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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Donna Olimpia, die ihm bereits den Rücken zugekehrt hatte.
    »Wem immer Sie den Auftrag erteilen, achten Sie darauf, dass er kein totes Holz verwendet. Wie in diesem Raum.«
    »Totes Holz? Was reden Sie da?«
    »Das Mauerwerk ist von Hausschwamm befallen. Man hat offenbarkeine Aufmerksamkeit auf das Holz gelegt, das beim Bau der Mauer verarbeitet wurde. Hausschwamm befällt nur das Holz toter Bäume. Eine Unachtsamkeit, die große Folgen hat.«
    »Holzschwamm?«, fragte Donna Olimpia und drehte sich um.
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Riechen Sie den feinen Duft? Wie von Champignons? Das ist der Tränenpilz.« Er näherte sich rückwärts der Tür, die der Diener bereits geöffnet hatte. »Ich darf mich empfehlen.«
    »Einen Augenblick!« Sie machte einen Schritt auf ihn zu und sah ihn fragend an. »Hausschwamm kann eine ganze Mauer zerstören, nicht wahr?«
    »Eine ganze Mauer – und ein ganzes Haus!« Er klopfte gegen die Wand, einmal, zweimal, bis ein Placken Putz herabbröckelte. »Was tun Sie da? Sind Sie verrückt geworden?«
    Francesco klopfte unbeirrt weiter. »Hier, sehen Sie!«, sagte er und zeigte auf den schmutzig grauen Pilzrasen, der unter dem sich lösenden Putz zum Vorschein kam.
    »Um Himmels willen!«, rief sie erschrocken. »Was kann man dagegen tun?«
    »Man muss das gesamte Holzwerk entfernen, ebenso alles Füllmaterial und den Mauerbewurf. Sonst können immer wieder neue Schwämme auftreten, da der Pilz das Wasser, das er für sein Wachstum braucht, sich selbst herbeiholt.«
    »Das ist ja entsetzlich!«, rief Donna Olimpia, doch im nächsten Moment zeigte ihre Miene wieder die kühle Überlegenheit wie zuvor. »Sie scheinen ein tüchtiger Handwerker zu sein. Angenommen, ich würde Ihnen den Auftrag erteilen – was würden Sie dafür verlangen?«
    »Nichts«, sagte er mit ruhiger, fester Stimme. »Ich würde mich mit dem begnügen, was Sie mir aus freien Stücken geben.«
    Donna Olimpia schien einen Moment nachzudenken. »Wissen Sie was?«, fragte sie dann. »Ich möchte, dass Sie diese Arbeit übernehmen. Außerdem sollen Sie ein kleines
appartamento
entwerfen. Michelangelo«, fügte sie mit einem feinen Lächeln hinzu, »hat auch nicht gleich die Peterskuppel gebaut. Wer weiß,vielleicht gereicht es eines Tages der Familie Pamphili zur Ehre, dass sie Signor Castelli den ersten Auftrag erteilt hat. Kommen Sie mit, ich will Ihnen die Räume zeigen!«
    Gemeinsam stiegen sie in den ersten Stock. Donna Olimpia war plötzlich wie ausgetauscht. Angeregt erkundigte sie sich nach Castellis Verhältnissen, nach seiner Arbeit im Petersdom, versprach ihm, ihn im Falle ihrer Zufriedenheit den bedeutendsten Würdenträgern der Stadt und des Heiligen Stuhls vorzustellen, ja, sie deutete sogar die Möglichkeit an, ihn den Barberini, der Familie des Papstes, zu empfehlen, zu der sie die besten Beziehungen pflege.
    »Ich hoffe nur«, sagte sie, als sie am Ende des Ganges an eine Tür gelangten, »die Aufgabe erscheint Ihnen nicht zu gering.«
    »Es ist mir gleich«, erwiderte er, »wie groß oder klein eine Aufgabe ist – solange man mich nur so arbeiten lässt, wie ich es für richtig halte.«
    »Sehr schön. Doch nun sollen Sie die Person sehen, für die Sie das
appartamento
bauen werden. Sagen Sie ihr Dank, sie hat Sie empfohlen!«
    Als Donna Olimpia die Tür öffnete, traute Francesco seinen Augen nicht. Vor ihm stand ein blonder Engel: derselbe, der ihm in Sankt Peter erschienen war.

12
    In den Straßen Roms herrschte Aufruhr. Der alte Bernini hatte es geahnt: Die Plünderung des Pantheons ließen sich die Römer nicht gefallen. Der Tempel war das einzige Bauwerk der Stadt aus den Zeiten Cäsars, das die Barbaren bei ihren Raubzügen verschont hatten – und jetzt kam dieser Barberini-Papst und schlachtete den Bronzedachstuhl aus, um seinen Dom damit zu schmücken! Mit Pferdeäpfeln und Kuhfladen, faulen Pfirsichenund Tomaten bewarfen die Römer die Arbeiter, die die Bronzebalken aus dem Dach der Vorhalle rissen und auf riesigen Fuhrwerken durch die engen Gassen zum neu errichteten Gießhaus am Vatikanhügel transportierten, wo sie eingeschmolzen werden sollten. Und überall erscholl derselbe Ruf, ein Ruf voller Wut und Empörung: »Was die Barbaren nicht schafften, schaffen die Barberini!«
    Obwohl Lorenzo Bernini sich nur unter dem Schutz der päpstlichen Garde bewegen konnte, überwachte er alle Arbeiten persönlich, vom Herausreißen der Bronzebalken über die Aufstellung des Schmelzofens bis

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