Die Principessa
hast du Recht!« Anerkennend nickte er ihm zu. »Aber sag mal« – er grinste –, »woher der plötzliche Sinneswechsel? Ich dachte, du wärst mit Maderno verheiratet?«
»Ich bin mein eigener Herr«, erwiderte Castelli, und seine Augen zuckten.
»Umso besser! Na, dann zeig mal die anderen Pläne! Du hast ja einen ganzen Packen dabei.«
Gemeinsam beugten sie sich über die Berechnungen und Zeichnungen, die Castelli vorbereitet hatte. Und während Madernos
assistente
geduldig und konzentriert erläuterte, wie die Kräfte auf das Fundament und die Konstruktion des Baldachins wirkten, spürte Bernini mit jedem Blatt, das der andere vor ihm aufrollte, die Zentnerlast, die seit Wochen auf seine Schultern drückte, nach und nach von sich weichen.
»Dich hat der Himmel geschickt«, sagte er, nachdem Castelli die letzte Zeichnung wieder eingerollt hatte. »Ohne dich hätte ich die Segel streichen müssen. Vor einer halben Stunde noch hätte ich am liebsten alles hingeschmissen. Aber jetzt, zusammen mit dir, glaube ich, nein, bin ich mir sicher, dass ich es schaffe.« Er stand auf und reichte Castelli die Hand. »Na, du Genie, willst du bei dem Unternehmen mein
assistente
sein? Mein
assistente
und …«, er zögerte eine Sekunde, bevor er das Wort aussprach, »… mein Freund?«
An diesem Abend, zwischen der Vorspeise und einer feurigen
pasta diavolo
, unterschrieb Lorenzo Bernini an der Tafel von Papst Urban VIII. den Vertrag zum Bau des neuen Hochaltars von Sankt Peter.
11
»Signor Francesco Castelli!«
Der Diener machte einen Schritt zur Seite, und mit gesenktem Haupt, den Hut in der Hand, betrat Francesco den kahlen, nur spärlich möblierten Empfangssaal des Palazzo Pamphili, in dem ein leichter Duft von modrigen Champignons hing. Er hatte nicht die geringste Ahnung, warum man ihn hierher gerufen hatte. Ob es sich um einen Irrtum handelte?
»Es gibt in diesem Haus ein paar Dinge zu renovieren«, eröffnete Donna Olimpia ihm ohne weitere Begrüßung. »Ich hatte damit eigentlich Pietro da Cortona beauftragen wollen, doch dann wurden Sie mir empfohlen.«
»Ich empfohlen? Von wem?«
»Das tut nichts zur Sache«, erwiderte sie. »Für welche Bauherrn haben Sie bisher gearbeitet?«
»Ich habe vor drei Jahren die Steinmetzwerkstatt meines Onkels Garovo übernommen, die erste der Zunft, und arbeite seitdem in Diensten des Dombaumeisters Maderno.«
»Das heißt«, Donna Olimpia runzelte verwundert die Stirn, »Sie sind gar kein Architekt?«
Francescos Herz begann heftig zu pochen. Offenbar hatte man ihn als Baumeister gerufen – wie lange schon träumte er von diesem Augenblick? Doch wenn er jetzt die Wahrheit sagte, würde ihm diese Frau, daran ließ ihr Gebaren keinen Zweifel, auf der Stelle die Tür weisen. Was sollte er erwidern?
»Ich habe in den Jahren meiner Ausbildung sämtliche Fertigkeiten erworben«, sagte er schließlich, »die ein Architekt beherrschenmuss. Ich kann zeichnen, ich kann alle nötigen Berechnungen anstellen, und ich kann die Handwerker leiten.«
»So? Und wo haben Sie diese Fähigkeiten unter Beweis gestellt?«
»Ich habe die Kuppellaterne von Sant’ Andrea della Valle entworfen, vielleicht kennen Sie sie, es ist ganz hier in der Nähe, und die Fenster des Palazzo Peretti.«
Donna Olimpia zuckte mit den Achseln. »Welche Paläste, welche Kirchen haben Sie gebaut?«
Auf diese Frage hatte er keine Antwort. Es gab noch kein Bauwerk, das unter seiner Leitung entstanden war – Maderno ließ ihn ja nicht. Francesco spürte, wie seine Augen zu zucken anfingen, und er musste einen Hustenreiz unterdrücken.
»Meine Kirchen und Paläste sind meine Kinder«, sagte er leise.
»Sie sind erst gezeugt, doch geboren sind sie noch nicht. Es wäre mir eine Ehre, wenn ich mein erstes Gebäude im Auftrag der Familie Pamphili ausführen dürfte. Falls Sie erlauben, zeige ich Ihnen gern meine Entwürfe.«
»Entwürfe?« Donna Olimpia schüttelte den Kopf, so dass die schwarzen Ringellocken links und rechts von ihrem Gesicht zu tanzen anfingen. »Ich fürchte, ich kann Ihre Dienste nicht in Anspruch nehmen. – Giuseppe«, wandte sie sich an den Diener, der seit Francescos Ankunft neben der Tür wartete, »geleite Signor … wie war gleich Ihr Name?«
»Castelli.«
»Richtig! Geleite Signor Castelli hinaus!«
»Dann erlauben Sie, dass ich mich verabschiede«, sagte Francesco. »Aber bevor ich gehe – darf ich eine Bemerkung machen, ohne respektlos zu erscheinen?«
»Was denn noch?«, fragte
Weitere Kostenlose Bücher