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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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mit der Gerte, dann führt sie zu mir. Sie soll bis zum Morgengrauen leben.«
     
    Den Boden in Javors Haus pflasterten weiße Steine. An den Wänden des Raumes, in den Alena geführt wurde, hingen Teppiche. Kleine Talglichter erhellten ihn und verströmten den Geruch von Ruß und angebranntem Fett. Auf einem Sessel aus Holz saß der Fürst, einen silbernen Kelch in der Hand, aus dem er hin und wieder kleine Schlucke trank. Er tat, als hätte er Alenas Eintreten nicht bemerkt; blickte überall im Raum herum, nie aber richtete er seine Augen auf sie. Sie war eine Fliege, eine kleine Wanze, die seine Wahrnehmung nicht wert war, zeigte er damit.
    Alena spürte ihren Rücken, als würde fortwährend kochendes Wasser darübergeschüttet. Sie hatte nicht schreien wollen, gönnte dem Fürsten diesen Triumph nicht. Aber bei den letzten acht Hieben war der Mund doch aufgebrochen, waren die Schreie ohne ihren Willen über den Hof gehallt, als wäre es gar nicht sie gewesen, die schrie, sondern ihr Körper. Die Männer hatten sie mit solcher Wut geschlagen, daß das Holz der Gerten tief in ihr Fleisch schnitt. Seine Männer.
    Der letzte Schluck. Javor hob trinkend den Kelch bis zur Nase, dann stellte er ihn auf dem Tisch neben seinem Sessel ab. »Zieh dich aus.«
    Alena verharrte schweigend.
    »Na los, zieh dich aus! Bist du noch nicht genug gedemütigt? Soviel Stolz in der Brust einer einfachen Frau?«
    Sie stand. Zitterte.
    »Du hast dich noch nie vor einem Mann entblößt. Verstehe.« Er erhob sich, trat auf sie zu. Zuerst hechelte er heißen Atem auf ihre Hand, blies ihren Arm hinauf und befeuchtete mit seiner giftigen Atemluft ihren Hals. Dann folgten Berührungen seiner Lippen, Hände, die ihren Leib umschlangen, nach der Brust tasteten.
    Alena starrte unentwegt auf die Tür. Um die Übelkeit niederzuringen, die die Kehle hinaufkletterte, stellte sie sich vor, aus Stein zu sein. Eine Figur aus Stein, der die widerwärtigen Klauen nichts anhaben konnten, die an ihrem Körper herumfingerten. Trotzdem zuckte sie jedesmal zusammen, wenn er den geschundenen Rücken streifte oder seinen wäßrige Mund auf ihren Hals drückte.
    Da ließ Javor plötzlich von ihr ab. Er öffnete seinen Gürtel und ließ die Hose fallen. Stieg heraus. »Ist gar nicht so schlimm, wie du befürchtest. Es wird dir Freude machen.« Sein Blick hing an ihrem Kleid. »Das ist doch schon mal gerissen, da unten.« Er zeigte auf die Naht. »Erschrick nicht, wenn ich es wieder öffne, ja?« Mit beiden Händen packte er den Saum.
    »Ich würde das nicht tun«, sagte sie.
    »Tut es dir leid um dein Kleid? Dann zieh es aus.«
    »Es tut mir leid um mich.«
    Der Fürst stutzte. Schlagartig verfinsterte sich sein Gesicht. »Bei Sonnenaufgang hast du dein Leben ausgehaucht, und wenn du mich langweilst, stirbst du noch in der Nacht mit deinen Spießgesellen im Moor. Du erlaubst dir Selbstmitleid? Ich glaube, du verstehst nicht ganz. Dein Körper gehört mir, ob du es willst oder nicht!«
    Sie lachte. Kurz, bitter.
    »Du wagst es …?«
    »Du weißt nicht, zu wem du sprichst.«
    »Ach, ich soll mich geehrt fühlen, mit dir das Bett zu teilen? Gut, wie du willst. Spielen wir. Die Tochter des Alten wirst du nicht sein, die Götter würden ihm nicht eine Schönheit wie dich zum Kind schenken. Also, wer bist du?«
    »Ich bin die Tochter Nevopors aus Rethra.«
    Javor riß die Augen auf. Er wich einige Schritte zurück. »Was sagst du da?«
    »Die Tochter des Hochpriesters von Rethra.«
    Der Fürst bückte sich nach seiner Hose. Er zog sie nicht an, sondern trug sie mit sich, während er begann, im Raum zu wandern. Dabei fuhr er sich mit der Zunge über die Oberlippe, kratzte sich hinter dem Ohr, murmelte Unverständliches. Als er sich nach vielen Runden auf den hölzernen Sessel setzte, war die Verwirrung in seinem Gesicht nur größer geworden. »Sag mir eins«, raunte er, »ist das ein Geschenk Radigasts oder eine Prüfung?« Dann sprach er laut, ohne sie anzusehen: »Die Tochter meines Feindes in meiner Hand. Ich glaube dir, denn du sprichst mit Klugheit und hast das Gesicht einer großen Frau. Aber was ich tun soll, weiß ich nicht. Es ist Seltsames geschehen gestern und heute. Die Götter haben einen Greis aus meinen Händen entkommen lassen, und ich weiß nicht, wie. Sie haben mir die Tochter des Feindes in die Hände geführt und den Greis zurückgegeben. Meine Männer haben reiche Beute gemacht mit den Franken: Ihre Waffen und ihre Rüstungen sind wertvoller als

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