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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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Uvelan. Ruhig Blut.«
    Da murmelte Uvelan in der Sprache der Franken: »Es bedeutet Steinbach. Kamenica heißt Steinbach.«
    Die Büttel, die sich über das Fell gebeugt hatten, erstarrten. In Schemuels Gesicht fielen die Wangen lang herab, die Augen verloren ihren Glanz. »Du sprichst Fränkisch?«
    »Kamenica bedeutet Steinbach«, wiederholte Uvelan.
    Der Graubärtige wisperte: »Wer seid Ihr?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Dann seid Ihr vielleicht gar Fernkaufmann wie ich? Ihr sprecht vielleicht nicht nur Fränkisch und Slawisch, sondern auch das Lateinische, Arabische, Persische, Andalusische?« Er bellte kurze Sätze in fremden Sprachen.
    Uvelan schüttelte den Kopf.
    »Helft ihm auf, Männer.«
    Die Hände, die ihn niedergestoßen hatten, zogen Uvelan wieder auf die Beine.
    »Verzeih mir, wenn ich … Das ist alles recht unheimlich. Möchtest du … bis Bardowick mit mir reisen?«
    »Nein.«
    Schemuel lächelte erleichtert. »Gut.« Er kletterte auf den Karren, hob die Rute über den Ochsenschwänzen in die Höhe. Dann hielt er inne. »Mir scheint, du bist jemand, der einiges hinter sich und noch einiges vor sich hat. Irgend jemand mit Bedeutung.« Er blickte sich sorgfältig im Wald um. Schließlich hob er die rechte Hand, schloß die Augen und sprach mit tiefer, gleichförmiger Stimme: »Segne dich er und bewahre dich, lichte er sein Antlitz dir zu und sei dir günstig, hebe er sein Antlitz dir zu und setze dir Frieden.«
    »Wer ist
er

    Schemuel sah kurz zum Himmel hinauf, dann senkte er demütig den Kopf, schnalzte mit der Zunge. Ein Ächzen lief durch den Wagen, während sich die Ochsen in Bewegung setzten. Laut rumpelte der Karren über die Wurzelrippen auf dem Weg. Ein feiner Duft von Zimt streichelte Uvelans Nase.
     
    Alena wurde das erste Mal nach dem Weg gefragt, als die Franken auf die Straße nach Reric stießen: tief eingefahrene Wagenrinnen, holprig durch die Wurzeln, die sich unter der Straße faßten, als wollten die Bäume des einen Wegrands denen der anderen Seite die Hand geben.
    Audulf, der Schatten, vor dem sie geflüchtet war, hatte während der vergangenen zwei Tage häufig die Finger in eine Spur gelegt, die Höhe der abgeknickten Äste geprüft, war wieder in die Knie gegangen, um mit Daumen und Zeigefinger den Abstand der Abdrücke zu messen: der Fährtenleser der Franken. Hatte er sich entschieden, wie die Fährte zu bewerten war, dann begann er seine Ausführungen immer mit: »Das verborgene Volk sagt«. Woraufhin ihn Tietgaud jedesmal zornig zurechtwies, es gäbe kein verborgenes Volk.
    Auch diesmal hielten sich die Franken im Wald verborgen und sandten Audulf voraus. Der Fährtenleser hüpfte mit kleinen Schritten unter den letzten Bäumen hindurch. Dann kauerte er sich auf der Straße nieder, als wollte er das Gras streicheln, das in einem breiten Streifen zwischen den Karrenspuren wuchs. Als er wiederkam, war seine Nase – dünn wie ein Birkenblatt stach sie aus dem Gesicht hervor – noch spitzer geworden. »Das verborgene Volk teilt mir mit, daß hier ein Karren vorübergekommen ist. Kann nicht lange her sein. Zwei Ochsen haben ihn gezogen und haben das Gras niedergetrampelt. Wahrscheinlich sind noch Menschen hinterhergelaufen.«
    Tietgaud betastete das silberne Kreuz, das um seinen Halshing. »Eines Tages, Audulf, wirst du deine Strafe erleben. Es gibt in Gottes Schöpfung kein verborgenes Volk.«
    »Verzeiht.«
    Der Mönch schnaubte. »Einen Karren müssen wir nicht fürchten. Reisen wir auf der Straße weiter. So können wir endlich Gebrauch von den Pferden machen. Sie waren teuer genug.«
    »Tietgaud?« Embricho verzog das Gesicht.
    »Was?«
    »Das ist eine Straße, wo sicher jeden Tag ein Fuhrwerk vorbeikommt oder Reiter oder Wandergesellen. Warum nehmen wir nicht ein Kriegshorn und kündigen uns in Rethra an?«
    »Ihr spottet.«
    »Ich halte es nicht für klug, auf der Straße zu reisen. Wir befinden uns im Gebiet der Wenden. Überschätzt nicht die Kraft von zwei Dutzend Männern! Ebo und Morhard sind schon verletzt. Was sind zwei Dutzend? Um uns herum streunen Hunderte, Tausende Wenden durch den Wald!«
    »Diese Wenden sollen uns ruhig kennenlernen.«
    Der Blonde sah zu Alena herüber. Seine Augen schienen zu flehen, sie möge dem Mönch erklären, daß es keinen Sinn ergab.
    »Embricho!« Tietgaud knirschte mit den Zähnen. »Was schaut ihr sie ständig an? Sie wird zur Gefahr für Euch. Hat sie Euch nicht längst den vergifteten Stachel der Furcht ins Herz

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