Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
Vom Netzwerk:
wieherte.
    Ich fuhr kerzengerade hoch und riß die Augen auf: die Szene vor mir vertrieb meine Müdigkeit sofort.
    Die Musiker spielten weiter, doch inzwischen tanzte niemand mehr. Alle Festteilnehmer näherten sich lautlos. Jeder hielt etwas in der Hand – Flasche, Knüppel oder Klinge. Der Mann mit der Lederschürze schwenkte seine Schlächteraxt. Mein Gastgeber hatte soeben einen kräftigen Stab ergriffen, der unweit an der Wand gelehnt hatte. Mehrere der Burschen hielten kleine Möbelstücke in den Händen. Aus den Höhlen nahe der Feuerstelle waren weitere Gestalten aufgetaucht, mit Steinen und Knüppeln bewaffnet. Die Atmosphäre der Fröhlichkeit war verflogen, die Gesichter waren entweder ausdruckslos, voller Haß oder zu einem unangenehmen Lächeln verzerrt.
    Mein Zorn kehrte zurück, doch es war nicht das rotglühende Aufbrausen, das mich vorhin durchfahren hatte. Ein Blick auf die Horde genügte: mit den Burschen wollte ich mich nicht einlassen. Vorsicht dämpfte meine Reaktion. Ich hatte eine Mission. Ich durfte mich hier nicht in Gefahr bringen, wenn mir ein anderer Ausweg einfiel. Auf keinen Fall kam ich hier aber nur mit Worten heraus.
    Ich atmete tief ein. Offenbar machte man Anstalten, auf mich loszustürmen, und ich dachte plötzlich an Brand und Benedict in Tir-ne Nog´th, und Brand war nicht einmal voll auf das Juwel eingestimmt. Wieder schenkte mir der feurige Stein neue Kräfte, ich hielt mich bereit, um mich zu schlagen, sollte es dazu kommen. Doch zuerst wollte ich sehen, wie es um die Nerven dieser tückischen Burschen bestellt war.
    Da ich nicht genau wußte, wie Brand es gemacht hatte, griff ich lediglich durch das Juwel hindurch, wie ich es tat, wenn ich das Wetter manipulierte. Seltsamerweise spielte die Musik noch, als sei das Vorhaben der kleinen Leute lediglich eine grausige Fortsetzung ihres Tanzes.
    »Steht still!« sagte ich laut und ließ diesem Befehl meinen Willen folgen. Gleichzeitig richtete ich mich auf. »Erstarrt! Werdet zu Statuen. Ihr alle!«
    In und auf meiner Brust spürte ich ein heftiges Pulsieren. Ich fühlte, wie die roten Kräfte auswärts wogten, genau wie bei den früheren Gelegenheiten, da ich das Juwel einsetzte.
    Meine kleinwüchsigen Angreifer verharrten. Die vordersten standen stocksteif, während es bei den Leuten weiter hinten noch geringfügige Bewegungen gab. Dann stießen die Flöten einen schrillen Mißton aus, und die Geigen schwiegen. Noch immer wußte ich nicht, ob ich durchgekommen war oder ob sie aus eigener Entscheidung innehielten, weil ich aufgestanden war.
    Dann spürte ich die mächtigen Wogen der Kraft, die mir entströmten und die die gesamte Versammlung in eine enger werdende Matrix hüllten. Ich spürte, daß sie alle in diesem Ausdruck meines Willens gefangen waren, und hob die Hand und löste Stars Zügel.
    Ich hielt die Männer mit einer Konzentration von einer Reinheit, wie ich sie auch bei meinen Reisen durch die Schatten anwandte, und führte Star zur Tür. Einen letzten Blick warf ich auf die erstarrte Gruppe und stemmte dann Star vor mir her die Treppe hoch. Ihm folgend, lauschte ich, doch von unten war von aufflackernder Aktivität nichts zu hören.
    Als wir ins Freie kamen, malte sich im Osten bereits die bleiche Dämmerung. In den Sattel steigend, hörte ich zu meiner Verblüffung das ferne Fiedeln von Geigen. Sekunden später fielen die Flöten in das Lied ein. Anscheinend war es für diese Leute ohne Belang, ob sie ihren Plan gegen mich ausführen konnten oder nicht; auf jeden Fall ging das Fest weiter.
    Ich zog Star nach Süden herum. In diesem Augenblick rief mich eine Gestalt aus dem Eingang an, den ich eben verlassen hatte. Es war der Anführer, mit dem ich getrunken hatte. Ich zog die Zügel an, um ihn besser zu verstehen.
    »Und wohin reitest du?« rief er mir nach.
    Warum nicht?
    »Ans Ende der Erde!« rief ich zurück.
    Er begann auf der zerschmetterten Tür zu tanzen.
    »Leb wohl, Corwin!« rief er.
    Ich winkte ihm zu. Warum auch nicht? Manchmal fällt es verdammt schwer, den Tänzer vom Tanz zu unterscheiden.

6
    Ich war noch keine tausend Meter in die Richtung geritten, die einmal Süden gewesen war, als plötzlich alles aufhörte
    – Boden, Himmel, Berge. Ich sah mich einer Fläche weißen Lichts gegenüber. Bei diesem Anblick fielen mir der Fremde in der Höhle und seine Worte wieder ein. Er war der Meinung gewesen, daß das seltsame Unwetter die Welt auslösche, daß die Erscheinung der Prophezeiung einer

Weitere Kostenlose Bücher