voller Pfeile, Seeadlerfedern,braune von den Flügeln, weiße aus dem Schwanzgefieder.
    Alena wünschte sehnlichst, es wäre irgendein jüngeres Mitglied der Tempelgarde, das sie mit Worten einwickeln konnte. Aber hätte das gehorsame Pferd, hätten die kostbaren Waffen es nicht schon gezeigt – die Pelzkappe auf dem Kopf des Reiters gestattete keinen Zweifel. Niemand sonst trug sommers wie winters eine Mütze, um den kahlen Kopf zu verbergen, niemand außer Barchan, der Anführer der Tempelgarde.
    Er sah sie nicht, spähte unentwegt zu den Birken hinüber.
    Alena trat hinter der Buche hervor. »Barchan«, sagte sie.
    Der Kopf des Reiters wendete sich, dann drehte sich tänzelnd auch das Pferd. »Also ist es wahr, was der Linone gefaselt hat.«
    »Du bist hier, uns zu empfangen? Es ist nicht gut, daß du gekommen bist. Die Franken halten mich für ihre Verbündete. Ich führe sie allein mit Worten gefangen.«
    Barchan verzog den Mund. Die scharfen Falten, die von der Nase zu den Mundwinkeln sein Gesicht durchgruben, wurden härter. »Zeit, daß die Wahrheit über sie hereinbricht.« Er drehte das Pferd, führte es im Schritt zwischen den Bäumen hindurch. Dann stieß er einen gellenden Pfiff aus.
    Alena eilte neben ihn. »Wem hast du ein Zeichen gegeben?«
    Der Herr der Tempelgarde schwieg. Ardagoste schnaubte unruhig.
    Die Franken mußten es gehört haben. Embricho würde sie zur Flucht in den Wald treiben. Allein konnte Barchan sie nicht einfangen. Und wenn er es versuchte, würde sie ihm in den Zügel fallen.
    »Der Linone sprach von nur einem Franken«, sagte der Reiter, ohne Alena anzusehen. Er trieb das Pferd nicht an, ließ es gemächlich auf die Birken zulaufen.
    »Hat er das? Nein, das ist nicht richtig. Es sind vier.«
    »Was ist mit Mstislav geschehen? Nakon? Witzan?«
    »Sie sind tot.«
    »Und du – hast überlebt.« Eine Anklage lag in Barchans Stimme.
    »Es war furchtbar«, sagte Alena.
    Waren das etwa die Franken dort zwischen den Birken? Tatsächlich, sie standen da, Rücken an Rücken gedrängt. Warum liefen sie nicht fort? Donner, sie sollten fliehen! Dann sah sie einen Reiter aus der entgegengesetzten Richtung kommen, nicht in Eile, sondern im Schritt wie Barchan. Und noch einen von rechts, nein, zwei. Drei Reiter von links. Einen ganzen Kreis von Reitern, eine Schlinge, die sich um die Birken und damit um die Franken schloß. Die Geruhsamkeit der Redarier drückte Überlegenheit aus, gab den Umzingelten zu verstehen: Es gab kein Entkommen.
    Embricho war es, der Alena zuerst erblickte. »Was soll das? Alena?«
    Tietgaud schrie: »Wir kommen als Gäste! Rührt uns nicht

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