Die Prinzen von Amber
das wirklich ernst gemeint?« fragte das Geschöpf.
»Finde es doch heraus!« sagte ich und sprang vor.
Doch das Wesen stellte sich nicht zum Kampf. Statt dessen tat es etwas, das jeder sterbliche Kämpfer für töricht gehalten hätte.
Es schleuderte seine Klinge in meine Richtung, mit der Spitze voran, wie einen Blitz. Und die Bewegung wurde von einer Art Donnerschlag begleitet.
Die Elemente außerhalb des Turms stimmten in das Echo ein, eine ohrenbetäubende Reaktion.
Ich parierte den Angriff mit Grayswandir. Die Waffe bohrte sich in den Boden und begann sofort zu brennen. Draußen zuckten im gleichen Moment Blitze auf.
Einen Augenblick lang war das Licht so grell wie eine Magnesiumsfackel, und in dieser Sekunde fiel das Geschöpf über mich her.
Es drückte mir die Arme an die Flanken, und seine Hörner hieben gegen mein Visier, einmal, zweimal ...
Dann richtete ich meine Kräfte gegen die mächtigen Arme, und ihr Griff begann sich zu lockern.
Ich ließ Grayswandir fallen und löste mich mit einer letzten gewaltigen Anspannung aus der Umarmung meines Gegners.
Doch im gleichen Augenblick begegneten sich unsere Blicke.
Wir hieben beide zu, gerieten ins Taumeln.
»Lord von Amber«, sagte das Wesen nun. »Warum bekämpft Ihr mich? Ihr wart es doch selbst, der uns diese Passage eröffnet hat, diesen Weg ...«
»Ich bereue eine voreilige Handlung und versuche sie rückgängig zu machen.«
»Dazu ist es nun zu spät – und dies ist ein seltsamer Ort, um damit zu beginnen.«
Wieder hieb das Wesen zu, so schnell, daß es meine Deckung durchbrach. Ich wurde gegen die Wand geschleudert. Das Geschöpf war gefährlich schnell.
Und dann hob es die Hand und machte ein Zeichen, und ich hatte eine Vision der Gerichte des Chaos vor Augen – eine Vision, die mir die Nackenhaare sträubte, die meine Seele einem kalten Wind aussetzte, in der Erkenntnis, was ich getan hatte.
»... Seht Ihr?« fragte mein Gegner. »Ihr habt uns dieses Tor aufgetan. Wenn Ihr uns jetzt helft, verschaffen wir Euch, was Euch rechtmäßig gehört.«
Einen Augenblick lang war ich in Versuchung. Durchaus möglich, daß das Wesen sein Versprechen wahrmachen konnte, daß es mir helfen würde, wenn ich ihm half.
Aber danach würde es immer eine Gefahr für mich sein. Für kurze Zeit verbündet, würden wir uns später wieder bekämpfen, sobald wir das Gewünschte erhalten hatten – und die Kräfte der Finsternis waren dann weitaus stärker. Trotzdem – wenn ich Herrscher über die Stadt war ...
»Machen wir das Geschäft?« lautete die scharfe, fast schrille Frage.
Ich dachte an die Schatten und die Orte jenseits der Schatten ...
Langsam hob ich den Arm und löste meinen Helm ...
Ich schleuderte ihn, als das Wesen aufzuatmen schien. Ich glaube, Ganelon sprang im gleichen Augenblick vorwärts.
Ich warf mich quer durch das Zimmer und trieb das Wesen gegen die Wand.
»Nein!« brüllte ich.
Die menschenähnlichen Hände fanden meinen Hals – etwa in dem gleichen Augenblick, da sich meine Finger um seinen Hals schlossen.
Ich drückte mit voller Kraft, drehte die Hände zur Seite. Vermutlich tat die Kreatur das gleiche.
Ich hörte etwas brechen wie einen trockenen Ast. Ich fragte mich, wessen Hals da eben gebrochen sein mochte. Meiner tat jedenfalls fürchterlich weh.
Ich öffnete die Augen, und über mir wölbte sich der Himmel. Ich lag auf dem Rücken; eine Decke schützte mich vor der Kühle des Bodens.
»Ich fürchte, er schafft es«, sagte Ganelon, und ich drehte den Kopf mühsam in die Richtung, aus der ich seine Stimme gehört hatte.
Er saß am Rand der Decke, ein Schwert über den Knien. Lorraine war bei ihm.
»Wie steht der Kampf?« fragte ich.
»Wir haben gesiegt«, sagte er. »Ihr habt Euer Versprechen gehalten. Als Ihr das Ding umgebracht hattet, war alles vorbei. Die graugesichtigen Menschen sanken bewußtlos zu Boden, die Ungeheuer verbrannten.«
»Gut.«
»Ich habe hier gesessen und mich gefragt, warum ich Euch nicht mehr hasse.«
»Seid Ihr dabei zu Ergebnissen gelangt?«
»Nein, eigentlich nicht. Vielleicht liegt es daran, daß wir uns im Grunde sehr ähnlich sind. Ich weiß es nicht.«
Ich lächelte Lorraine an. »Ich bin froh, daß deine prophetischen Gaben nicht die besten sind«, sagte ich. »Der Kampf ist vorbei, und du lebst immer noch.«
»Der Tod hat bereits begonnen«, sagte sie, ohne mein Lächeln zu erwidern.
»Was meinst du damit?«
»Noch heute werden Geschichten erzählt über den grausamen
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