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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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dem Stich nicht mehr ausweichen konnte. Doch ehe mich die Klinge traf, fiel mir eine Besonderheit auf: mein Angreifer schien sich mit lähmender Langsamkeit zu bewegen. Blitzschnell, mit der Anspannung des Wartens in den Muskeln, so hätte es sein müssen. Ich hätte, wenn überhaupt, erst nach der Tat mitbekommen dürfen, was hier geschah. Ich hätte nicht mehr die Zeit haben dürfen, mich halb zu drehen und meinen Arm so hoch zu heben, wie dies mir gelang. Ein roter Vorhang legte sich vor meine Augen, und ich spürte, wie mein Unterarm die Kante des angehobenen Arms traf, wie der Stahl meinen Bauch erreichte und sich hineinversenkte. In der Röte schien ein schwaches Abbild der kosmischen Version des Musters zu flimmern, dem ich vor einigen Stunden gefolgt war. Als ich zu Boden ging, unfähig zu denken, doch bei vollem Bewußtsein, wurde das Muster klarer und kam näher. Ich wollte fliehen, doch mein Körper geriet ins Stolpern, stürzte unter mir wie ein Pferd. Ich wurde abgeworfen.
     

8
    Jeder muß im Leben Blut lassen. Leider war ich nun wieder einmal an der Reihe, und es fühlte sich an, als wäre es gar nicht so wenig. Ich lag zusammengekrümmt auf der rechten Seite, beide Arme um meinen Bauch verkrampft. Ich spürte Feuchtigkeit, die in meine Hosen rann.
    Links, dicht über der Gürtellinie, war die Wunde. Ich kam mir vor wie ein beiläufig geöffneter Umschlag. Dies waren meine ersten Empfindungen, als das Bewußtsein den Kopf um die Ecke steckte. Und mein erster Gedanke war: »Worauf wartet er denn noch?« Offensichtlich war der
Coup de Grâce
irgendwie verzögert worden. Aber warum?
    Ich öffnete die Augen. Sie hatten die unbestimmte Zeit, die inzwischen verstrichen war, genutzt und waren an die Dunkelheit gewöhnt. Ich wandte den Kopf. Ich sah keinen anderen Menschen im Raum. Statt dessen war etwas Seltsames passiert, das ich nicht genau zu bestimmen vermochte. Ich schloß die Augen wieder und ließ den Kopf zurück auf die Matratze fallen.
    Etwas stimmte nicht, doch gleichzeitig war alles in Ordnung ...
    Die Matratze ... Ja, ich lag auf meinem Bett. Ich nahm nicht an, daß ich mein Lager ohne fremde Hilfe hätte erreichen können. Doch es wäre absurd gewesen, mich mit dem Messer anzugreifen und mir dann ins Bett zu helfen.
    Mein Bett ... Es war mein Bett und auch wieder nicht.
    Ich kniff die Augen zusammen. Ich knirschte mit den Zähnen. Ich begriff überhaupt nichts mehr. Ich wußte, daß ich nicht mehr normal denken konnte im Gefolge eines Schocks, während mir das Blut im Leib zusammenlief und dann ins Freie strömte. Ich versuchte mich zu einer klaren Überlegung zu zwingen. Das war nicht einfach.
    Mein Bett. Ehe man irgend etwas anderes spürt, merkt man beim Erwachen, ob man im eigenen Bett liegt oder nicht. Und das traf auch hier zu, aber ...
    Ich kämpfte gegen einen ungeheuren Niesreiz an; ich hatte das Gefühl, daß mir das Niesen schaden würde. Ich drückte meine Nasenflügel zusammen und atmete in kurzen Zügen durch den Mund ein. Ringsum der Geschmack und Geruch von Staub – zugleich fühlte es sich danach an.
    Das Jucken in der Nase ließ nach, und ich öffnete die Augen. Endlich wußte ich, wo ich mich befand. Ich begriff nicht, wie und warum – doch ich war noch einmal an einen Ort zurückgekehrt, den ich niemals wiederzusehen erwartet hatte.
    Ich senkte die rechte Hand, benutzte sie, um mich emporzustemmen.
    Ich lag im Schlafzimmer meines Hauses. In meinem alten Haus. Das Haus, das mir in meiner Rolle als Carl Corey gehört hatte. Ich war in die Schatten zurückgebracht worden, auf jene Welt, genannt Erde, auf der ich die Jahre meines Exils verbracht hatte. Das Zimmer war völlig verstaubt. Das Bett war nicht gemacht worden, seit ich zum letztenmal darin geschlafen hatte; gut fünf Jahre war das jetzt her. Ich kannte den Zustand des Hauses, hatte ich doch erst vor wenigen Wochen hier vorbeigeschaut.
    Ich schob mich höher empor und vermochte schließlich die Füße von der Bettkante hinabgleiten zu lassen. Dann klappte ich von neuem zusammen und blieb reglos sitzen. Es ging mir ziemlich schlecht.
    Zwar fühlte ich mich vor einem weiteren Angriff sicher; doch zugleich war mir bewußt, daß ich im Augenblick mehr als Sicherheit brauchte. Ich brauchte Hilfe, war ich doch nicht in der Lage, mir selbst zu helfen. Ich wußte nicht einmal genau, wie lange ich noch bei Bewußtsein bleiben konnte. Ich mußte also runter von diesem Bett und raus aus dem Haus. Das Telefon war sicher

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