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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Menschen sind nicht dafür geschaffen, solche Berge zu erklimmen.«
    »Normale Menschen vielleicht nicht, Signor, aber Engländer! Engländer können alles!«
    William stutzte. Nanu, das schien ja ein ganz verständiger Mann zu sein.
    »Bitte, Signor, erzählen Sie!«, drängte der Wirt. »Wie haben Sie es geschafft? Mit einer Kutsche?«
    Auch die anderen Gäste rückten nun mit ihren Stühlen heran. William verspürte plötzlich die Pflicht, sie darüber aufzuklären, wozu Engländer imstande sind. Wahrscheinlich hatten die armen Teufel noch nie einen zivilisierten Menschen gesehen.
    »Natürlich nicht«, brummte er. »Wie soll denn das gehen, mit einer Kutsche, ohne Straßen? Nein, wir mussten Schuhe mit Nägeln anziehen, um selber zu klettern, auf allen vieren, über Stock und Stein wie Bergziegen, durch ewigen Schnee und Eis bis in die Wolken, die so dicht zwischen den Gipfeln hingen wie ein englischer Plumpudding. Aber das können Sie bald alles in meinem Werk nachlesen«, er tippte mit seinem knochigen Finger auf sein Tagebuch. »›Reisen in Italien, unter besonderer Berücksichtigung der mannigfaltigen Verführungen und Verlockungen, welche in diesem Lande zu gewärtigen sind …‹«
    »Plumpudding, Signor?«, fragte der Wirt leicht verwirrt, das einzige Wort aufgreifend, das er von dieser langen Rede behalten hatte. »Was ist das?«
    »Eine Art Kuchen, schmeckt köstlich!«
    »Oh, Sie haben Hunger? – Eh, Anna, ascolta, il signore vuole una pasta! Sbrigati! « Eifrig wandte der Wirt sich ab, um zur Küche zu laufen, als er plötzlich wie angewurzelt stehen blieb. »
Porca miseria! Che bellissima donna!
«
    William schaute auf. Alle Augen waren auf die Tür der Kammer gerichtet, in der der junge Herr vor wenigen Minuten verschwunden war. Jetzt aber stand dort im letzten Licht der Abendsonne eine wunderschöne blutjunge Frau in einem langen, an Armen und Hüften gebauschten Kleid – einem duftigen Gewoge aus Musselin, Spitze und Schleifen, in dessen Mitte ein goldenes Kreuz funkelte.
    »So, William, jetzt können wir zu meiner Cousine gehen.«
    »Habe ich nicht gesagt«, fragte der Wirt und rieb sich die Augen, »Engländer können alles?«
    William hob ohnmächtig die Arme. »Oh, du mein Gott! Ich glaube, jetzt fangen die Probleme erst wirklich an.«
    Die junge Frau aber trat in den Schankraum, warf den blonden Lockenkopf in den Nacken und blickte mit ihren grünen Augen herausfordernd in die Runde. »Kann uns einer der Signori den Weg zum Palazzo Pamphili beschreiben?«

3
    Der Palazzo Pamphili erhob sich an der Piazza Navona, einem der bedeutendsten Plätze der Stadt. Auf dem Grundriss des alten Domitian-Zirkus erbaut, war dieser Ort seit Jahrhunderten nicht nur ein bedeutender Marktplatz, der am Tage von Händlern und bei Nacht von Huren bevölkert war, sondern auch Schauplatzprunkvoller Feste. Hier fanden Reitturniere und Pferderennen ebenso statt wie Karnevalsaufzüge, kirchliche und weltliche Schauspiele.
    Streng genommen war der Palazzo, an der westlichen Längsseite der Piazza gelegen, eher eine Häuserzeile als ein wirklicher Palast, zusammengekauft im Laufe der Generationen. Verbunden durch eine gemeinsame Fassade, konnte der Bau zwar als herrschaftlicher Sitz gelten, doch verglichen mit den Prachtbauten in der Nachbarschaft nahm sich das vierstöckige Gebäude eher bescheiden aus. An vielen, allzu vielen Stellen bröckelte der Putz von den Wänden, und bei ungünstiger Witterung stiegen die Ausdünstungen der zu kleinen Senkgrube bis in die Gemächer des
piano nobile
empor. Denn die Familie Pamphili gehörte längst nicht zu den wirklich reichen Familien Roms, auch wenn an diesem Abend noch zu später Stunde heller Lichterschein aus den zahllosen Fenstern drang, als würde hinter den dicken Mauern ein Fest gefeiert.
    »Ich kann mich nicht genug wundern«, sagte Donna Olimpia, »dass deine Eltern dich auf eine solche Reise geschickt haben. Deutschland, Frankreich, Italien. Wie viel Mut dazu gehört! Warst du auch in Venedig?«
    »Eine Stadt voller Wunder«, rief Clarissa mit leuchtenden Augen. »Allein die Markuskirche. Auf den Turm führt eine so breite Treppe, dass sogar Pferde hochsteigen können!«
    »Eine Stadt voller
nonsense
«, brummte William an ihrer Seite. »Statt Straßen haben sie stinkende Flüsse zwischen den Häusern, die Frauen laufen auf hölzernen Stelzenschuhen herum, damit sie sich die Füße nicht nass machen, und in den Kellern faulen die Fässer.«
    »Und in Florenz waren

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