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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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bekannte Welt steigerten mein Gefühl der Sicherheit und ließen den letzten Anflug von Verzweiflung schwinden, der sich mit meiner Flucht verband.
    Etwa eine Stunde später gab ich der Versuchung nach, ein bißchen mit den Schatten herumzuspielen. Es war gar nicht so ungewöhnlich, daß sich ein Pferd in diese Berge verlief – und natürlich fand ich das Tier. Nachdem ich mich zehn Minuten lang mit ihm angefreundet hatte, setzte ich mich auf seinen ungesattelten Rücken und näherte mich nun auf eine etwas angenehmere Art dem Gipfel. Der Wind säte Frost auf unseren Weg. Der Mond stieg auf und ließ ihn zu funkelndem Leben erwachen.
    Kurz, ich ritt die ganze Nacht hindurch, erreichte lange vor der Dämmerung den höchsten Punkt und begann den Abstieg. Dabei wurden die Berge hinter mir noch gewaltiger, was natürlich der beste Augenblick war. Auf dieser Seite der Bergkette herrschte grüner Bewuchs vor, durchteilt von sauberen Schnellstraßen, da und dort gesäumt von Siedlungen. Alles entwickelte sich nach Wunsch.
    Am frühen Vormittag war ich bereits in den Vorbergen, und meine Jeanskleidung war zu Khaki geworden, dazu ein buntes Hemd. Vor mir im Sattel lag ein leichtes Sportjakkett. In großer Höhe zog ein Düsenflugzeug auf seinem Weg von Horizont zu Horizont zwei Streifen in die Luft. Vogelgesang umgab mich, der Tag war sonnig-mild.
    Etwa um diese Zeit hörte ich, wie jemand meinen Namen sagte, und spürte wieder die Berührung des Trumpfs.
    Ich zügelte das Pferd und antwortete.
    »Ja?«
    Es war Julian.
    »Random, wo bist du?« fragte er.
    »Ziemlich weit von Amber entfernt«, erwiderte ich. »Warum?«
    »Hat sich von den anderen jemand mit dir in Verbindung gesetzt?«
    »In letzter Zeit nicht«, sagte ich. »Allerdings wollte mich gestern jemand sprechen. Ich hatte aber zu tun und konnte nicht antworten.«
    »Das war ich«, sagte er. »Wir haben hier eine besondere Lage, von der du wissen solltest.«
    »Wo bist du?« wollte ich wissen.
    »In Amber. In letzter Zeit sind hier einige Dinge passiert.«
    »Zum Beispiel?«
    »Vater ist seit ungewöhnlich langer Zeit fort. Niemand weiß, wo er steckt.«
    »Das wäre nicht das erstemal.«
    »Doch nicht, ohne Anweisungen zu hinterlassen und Aufgaben zu delegieren. So hat er jedenfalls bisher immer gehandelt.«
    »Das ist wahr«, sagte ich. »Aber wie lange ist ›lange‹?«
    »Gut ein Jahr. Du wußtest gar nichts davon?«
    »Ich wußte, daß er fort war. Gérard hat vor einiger Zeit davon gesprochen.«
    »Seither hat er sich nicht blicken lassen.«
    »Ich verstehe. Wie habt ihr euch denn inzwischen beholfen?«
    »Das ist es ja. Wir haben uns mit den Problemen beschäftigt, wie sie auf uns zugekommen sind. Gérard und Caine hatten auf Vaters Befehl sowieso die Marine unter sich. Ohne ihn haben sie die Entscheidungen einfach selbständig getroffen. Ich habe mich wieder um die Patrouillen in Arden gekümmert. Doch es gibt keine zentrale Macht, keinen Mann, der Streitfälle schlichtet, die allgemeine Politik festlegt und für ganz Amber spricht.«
    »Wir brauchen also einen Regenten. Das können wir ja auslosen.«
    »So einfach ist das nicht. Wir glauben, daß Vater tot ist.«
    »Tot? Wieso? Wie?«
    »Wir haben versucht, ihn durch seinen Trumpf anzusprechen. Seit einem halben Jahr haben wir es jeden Tag versucht. – Nichts. Was meinst du?«
    Ich nickte.
    »Vielleicht ist er wirklich tot«, sagte ich. »Man müßte doch annehmen, daß sich irgendein Hinweis auf ihn findet. Trotzdem läßt sich die Möglichkeit nicht ausschließen, daß er irgendwo in der Klemme steckt – vielleicht wird er irgendwo gefangengehalten.«
    »Zellenwände halten die Trümpfe nicht auf. Nichts kann den Kartenzauber aufhalten. Er würde uns um Hilfe bitten, sobald der Kontakt bestünde.«
    »Dagegen ist nichts zu sagen«, erwiderte ich. Doch gleichzeitig mußte ich an Brand denken. »Aber vielleicht widersetzt er sich der Kontaktaufnahme absichtlich?«
    »Weshalb sollte er das?«
    »Keine Ahnung, aber möglich wäre es. Du weißt doch, wie verschlossen er in gewissen Dingen ist.«
    »Nein«, sagte Julian. »Das ergibt keinen Sinn. Er hätte für die Zeit seiner Abwesenheit Anweisungen hinterlassen.«
    »Nun, welche Gründe auch dahinterstecken, wie immer die Wahrheit auch aussehen mag – was schlägst du vor?«
    »Jemand muß auf den Thron«, sagte er.
    Das hatte ich während des Gesprächs natürlich kommen sehen – die Gelegenheit, die sich niemals ergeben würde, so hatte es jedenfalls

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