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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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er ihm zu welchem verhelfen – sonst machte sein
assistente
sich irgendwann noch selbstständig.
    Doch der Papst hatte ganz andere Sorgen.
    »Der Aufruhr in den Straßen beunruhigt uns sehr«, sagte Urban, nachdem er Lorenzos Bericht von dem Abstich mit einer Handbewegung bestätigt hatte. »›Was die Barbaren nicht schafften, schaffen die Barberini!‹«
    »Nur ein Wortspiel, Heiliger Vater. Die Römer lieben Eure Heiligkeit!«
    »Die Römer lieben Rom, und sie wollen nicht, dass man ihre Heiligtümer plündert.«
    »Darf ich daran erinnern«, sagte Lorenzo, dem diese Wendung des Gesprächs überhaupt nicht behagte, »dass Dombaumeister Maderno den Vorschlag machte, die Bronzebalken aus dem Pantheon zu entnehmen.«
    »Aber du hast den Vorschlag freudig ausgeführt«, erwiderte Urban streng. »Vielleicht war es ein Fehler, dir den Auftrag zu geben. Du bist jung, ehrgeizig, kennst keine Rücksicht. Man hat uns gesagt, bei dem Guss sei ein Arbeiter zu Tode gekommen?«
    »Nur ein gebrochenes Bein, Allerheiligster Vater.«
    »So etwas macht böses Blut.« Urban schüttelte ein zweites Mal den Kopf. »Ich kann jetzt keine Unruhen gebrauchen«, erklärte er mit solchem Nachdruck, dass Lorenzo zusammenzuckte. »In Frankreich wird Kardinal Richelieu täglich dreister und maßt sich Rechte an, ohne uns um Erlaubnis zu fragen. In Deutschland herrscht seit zwanzig Jahren Krieg, doch ein Ende ist immer noch nicht in Sicht. Und wer weiß, was aus England wird, jetzt, nachdem Jakob tot ist. Sein Sohn Karl scheint ein wankelmütiger Mann zu sein.«
    »Hat König Karl«, fragte Lorenzo vorsichtig, »nicht eine katholische Frau? Henriette?«
    »Was will das in England heißen? Sie kann sich morgen neu taufen lassen.«
    »Man müsste ihr schmeicheln, Ewige Heiligkeit. Mit Verlaub«, fügte Lorenzo hinzu, als er sah, dass Urban unwillig die Brauen runzelte, »aber Frauen mögen das. Vielleicht könnte man ihr ein Geschenk machen?«
    »Ein Geschenk?«, fragte Urban zurück. »Woran denkst du?«
    »Ich nehme an, Henriette liebt ihren Gemahl. Vielleicht wäre es hilfreich, wenn Eure Heiligkeit eine Porträtbüste des englischen Königs anfertigen ließen, um sie der Königin zu schicken. Ich meine, in Rom müsste sich ein zu diesem Zweck geeigneter Künstler unschwer finden lassen …«
    Ein erstes Lächeln erhellte die Miene des Papstes.
    »Sollte es in den Beständen Eurer Heiligkeit ein Bildnis des jungen Königs geben, könnte dieser Künstler noch heute Abend mit der Arbeit beginnen. Und was den Aufruhr in den Straßen betrifft«, fügte Lorenzo hinzu, »gibt es vielleicht auch eine Lösung. Der Glockenturm des Pantheons ist baufällig, man könnte ihn durch zwei neue Türme ersetzen. Ich bin sicher, eine solche äußere Verschönerung wird die Römer über den inneren Verlust rasch hinwegtrösten.«
    Jetzt strahlte Urban über das ganze Gesicht, und seine wachen blauen Augen blitzten. »Wir haben uns doch nicht in dir getäuscht«, sagte er. »Möge Gott uns allen deine Schaffenskraft und dir meine Gesundheit erhalten!«

13
    Ein Jubelgesang von überirdischer Schönheit erfüllte den Dom von Sankt Peter, so hell und rein, wie nur ein Chor von Engeln singen konnte. Clarissa rutschte ungeduldig in ihrer Bank hin und her und beobachtete dabei, in der Hoffnung, ein bestimmtesGesicht zu entdecken, den Strom der Gläubigen, die in endloser Prozession an der Petrus-Figur unweit des Eingangs vorüberzogen, das Kreuzzeichen schlugen und den Kopf vor dem Heiligen beugten, um seinen von zahllosen Berührungen blank polierten Fuß zu küssen.
    Was tat sie hier? Schon ein dutzend Mal hatte Clarissa das Gotteshaus verlassen, um nach nur wenigen Minuten wieder zurückzukehren. Sie wusste, es war falsch, was sie tat, denn es geschah heimlich, ohne dass sie Olimpia davon erzählt hatte, und trotzdem konnte sie nicht anders. Lag es daran, dass ihr Kerkermeister, Principe Pamphili, an diesem Tag außerhalb Roms weilte und sie deshalb Gelegenheit gehabt hatte, ihrem Verlies zu entkommen? Sie wusste es nicht, spürte nur dieses Sehnen und Drängen, ein Gefühl ähnlich jenem ruhelosen Verlangen, das sie schon einmal hierher getrieben hatte. Fast wünschte sie, William würde auftauchen, um sie fortzuzerren. Aber ihr Tutor lag im Bett und schwitzte eine fiebrige Erkältung aus, die er sich seltsamerweise mitten im Sommer zugezogen hatte.
    Mit einem Mal brach der unwirkliche Gesang ab, und nichts als erhabene Stille füllte die mächtige Basilika.

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