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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Theresas Augen zu blasen, als er plötzlich Schritte hörte. Erschrocken ließ er Schlägel und Meißel sinken, als würde er bei etwas Verbotenemüberrascht, sprang von seinem Schemel auf und arbeitete an einer anderen Figur weiter, die gerade vor ihm stand. Er hatte kaum die ersten Schläge getan, da öffnete sich die Tür und herein trat, nur mit einem Nachthemd bekleidet, Caterina, seine Frau.
    »Willst du nicht endlich schlafen kommen?«, fragte sie.
    »Du siehst doch, ich habe zu tun«, erwiderte er, ohne den Blick zu heben.
    »Du solltest besser tagsüber arbeiten und dich in der Nacht ausruhen.« Mit einem Kopfschütteln betrachtete sie seine Figur.
    »Meinst du, du kannst so mit deinen Schwierigkeiten fertig werden?«
    Statt ihr zu antworten, meißelte er mit stummer Inbrunst weiter.
    »Würdest du bitte damit aufhören, wenn ich mit dir spreche?« Endlich ließ er sein Werkzeug sinken und sah sie an. In ihren braunen Augen standen Tränen.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie, »wie das weitergehen soll. Du verkriechst dich in deinem Atelier, du schläfst nicht, du läufst umher wie ein Tiger im Käfig, du sprichst nicht mit mir, du willst die Kinder nicht sehen, und Geld gibst du mir auch keins. Wovon soll ich uns ernähren? Carla hat Fieber und braucht einen Arzt, aber ich weiß nicht, wie ich ihn bezahlen soll. Das Einzige, was wir noch besitzen, ist der Smaragd des englischen Königs. Doch den willst du nicht verkaufen, obwohl wir sechstausend Scudi für ihn bekommen könnten.«
    »Die Zeit enthüllt die Wahrheit«, erwiderte er trotzig und fing wieder an zu hämmern.
    Wütend riss sie ihm den Schlägel aus der Hand und warf ihn zu Boden. »Weißt du überhaupt noch, was du tust?«, rief sie. »Wenn du dich zugrunde richten willst – bitte sehr! Aber du ruinierst deine Familie! Während du vor Selbstmitleid vergehst, hat Borromini dir jetzt auch noch den Auftrag für die Propaganda Fide weggeschnappt, direkt vor unserer Haustür, und die Nachbarn tuscheln, dass er für den Umbau unseren Palazzo abreißenwill. Wenn du so weitermachst, jagt man uns noch aus dem Haus!«
    Sie schlug die Hände vors Gesicht und wandte sich ab. So heftig schluchzte sie, dass sie am ganzen Körper zitterte. Lorenzo konnte ihren Anblick keine zwei Sekunden ertragen. Er trat zu ihr und legte seinen Arm um ihre Schulter.
    »Hab keine Angst, es wird schon wieder alles gut.«
    »Ach, Lorenzo, das sind doch bloß Worte«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Nichts wird wieder gut, wenn du nicht endlich etwas unternimmst.«
    »Aber was soll ich denn machen, Caterina?«, fragte er und strich immer wieder über ihr Haar. »Ich will ja alles tun, was du willst, wenn du nur aufhörst zu weinen.«
    Endlich ließ sie die Hände sinken und schaute ihn an. Ihr Gesicht war noch nass von Tränen, doch ihre Augen blickten wieder klar und ihre Stimme klang gefasst.
    »Zwei Dinge, Lorenzo. Erstens, du brauchst einen neuen Förderer, irgendeine einflussreiche Person, die dir Aufträge verschafft. Und zweitens, du musst dich ins Gespräch bringen, als Künstler auf dich aufmerksam machen, damit die Leute wieder von dir sprechen.«
    »Und wie soll ich das anstellen? Genauso gut kannst du mir raten, übers Wasser zu wandeln oder mit den Vögeln zu sprechen. Papst Innozenz der Blinde hat nun mal beschlossen, mir keine Aufträge zu geben – also will kein Mensch mehr etwas von mir wissen.«
    Caterina schüttelte energisch den Kopf. »Unsinn, Lorenzo! Das ganze Haus ist voll von Skulpturen, die unnütz herumstehen. Da sind doch sehr hübsche Sachen dabei, viel zu schade, um hier als Staubfänger zu verkommen. Du musst sie ausstellen, den Leuten beweisen, dass du immer noch der erste Künstler Roms bist.« Sie schaute sich einmal um, dann zeigte sie wahllos und ohne nachzudenken auf eine der Figuren. »Was ist zum Beispiel mit der da? Ich bin sicher, wenn du für die einen passenden Ort findest, wird man dich bald wieder feiern wie früher.«

3
    »Principessa, Sie haben Besuch.«
    »Besuch? Für mich?« Clarissa blickte verwundert den Diener an, der in der Tür des Observatoriums stand und auf ihre Anweisungen wartete. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich bin nicht zu sprechen.«
    »Der Mann sagt aber, es sei wichtig.«
    »Wichtig? Nein, ich will niemanden sehen.«
    Während der Diener sich mit einer Verbeugung zurückzog und leise die Tür hinter sich schloss, trat Clarissa wieder an ihr Fernrohr, um in den winterlichen Abendhimmel zu schauen. Hell und

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