Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)
gut. Es ist, was Erzkanzler Luitbert befohlen hat, auf welche Weise Euer König Dobemysl ihn auch immer überzeugt hat. Wenn der sächsische Adel zustimmt, ziehe ich mit Euch.«
»Und Ihr habt beste Verbindungen zum sächsischen Adel, wie ich hörte.« Ein eisiges Lächeln entblößte Javors Zähne. »Was denkt Ihr, wie viele Sachsen dürfen wir erwarten?«
»Das Obodritenreich kämpft seit Generationen gegen sie. Rethra war es, das ihnen geholfen hat, vergeßt das nicht.«
»Wie viele?«
»Fünfhundert Mann.«
»Wirklich, ich war das nicht.«
Alena schlug die Augen auf und erblickte dunkel die Umrisse Bruns und Embrichos gegen das helle Morgenlicht. Sie stütze sich auf die Ellenbogen und blinzelte. »Was ist los?«
»Dort!« Brun zeigte auf ihren Bauch.
Sie wirbelte in die Höhe, und es rutschte etwas von ihrem Schoß. Pochenden Herzens beugte sie sich zum Boden herab. Blumen waren das, ein zarter, kleiner Blumenkranz aus gelben und roten Blüten. Den hatte ihr jemand auf den Bauch gelegt? Sie lächelte still. Wie feinsinnig er sein konnte!
»Wenn ich es gewesen wäre, würde ich dazu stehen«, beteuerte Embricho.
Aber Brun lachte nur und schlug ihm auf die Schulter. »Ist schon gut. Wer soll es dir übelnehmen? Der edelste Mann hätte es nicht besser machen können. Überhaupt die Idee! Ein Blumenkranz …«
Alena zwinkerte dem Hünen zu. »Danke.«
»Wirklich, ich weiß nicht, wer das war.«
Sie mußte noch mehr lächeln. Wie kindlich er wirkte, wenn er sich schämte! Sorgfältig nahm sie den Kranz zwischenihre Finger. Er fühlte sich weich an wie gut gebürstete Wolle. Sie hob ihn zum Gesicht und roch daran. Ein süßer Geruch entströmte dem Blütengemisch, so fein, daß sie ihren Magen spürte und Wasser im Mund zusammenfloß. Das war der schönste Dank für ihre Befreiungstat, den sie sich vorstellen konnte. Wie gut alles geworden war!
Selbst die Augen des Alten glänzten. Er stand an einen Baum gelehnt in ihrer Nähe und sah vom Kranz zu ihrem Gesicht und zurück. Sicher wußte er, was Liebe war.
»Ist das schön, in Freiheit zu erwachen!« rief Brun. »Da kümmert es wenig, ob das Gesicht vom Tau klamm ist oder ob Ameisen unter den Achseln nisten. Wir leben noch, das ist alles, was zählt. Tietgaud, wie geht es Euch? Besser? Schmerzt der Kopf noch sehr?«
»Redet nicht so laut«, murrte der Mönch. »Das macht es schlimmer.« Er zerrte an seiner schwarzen Kutte, um die Falten der Nacht zu glätten, und legte den Gürtel um, indem er das helle Leder durch die Silberschnalle führte und festzog. Sein vernarbtes Gesicht glich einer starren, bleichen Maske. »Wie habt Ihr das gemacht, Alena? Wie habt Ihr den Heidenfürsten überzeugt, uns freizugeben? Ihr habt doch nicht das Bett mit ihm geteilt?«
»Er hatte Schulden bei meinem Vater.«
»Euer Vater verkehrt in Fürstenkreisen?«
»Mein Vater ist der Hochpriester von Rethra.«
Kinnladen klappten. Die Luft verquoll zu Honigseim. Während sich die Augenblicke wie Stunden dehnten, tropfte es zäh von den Blättern der Bäume herab.
»Wa… was?« Tietgaud betastete sein Gesicht, als hätte ihn ein Fausthieb getroffen.
»Von Anfang an hast du uns belogen.« Brun kaute die Worte und verzog das Gesicht. »Erst hast du so getan, als würdest du unsere Sprache nicht verstehen, dann hast du uns deine Herkunft verheimlicht. Eine Lügnerin bist du!«
Embricho preßte still die Lippen aufeinander. Er sah sie nicht an.
»Wer weiß?« raunte Audulf. »Vielleicht heckt sie die ganze Zeit einen bösen Plan aus, wie sie uns endgültig vernichten kann?«
Sie lächelte. »Unsinn. Wenn ich Euren Tod wollte, hätte ich Euch dann von den Obodriten befreit?«
Audulf schrie: »Sie lockt uns in eine Falle! Wir sollen umkommen.«
»Versteht Ihr nicht, daß Euch meine Herkunft Nutzen bringt? Wie sollte ich sonst tun, was ich versprochen habe, und dafür sorgen, daß Ihr als Gäste aufgenommen werdet in Rethra?«
»Woher sollen wir wissen«, fragte Tietgaud mit einem Lauern in der Stimme, »daß wir Euch vertrauen können?«
»Woher wißt Ihr, ob ein Apfel einen Wurm enthält? Ihr wißt es nicht. Ihr habt keine andere Möglichkeit, es herauszufinden, als ihn zu essen.«
»Das ist richtig.« Der Mönch strich sich über den Haarflaum. »Wir verdanken Euch das Leben. Einen größeren Beweis dafür, daß wir Euch trauen können, kann niemand verlangen. Denkt aber daran, wie Gott gute Taten belohnt, so bestraft er auch die schlechten! Er kann Euch
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