Die Principessa
zur Gestaltung des Formmantels für die Altarsäulen. Er arbeitete, wie er noch nie im Leben gearbeitet hatte. Rund um die Uhr, bei gleißender Sonne wie bei strömendem Regen eilte er von Baustelle zu Baustelle, um überall gleichzeitig zu sein – am Pantheon, in Sankt Peter, in der Gießerei. Denn die Zeit drängte mit Macht: In nur einem Jahr sollte der Guss der ersten Säule erfolgen – ein Ereignis, dem General Carlo Barberini, der Bruder des Papstes und Befehlshaber der päpstlichen Truppen, in höchsteigener Person beiwohnen wollte.
So war es meist schon Mitternacht, wenn Lorenzo am Ende des Tages endlich erschöpft in sein Bett sank. Wie sehnte er sich zurück nach jenen seligen Zeiten, da er sich unbeschwert mit schönen Frauen vergnügt hatte. Statt in weichen Armen zu schwelgen, war er nun ein Sklave seines Vertrags mit Urban; statt zärtliche Küsse zu empfangen, zählte er nun die zweihundertfünfzig Scudi ab, die er am Ende eines jeden Monats empfing; statt schwellende Brüste zu liebkosen, bossierte er nun Tonnen von Bienenwachs für den Bronzeguss; statt der Lust zu dienen, befehligte er nun ein Heer von aufsässigen Arbeitern.
Womit hatte er das verdient? Gott sei Dank, dass es Francesco Castelli gab! Lorenzo arbeitete mit dem schweigsamen, in sich gekehrten
assistente
Madernos bald enger zusammen als mit seinem Vater, der überall nur Probleme und Schwierigkeiten heraufbeschwor, vor allem aber enger als mit seinem Bruder Luigi, dessen Mangel an Talent nur von der Maßlosigkeit seinesEhrgeizes übertroffen wurde, Lorenzo bei der Eroberung von Frauen zu übertrumpfen.
Francesco war ein Segen des Himmels, der geborene Gehilfe. Er konnte zeichnen, alle nötigen Berechnungen anstellen – nur die Handwerker leiten konnte er nicht. Er war zu streng, zu anspruchsvoll, zu unnachgiebig. Doch was er von anderen verlangte, forderte er doppelt und dreifach von sich selbst. Seine Ergebenheit grenzte an Selbstverleugnung, sein Fleiß an Selbstaufopferung. Er war am Morgen noch vor Lorenzo auf der Baustelle, und meistens verließ er sie als Letzter in der Nacht. Und obwohl Francescos gründliche, ja pedantische Art Lorenzos Geduld manchmal auf die Probe stellte, weil er sich mit keiner Lösung begnügte, die nicht vollkommen war, konnte Lorenzo sich die Arbeit ohne ihn kaum noch vorstellen. Sie ergänzten einander wie Kopf und Hand: Er, Lorenzo, war der Kopf, der die Ideen ersann, und Francesco die Hand, die diese Ideen ausführte.
Das zeigte sich bereits am Pantheon. Die Abrissarbeiten am Dachstuhl erforderten großes technisches Geschick, Sorgfalt und Genauigkeit – Eigenschaften, die Lorenzo fehlten und die Francesco in Fülle besaß. Noch wertvoller aber waren seine Kenntnisse in der Bronzegießerei. Lorenzo hatte sich in dieser Kunst bislang auf seinen Vater verlassen, doch mit einer Aufgabe wie dieser war Pietro überfordert. Elf Meter hoch sollten die Altarsäulen werden – was für ein Wahnsinn!
Es war Francescos Vorschlag, die riesigen Säulen in jeweils fünf Teilen zu gießen: Basis, drei Schaftstücke, Kapitell. Gemeinsam bauten sie die Modelle, formten für jeden Teil den Kern aus Lehm, umhüllten ihn mit einer Schicht aus Bienenwachs, genau in der Wandungsstärke des künftigen Bronzekörpers und in gleichmäßiger Dicke, denn das flüssige Metall, das später den Raum des Wachses ausfüllen sollte, würde an den stärkeren Teilen langsamer erkalten als an den dünneren, und sie umhüllten dann das Ganze mit dem Formmantel aus Ton, dessen Innenfläche Millimeter für Millimeter alle Formen des Wachses nachbilden musste.
Trotzdem, wenn er an den ersten Guss dachte, überkam Lorenzo Angst. Alle Arbeit dieser Monate würde sich in einem einzigen Moment entscheiden: wenn sich auf seinen Befehl die geschmolzene Bronze in die Form ergoss. Erst in diesem Augenblick würde sich zeigen, ob der Mantel hielt und ob er die Menge des zu schmelzenden Erzes richtig bemessen hatte. Platzte die Form oder reichte die Bronze nicht aus, war alle Arbeit vergebens gewesen, und sie mussten wieder von vorn beginnen.
Und dann war er plötzlich da, der große Tag. Lorenzo fühlte sich wie im Fieber, der Schweiß rann ihm in Strömen vom Leib, nicht nur von der Hitze im Gießhaus, mehr noch vor Erregung, einer Mischung aus absoluter Geistesgegenwart und wollüstiger Leidenschaft, ein Gefühl wie vor der Umarmung mit einer schönen Frau.
»Ich kann nicht länger bleiben.«
Francescos Eröffnung traf Lorenzo wie ein
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