Die Principessa
der Arzt dort, hat mir gesagt, dass Sie in Santa Maria Maddalena dieses Haus führen. Er war voll des Lobes über Sie und Ihr Werk. Er sagte, was der Himmel versäumt habe, würden Sie auf Erden nachholen.«
Der Monsignore konnte ein stolzes Lächeln nicht unterdrücken. »Manchmal muss man dem lieben Gott ein wenig helfen, damit Sein Wille geschehe. Wie anders sollen all die armen Frauen, die Er mir anvertraut, den Platz im Leben finden, den Er für sie vorgesehen hat?«
Clarissa erwiderte sein Lächeln, dankbar und froh. Sie hatte die Nacht im Palazzo Spada verbracht und über zehn Stunden geschlafen. Nun saß sie, frisch gebadet und gestärkt von einem reichhaltigen Frühstück, in neuen, sauberen Kleidern an Spadas Lieblingsort, dem kleinen Garten am Ende der Scheinkolonnade, überflutet vom hellen Glanz der Morgensonne. Wie schön konnte das Leben sein! Die seidige Luft, die warmen Sonnenstrahlen – alles war so rein und neu und gut wie am ersten Tag der Schöpfung.
»Doch da wir gerade bei dem Thema sind«, fuhr der Monsignore fort, »was sind Ihre Pläne für die Zukunft?«
»Ich werde wohl«, antwortete Clarissa mit einem Seufzer, »nach England zurückkehren.«
»Auch wenn ich Sie schmerzlich vermissen werde, Principessa, ich glaube, das wird das Beste sein. Die Lage in Ihrer Heimat hat sich nach allem, was man hört, wieder beruhigt. Mister Cromwell und seine Regierung führen Krieg gegen Spanien, am anderen Ende der Welt – da sind die Herrschaften gottlob beschäftigt. Wenn Sie erlauben, gebe ich Ihnen zwei oder drei tüchtige Männer mit auf die Reise. Vielleicht nehmen Sie das Schiff nach Marseille? Da können Sie die Mühsal der Alpen vermeiden.«
Plötzlich merkte er, dass er immer noch ihre Hand hielt, und wollte sie loslassen, doch Clarissa hielt ihn fest.
»Was für ein guter Mensch Sie sind, Monsignore. Und nur darum schäme ich mich nicht, noch etwas anderes anzusprechen.« Sie machte eine Pause, bevor sie weiterredete. »Ich habe kein Geld, um zu reisen. Ich besitze nichts außer dem, was ich am Leibe trage, und selbst das verdanke ich nur Ihrer Güte. Wenn ich Sie trotzdem bitten dürfte, mir eine kleine Summe zu leihen? Sobald ich in England bin, werde ich umgehend …«
Der Monsignore lächelte ein zweites Mal. »Sehet die Vögel unter dem Himmel!«, unterbrach er sie mit fast diebischem Vergnügen. »Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in den Scheunen; und der himmlische Vater ernähret sie doch.«
»Ich kenne das Gleichnis«, erwiderte Clarissa irritiert, »doch begreife ich nicht, was Sie mir damit sagen wollen.«
»Ganz einfach« – er strahlte –, »dass Sie eine sehr reiche Frau sind.«
»Ich? Reich? Wie kann das sein? Man hat mir doch alles genommen!«
»Und mehr noch gegeben. Monat für Monat, Jahr für Jahr. Der englische Gesandte hat mich aus diesem Grund wiederholt aufgesucht, er wusste ja nicht, wohin mit dem Geld, das nach Ihrem plötzlichen Verschwinden weiter aus England eintraf. Wir konntendas beide nicht verstehen, wir glaubten doch, Sie wären längst zurück in Ihrer Heimat. Gott sei Dank war Ihr Bankier so vorsichtig, Donna Olimpia nichts von diesem Geld zu geben. Obwohl sie ihn ausdrücklich dazu aufgefordert hat – nicht nur einmal.«
Clarissa konnte seinen Worten kaum glauben. »Wollen Sie damit sagen, ich brauche nur zu meiner Bank zu gehen, um an Geld zu gelangen?«
»Jederzeit! Wann immer Sie wollen! Falls Sie es wünschen, können wir uns gleich auf den Weg machen.« Eilfertig sprang Spada von seinem Platz auf.
»Gern, Monsignore, das wäre wirklich eine große Hilfe«, sagte Clarissa und erhob sich ebenfalls. »Allerdings – eine Frage liegt mir noch auf der Seele.«
»Ich glaube, ich kann sie erraten«, erwiderte Spada mit ernstem Gesicht. »Sie meinen unsere zwei Freunde, nicht wahr?«
Clarissa nickte.
»Wie sagt der Prophet Micha? ›Des Menschen Feinde sind seine eigenen Hausgenossen!‹ Ja, die beiden hassen einander ärger als je zuvor. Erinnern Sie sich noch, dass Signor Borromini plante, den Palazzo des Cavaliere zu überbauen? Davon hat er inzwischen abgelassen – doch nur, um jetzt die Dreikönigskapelle in der Propaganda Fide niederzureißen, Berninis ersten Kirchenbau! Eines seiner herrlichsten Werke!«
Spada hielt es nicht auf der Stelle. Mit beiden Händen gestikulierend schritt er in dem kleinen Garten auf und ab und erzählte mit erregter Stimme von seinem Versuch, die zwei Rivalen wieder zu einen, indem er
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